Maly zur Abgas-Klage: "Das ist ein kräftiges Signal der EU"

18.5.2018, 06:00 Uhr
Maly zur Abgas-Klage:

© Horst Linke

"Das ist ein kräftiges Signal!" Ulrich Maly, Vizepräsident des Deutschen Städtetags und Oberbürgermeister von Nürnberg, hat mit der Entscheidung der EU-Kommission schon gerechnet. Er spricht von einer "Untätigkeitsklage", aber nicht gegen die Städte, in denen dicke Luft herrscht, sondern gegen die Bundesregierung.

In 66 deutschen Kommunen wird seit Jahren der Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid (NO2) überschritten. Darunter ist auch Nürnberg mit einem Wert von 42 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft an der viel befahrenen Von-der-Tann-Straße im Westen, der EU-Grenzwert liegt bei 40. Doch an der Spitze stehen Städte wie München, Stuttgart oder Düsseldorf mit fast doppelt so hohen Werten. Verantwortlich gemacht werden für die Überschreitung der Grenzwerte vor allem Dieselfahrzeuge.

Ein Faschingsscherz?

Die EU-Kommission hatte wiederholt angemahnt, dass sich die Luftsituation verbessern muss. "Sie ist mit den Reaktionen der Bundesregierung darauf nicht zufrieden", erklärt Maly die gestrige Ankündigung, nun ein Verfahren gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof einzureichen. "Und wir als Vertreter der Kommunen sind es auch nicht."

Nürnbergs OB erinnert an den Brief mehrerer Bundesminister vom Faschingsdienstag mit der Ankündigung, in den Kommunen könnte der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) doch künftig kostenlos angeboten werden. Maly hatte gegenüber unserer Zeitung damals augenzwinkernd gefragt, ob das ein Faschingsscherz sei. Denn die Kommunen könnten die Kosten nicht tragen. Und auf den Bund würden zweistellige Milliardenkosten zukommen. Wirklich ernst genommen hatte man diesen Vorstoß in den Städten nicht, und in Brüssel wohl schon gar nicht.

Nach der Ankündigung der Kommission erwartet der Sozialdemokrat nun noch einmal eine Beschleunigung bei den Themen Diesel und Luftreinhaltung. "Dazu gehört die Nachrüstung der Dieselfahrzeuge durch die Hersteller", so Maly. Und die Frage, ob eine einmalige Dieselmilliarde durch den Bund und die Autoindustrie ausreiche, oder ob nicht eine dauerhafte Finanzierung notwendig sei.

"Der Bund muss sich an den Kosten der Kommunen für die öffentlichen Nahverkehr beteiligen. Nicht einmalig, sondern auf Dauer", drängt der Vizepräsident des Deutschen Städtetags im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Kanzlerin habe in ihrer Haushaltsrede ja bereits den nächsten Diesel-Gipfel in Berlin angekündigt, ohne aber ein Datum zu nennen.

Schon peinlich

Ulrich Maly betont, dass sich das Verfahren gegen die Bundesrepublik richte und nicht gegen die Städte. Am Ende könnte, wie bei solchen Vertragsverletzungsverfahren üblich, eine Geldstrafe stehen. "Zahlen könnte die Bundesrepublik das schon, aber das wäre schon peinlich."

Und rechnet der Oberbürgermeister nun dennoch mit einem Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in Nürnberg? "Nein, für Nürnberg halte ich das für unwahrscheinlich. Dazu sind die Werte zu nah an der Grenze. Hier Fahrverbote auszusprechen, ist durch das Gebot der Verhältnismäßigkeit, wie es das Bundesverwaltungsgericht im Februar vorgab, nicht gedeckt." Anders sehe es wohl beispielsweise in München oder Stuttgart aus.

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