Küblböck und die unerträgliche Häme im Netz

11.9.2018, 11:38 Uhr
Küblböck und die unerträgliche Häme im Netz

© Rolf Vennenbernd/dpa

Ich sage es mir jedes Mal, wenn ich auf Nachrichtenseiten in Facebook unterwegs bin: Lies die Kommentare besser gar nicht. Dann mache ich es doch, und bereue es sogleich wieder. Denn die Artikel können gar nicht tragisch, gar nicht erschütternd genug sein, als dass sich nicht doch ein paar Dutzend Nutzer zusammenfinden, die in ihren Kommentaren nur Spott und Häme ausgießen.

Das lässt sich dieser Tage im Fall des über Bord gegangenen Daniel Küblböck beobachten. Dass der eine schräge Figur ist, nehmen viele Nutzer offenbar als Rechtfertigung für ihre Häme. "Wenigstens muss jetzt niemand mehr seine ,Musik' hören", schreibt einer. "Daniel taucht als Daniela in einem schönen Kleid bald wieder auf. Wetten?", ein anderer. Dazu gibt es haufenweise lachende Smileys. Es ist nicht die Mehrheit der Nutzer, die das schreibt. Aber es sind auch keine Einzelfälle.

Die spöttischen Kommentare über das tragische Schicksal eines Menschen sind ein Symptom dafür, was in unserer Gesellschaft falsch läuft. Ein anderes sind die Gaffer, die nach Schnappschüssen von Unfällen gieren, ein wieder anderes Menschen, die aus Egoismus Rettungskräfte blockieren. Wer so handelt, sagt viel aus über sich selbst und die Werte (oder besser: das Fehlen von Werten), nach denen er sein Leben führt.

Der Fall Küblböck zeigt wie unter dem Brennglas, was diese Entwicklung mitverursacht hat. Bekannt wurde der heute 33-Jährige durch "Deutschland sucht den Superstar", eine Sendung, die Häme und Spott zum Programm gemacht und als Erfolgsrezept entdeckt hat. Großen Anteil daran hatte Moderator Dieter Bohlen.

Dass Bohlen bis heute nichts gelernt hat, hat er jetzt wieder bewiesen: Auf Instagram postete er ein Video, in dem er sich zum Verschwinden Küblböcks äußert. Gekleidet ist Bohlen mit einem Pullover, der die Aufschrift "Be one with the ocean" trägt, "Sei eins mit dem Ozean". Eine Geschmacklosigkeit, die ganz offensichtlich ebenso wohlkalkuliert war wie die spätere Entschuldigung.

Wie so viele andere glaubt Bohlen Aufmerksamkeit auf Kosten von Menschen erregen zu müssen, die ein tragisches Schicksal erlitten haben. Wer das nötig hat, dem ist wohl nicht mehr zu helfen.


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