Kanzlerin über Corona-Gipfel: "Mühsam, aber ich schätze es"

21.1.2021, 12:49 Uhr

Angela Merkel rechnet nicht damit, dass sich die bisherige Zufriedenheit der Bürger(innen) mit ihrer Corona-Politik bei der Bundestagswahl automatisch für die CDU auszahlt. "Es wird ja niemals eine Wahl aus Dankbarkeit geben", sagte sie bei einem einstündigen Auftritt vor der Bundespressekonferenz. Trotz derzeit guter Umfragewerte für die Union und für sie persönlich vermutet die Kanzlerin, dass die Wahlberechtigten am 26. September eher auf das Parteiprogramm und das Spitzenpersonal für die nächsten vier Jahre achten werden.

Bis zum Ende ihrer Amtszeit - das könnte je nach Ausgang der Koalitionsverhandlungen irgendwann zwischen Oktober und Dezember der Fall sein - sieht sich Angela Merkel in der Pflicht: "Ich habe die Verantwortung und muss sie wahrnehmen." Es gebe eine "Arbeitsteilung" mit dem neuen CDU-Vorsitzenden Armin Laschet und der restlichen Union, die ein Programm für die Zukunft entwerfen müssten.

Die Reibereien zwischen Bund und Ländern wegen der Corona-Politik in den zurückliegenden zehn Monaten betrachtet die Kanzlerin nicht als ein entscheidendes Problem. "Unter dem Strich" habe man die Entscheidungen dann ja doch "gemeinsam" getroffen. "Ich schätze diese Zusammenarbeit", sagte sie, um dann einschränkend hinzuzufügen "auch wenn sie manchmal mühsam ist".

"Wir dürfen nicht warten, bis die Gefahr greifbar wird"

Zur aktuellen Pandemie-Lage hat Angela Merkel eine zwiespältige Botschaft. Sie freut sich über die zurückgehenden Zahlen (Inzidenzwerte, Auslastung der Intensivstationen). Man bemerke, dass sich "die harten Einschnitte auszuzahlen beginnen". Andererseits bereiten ihr die Mutationen des Virus, die unter anderem in England und Irland zu beobachten sind, große Sorgen. Zwar sei Deutschland bisher nicht massiv betroffen, aber "wir dürfen nicht warten, bis die Gefahr auch bei uns greifbar wird."

Auch zur neuen Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr und im Einzelhandel (bayernweit FFP2-Masken, in anderen Ländern FFP2-Masken oder OP-Masken) nahm die Kanzlerin Stellung. Wenn sich herausstelle, dass diese Pflicht noch längere Zeit erforderlich sei, dann sei es "sicherlich ein Thema", einkommensschwächeren Menschen die Masken kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Ausführlich widmete sich Angela Merkel dem Vorwurf, ihre Regierung höre immer nur auf dieselben Experten wie den Berliner Virologen Christian Drosten. Das bestritt sie. Vor dem jüngsten Corona-Gipfel von Bund und Ländern seien acht Wissenschaftler als Berater eingeladen worden - darunter auch solche, die "dezidiert anderer Meinung" seien - so etwa der Braunschweiger Forscher Michael Meyer-Herrmann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung.

Merkel: Ich höre auch auf kritische Stimmen der Wissenschaft

Außerdem, so Angela Merkel, verfolge sie über die Beratungen in den Runden der Regierungschefs hinaus natürlich alles, was es an neuen Erkenntnissen gebe. Und zwar unabhängig davon, ob es sich um kritische oder unterstützende Stimmen aus der Wissenschaft handle. Beim jüngsten Gipfel habe man die Auswahl schlicht danach getroffen, wer sich beim Thema Mutationen am besten auskenne.

Eines machte die Kanzlerin aber auch klar: Es gebe bei der Bekämpfung der Pandemie so etwas wie "politische Grundentscheidungen". In ihrem Fall sei es so, dass sie und die Ministerpräsident(inn)en gegen den schwedischen Weg einer möglichst raschen Herdenimmunität (unter Inkaufnahme vieler Infektionen) entschieden hätten. Deswegen tauchen Vertreter dieser Denkrichtung in den Beraterrunden nicht auf.

Entscheidende Fehler der Bundesregierung, etwa bei der Impfstoffbeschaffung, sieht Angela Merkel nicht. Sie räumte allerdings auch ein "Niemand macht jeden Tag 100prozentig alles richtig". In einem Punkt reagierte sie sehr emotional - bei den Alten- und Pflegeheimen: "Mir bricht das Herz, wenn ich sehe, wie viele Menschen dort an Einsamkeit gestorben sind."

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