Medizinische Versorgung: Wo Ärzte in der Region rar sind

8.5.2019, 05:51 Uhr
Aktuell ist die Versorgung der Bevölkerung mit Haus- und Fachärzten in Bayern nicht besorgniserregend. Dennoch ist ein Mangel schon aufgrund des Durchschnittsalters der Mediziner absehbar. In Teilen Nordbayerns droht oder herrscht bereits jetzt eine Unterversorgung.

© Benjamin Ulmer, dpa Aktuell ist die Versorgung der Bevölkerung mit Haus- und Fachärzten in Bayern nicht besorgniserregend. Dennoch ist ein Mangel schon aufgrund des Durchschnittsalters der Mediziner absehbar. In Teilen Nordbayerns droht oder herrscht bereits jetzt eine Unterversorgung.

Die Grundlage ist hoffnungslos veraltet. Die sogenannte Bedarfsrichtlinie, die festlegt, wie viele Ärzte für die ambulante medizinische Versorgung der Bevölkerung in jeder einzelnen Region Deutschlands nötig sind, stammt aus dem Jahr 1993. Seither ist nichts mehr geschehen, doch das ändert sich gerade.

Der Gemeinsame Bundesausschuss, das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Medizinern, Kliniken und Kassen – Patientenvertreter beraten mit –, brütet derzeit über einen Plan, der eher den aktuellen Gegebenheiten entspricht. Zunächst geschieht das für das gesamte Bundesgebiet. Wenn alles glatt läuft, steht im kommenden Jahr das neue Konzept auch für den Freistaat Bayern.

Der Mangel kündigt sich an

Abgesehen von wenigen Gebieten ist die Versorgung mit Hausärzten – das gilt ebenso für Spezialisten – derzeit nicht besorgniserregend. Die bayerischen Problemzonen liegen allerdings fast ausnahmslos im Norden des Freistaats. Aber es ziehen großflächig dunkle Wolken auf.

Gesundheitsexperten wie Karl Lauterbach (SPD) sprechen von einem "chronischen Arztmangel", wenn in sieben bis zehn Jahren sehr viele Mediziner in Rente gehen. Bei den Hausärzten kündige sich dieser Mangel bereits an. Nötig seien, so Lauterbach, umgehend größere Anstrengungen bei der Ausbildung, denn die dauert: "Angehende Mediziner, die jetzt mit dem Studium beginnen, sind einschließlich ihrer gesamten Fach- und Hausarztausbildung erst in etwa 15 Jahren fertig."

Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) lässt keinen Zweifel daran, dass ein neuer Bedarfsplan überfällig ist. Seit 1993 ist beispielsweise das Durchschnittsalter der Bevölkerung deutlich gestiegen. Viele Menschen müssten ihren Arzt deshalb häufiger und länger aufsuchen. Hinzu komme eine steigende Zahl von Heimbewohnern, die medizinisch betreut werden müssten.

Weitgehend zufriedenstellend ist die Lage nach der aktuellen KVB-Statistik in Bayern bei der sogenannten Allgemeinen Fachärztlichen Versorgung. Dazu zählen Kinder-, Frauen-, Haut- und HNO-Ärzte oder Chirurgen und Orthopäden. Aber wenn eine Unterversorgung droht, trifft es hier auch Nordbayern. Bei Augenärzten gilt das etwa für den Raum Kronach, bei Hautärzten für den Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim wie für den Landkreis Lichtenfels – im Landkreis Haßberge gibt es da bereits eine Unterversorgung. Sehr gut sieht es in aller Regel bei der Spezialisierten Fachärztlichen Versorgung etwa mit Kinder- und Jugendpsychiatern, Anästhesisten oder Radiologen aus. Hier herrscht nach KVB-Angaben fast flächendeckend eine Überversorgung. In der Raumordnungsregion Oberfranken-Ost werden allerdings Kinder- und Jugendpsychiater gebraucht, ebenso in der Region Ingolstadt.

Problemzonen in Mittelfranken

Dass trotz bei der in Bayern generell stattlichen Dichte von Fachärzten viele Menschen klagen, weil sie bei Bedarf bisweilen sehr lange auf einen Termin warten müssen, hängt nach Auskunft der KVB ebenfalls mit der betagten Bedarfsrichtlinie zusammen. Arbeitspensum oder Verwaltungsaufgaben seien zum Teil enorm gewachsen. Außerdem würden unterschiedliche Spezialisten bei dem noch gültigen und nicht mehr zeitgemäßen Konzept zu Gruppen zusammengefasst. Das erschwere die zielgenaue Planung bei einzelnen Fachärzten und eine Ausrichtung am tatsächlichen Bedarf. Bei der laufenden Überarbeitung müsse darauf ein besonderes Augenmerk gerichtet werden.

Bei den Hausärzten gibt es in Nordostbayern einige Problemgebiete, was die Versorgung angeht. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat hier laut KVB grundsätzlich ein Verhältnis Arzt zu Anzahl der Menschen von 1 zu 1671 festgelegt.

Versorgungsgrad in Ansbach-Süd bei fast 110 Prozent

Wenn dies erreicht ist, spricht man von einer Versorgung von 100 Prozent, darunter von eine Unter- und ab 110 Prozent von einer Überversorgung. Die jeweilige Fläche umfasst die sogenannten Mittelbereiche der staatlichen Raumordnungsplanung. Wenn die zu groß sind, hat die Kassenärztliche Vereinigung die geteilt, etwa im Raum Ansbach.

So liegt der Versorgungsgrad in Ansbach-Süd bei fast 110 Prozent, in Ansbach-Nord lediglich bei knapp 77 Prozent. Trotzdem spricht man hier noch nicht von Unterversorgung wie etwa im Raum Dinkelsbühl (88,7 Prozent) oder Feuchtwangen (86,2 Prozent). Grund dafür ist das weniger besorgniserregende hohe Durchschnittsalter der Mediziner.

In Oberfranken gilt beispielsweise Wunsiedel/Marktredwitz (95,3 Prozent) als knapp unterversorgt. Deutlich darunter liegt Speichersdorf (79,7 Prozent). In Unterfranken ist der Versorgungsgrad für die Stadt Würzburg (138,7 Prozent) sehr hoch. Ganz im Gegensatz zu Schweinfurt-Nord (74,5 Prozent). In der Oberpfalz ist vor allem Tirschenreuth unterversorgt (85,7 Prozent), während es in Sulzbach-Rosenberg (134,2 Prozent) eine Überversorgung gibt.

Wer als Arzt wo zugelassen wird, entscheidet nicht etwa die KVB. Da gebe es oft falsche Vermutungen. Das tut per Gesetz der jeweilige regionale Zulassungsausschuss. Ihm gehören Vertreter der Kassen und der Ärzte in gleicher Zahl an.

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