Kommentar zur Causa Gabriel: Der erste Reflex ist falsch!

24.1.2020, 17:41 Uhr
Der Politik hat er den Rücken gekehrt, nun zieht es Sigmar Gabriel zur Deutschen Bank.

© Stefan Sauer/dpa-Zentralbild/dpa Der Politik hat er den Rücken gekehrt, nun zieht es Sigmar Gabriel zur Deutschen Bank.

Der erste Gedanke ist natürlich: Da stopft sich ein ehemaliger Politiker wieder einmal die Taschen voll. Wie zum Beispiel Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) im Umfeld des russischen Gazprom-Konzerns. Oder Ex-Minister Ronald Pofalla (CDU) bei der Deutschen Bahn.

Eines stimmt daran: Falls Sigmar Gabriel in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank gewählt wird, dann wird seine Aufwandsentschädigung vermutlich im unteren sechsstelligen Bereich liegen. Das ist ziemlich viel Geld für einen Teilzeitjob. Auf der anderen Seite: Soll ein Ex-Minister und Ex-Parteichef, der politisch keine Perspektive mehr hat, mit 60 Jahren in den Ruhestand gehen? Oder soll er sich, wenn er sich dafür zu jung fühlt, nochmal eine neue Herausforderung suchen?


Sigmar Gabriel als Aufsichtsrat der Deutschen Bank nominiert.


Und das ist ein Platz im Aufsichtsrat der Deutschen Bank durchaus. Das Geldhaus hat sich durch eine fragwürdige Ausrichtung und anrüchige Geldgeschäfte in eine tiefe Krise gebracht. Da kann es jetzt einen guten Aufsichtsrat als Sparringspartner für einen Vorstand gebrauchen, um den Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen.

Deutsche Bank kämpft mit Aura der Arroganz

Die Frage muss sein, ob Sigmar Gabriel diese Aufgabe gut ausfüllen kann. Besonders als Außenminister hat er unter dem Strich eine gute Figur gemacht, als SPD-Chef wirkte er gelegentlich zu sprunghaft. Ein Beleg für Wirtschaftskompetenz ist das noch nicht, aber die müssen sich auch die Arbeitnehmer-Vertreter erst aneignen, wenn sie in das Gremium einrücken.

Gabriel aber hat ein sehr gutes Gespür für politische und gesellschaftliche Stimmungen. Ein solches Korrektiv kann der Aufsichtsrat der Deutschen Bank gut gebrauchen; dem Unternehmen hängt ja immer noch die Aura der Arroganz aus vergangener Zeit nach. Und Gabriel könnte auch einer sein, der vor Geschäften warnt, die in der Öffentlichkeit schlecht angesehen sind.

Gabriel, heißt das, wird zeigen müssen, ob er sein Geld wert ist. Diese Chance sollte er erhalten.

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