Lehrer-Medientag 2020: Wie aus Schülern mündige Demokraten werden

18.11.2020, 15:42 Uhr
Lehrer-Medientag 2020: Wie aus Schülern mündige Demokraten werden

© Stefan Hippel, NNZ

Wie schon in der Vergangenheit beteiligten sich in diesem Jahr erneut die Nürnberger Nachrichten und die Nürnberger Zeitung sowie das Portal nordbayern.de an dieser Veranstaltung, die zum Ziel hat, Lehrern Kenntnisse zu vermitteln, mit denen sie später in ihren Klassen die Medienkompetenz ihrer Schützlinge fördern und stärken können. Der Verlag, so NN-Chefredakteur Michael Husarek, wolle seinen Anteil dazu leisten, „aus Schülern mündige Demokraten zu machen.“ Die 2020 besonders stark kursierenden Verschwörungstheorien hält er für eine gefährliche Zeiterscheinung, „welche die Demokratie mit Rissen versieht. Diese Risse können zu einem Bruch der Gesellschaft führen“, warnt er.

An diesem Punkt knüpfte der Bamberger Psychologie-Professor Claus-Christian Carbon nahtlos an, erläuterte kurz die Herkunft diverser Verschwörungstheorien und betonte die Tatsache, dass derartige Gedankenkonstrukte keine Erfindung des 21. Jahrhunderts sind, sondern dass es diese schon seit Jahrtausenden gäbe. „Denken Sie nur an die ,Protokolle der Weisen von Zion‘, laut denen Juden die Weltherrschaft anstreben“, führt er aus. „Diese Protokolle sind komplett frei erfunden, fördern aber bis heute den Antisemitismus.“

„Angela Merkel ist kein Mensch, sondern ein Reptiloid“, „die USA haben die Anschläge vom 11. September 2001 inszeniert“ oder die Existenz einer „satanistisch angehauchten, in den USA im geheimen operierenden demokratischen Elite, wie sie QAnon postuliert“, solche Verschwörungstheorien tauchen verstärkt in Krisenzeiten auf, ist ihm aufgefallen. Außergewöhnliche Ideen aber pauschal abzutun, hält er nicht für richtig: „Denken Sie nur an Edward Snowden. Er kam mit der Theorie an die Öffentlichkeit, dass die US-Geheimdienste zusammen mit den Briten pausenlos die gesamte elektronische Kommunikation weltweit überwachen. Wie wir heute wissen, ist das wahr“, erinnert Carbon.

Die interessanteste Erkenntnis, die der Wissenschaftler dem Auditorium vermittelte, war diese: Es kommt nach aktuellem Stand der Forschung nicht darauf an, wie nah an der Wahrheit oder wie weit hergeholt eine Verschwörungstheorie auch sein mag. Wichtig für deren Popularität, die Verbreitung und den Zugewinn an Glaubwürdigkeit ist alleine die ständige, möglichst flächendeckende Wiederholung. „Da ist neurologisch so im Menschen verankert: Je öfter wir etwas hören, desto wahrer erscheint es uns – ganz egal, ob die Information verifiziert oder deren Quelle unbekannt ist.“


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Daran konnte der zweite Referent des Tages, Johannes Uschalt von der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, nahtlos anknüpfen. Er widmet sich in seiner Arbeit dem Thema „Fake News“ (gefälschte Nachrichten) und stellte eingangs fest: „Politische Bildung und Medienbildung gehören zusammen.“ Jenseits waschechter Verschwörungstheorien zischen hunderttausende Fake News ungefiltert durchs Netz, und sein Haus ist bemüht, den Schülern im Freistaat Mittel an die Hand zu geben, diese als solche zu entlarven - was angesichts der Mediengewohnheiten von Heranwachsenden oft gar nicht einfach ist, wie er ausführt.

Soziale Medien als Hauptinformationsquelle

Sie informieren sich zum allergrößten Teil im Internet bei Google, Youtube oder sozialen Medien über das Weltgeschehen. Besonders letztere seien aber für gewisse politische Bewegungen sehr attraktiv, um ihre Inhalte niederschwellig zu transportieren, „denn sie sind kostenlos, interaktiv, haben eine Riesenreichweite und sind durch Algorithmen auch noch personalisierbar. Das ist etwas gänzlich anderes als beispielsweise in den 90er Jahren, als vor den Schulen CDs mit sehr dubiosem Inhalt verteilt wurden.“

Bei Instagram etwa koppelten rechts-nationalistisch eingestellte Influencer jugendrelevante Themen wie Modetrends, PC-Spiele oder Musik nicht selten an ihre politischen Inhalte, hat Uschalt beobachtet. Als einziges Gegenmittel, solchen Agitatoren zu entgehen, seien sie aus dem rechten oder aus dem linken Spektrum, benennt auch er die Medienkompetenz. Deswegen hat die Landesmedienzentrale unter anderem spezielle Unterrichtsstunden für Lehrer ausgearbeitet, welche diese dann im Unterricht verwenden können.

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