Merz-Stunk bei der CDU: Der Wahlkampf dürfte hässlich werden

27.10.2020, 13:49 Uhr
In den Äußerungen des Friedrich Merz steckt mancher Unfug, aber auch ein Quäntchen Wahrheit, kommentiert NN-Korrespondent Harald Baumer.

© Michael Kappeler, dpa In den Äußerungen des Friedrich Merz steckt mancher Unfug, aber auch ein Quäntchen Wahrheit, kommentiert NN-Korrespondent Harald Baumer.

Der bislang vergleichsweise friedliche, ja sogar ins Langweilige tendierende Wettkampf um den CDU-Vorsitz ist auf einmal ziemlich hässlich geworden. Wo früher höchstens mal kleine Sticheleien unter den Kandidaten zu vernehmen waren, da erhebt Friedrich Merz plötzlich schwere Vorwürfe gegen das von ihm so bezeichnete "Establishment" der Partei. Diese Entscheider, unter ihnen Mitbewerber Armin Laschet, würden den eigentlich fälligen Parteitag unter Hinweis auf Corona hinauszögern und wollten doch in Wahrheit nur Zeit gewinnen. Denn er selbst führe momentan die Umfragen ganz klar an und das sei einigen nicht recht.


Merz verärgert: Scharfe Kritik wegen Verschiebung des CDU-Parteitages


In den Äußerungen des Friedrich Merz steckt mancher Unfug, aber auch ein Quäntchen Wahrheit. Natürlich ist die Pandemie ein riesiges Problem für einen Parteitag mit 1001 Delegierten und etlichen sonstigen Gästen. Dass sich die amtierende Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer und ihr Präsidium schwer tun mit einer Entscheidung, ist absolut verständlich. Ein analoges Treffen, wie gewohnt, scheidet aus. Es wäre den Bundesbürgern nicht zuzumuten, auf so gut wie alle Großveranstaltungen zu verzichten und gleichzeitig den üblichen Mammut-Parteitag zu veranstalten. Wer kann schon garantieren, dass es dabei nicht zu einer Vielzahl von Neuinfektionen kommen würde.

Andererseits ist schon auffallend, wie wenig Phantasie die CDU-Spitze bisher in alternative Formate wie einen digitalen oder auf regionale Konferenzen beschränkten Parteitag investiert hat. Im Wesentlichen hörte man aus dem Konrad-Adenauer-Haus immer nur etwas von Verschiebungen - von April auf Dezember und nun von Dezember auf irgendwann. Für eine derart wichtige Veranstaltung ist das erstaunlich wenig. Denn immerhin wird hier nicht nur der neue Chef der wichtigsten Partei in Deutschland gewählt, sondern auch der mögliche nächste Bundeskanzler.

Ein pandemiegerechter Parteitag ist möglich

Da liegt es schon nahe, dass Friedrich Merz vermutet, seinen Gegnern komme die Vertagung auf das nächste Jahr gar nicht so unrecht. Denn es ist die Frage, ob der ehemalige Fraktionschef seinen überraschend hohen Umfragewert (45 Prozent der CDU-Mitglieder hätten ihn gerne als Parteichef) so lange halten kann. Ihm fehlt schließlich ein Regierungsamt oder Parlamentsmandat, mit dem er als entschlossener Corona-Manager auf sich aufmerksam machen könnte.

Die dringende Aufgabe aller politischen Gruppierungen wäre es jetzt, intensiv darüber nachzudenken, wie man Parteitag und Pandemie auf eine verträgliche Weise zusammenbringt. Statt immer weitere Termine in immer fernerer Zukunft anzusetzen, könnte man ja auch neue Wege gehen. Was spricht zum Beispiel gegen eine Briefwahl? Die dauert zwar, wäre aber vermutlich schneller erledigt als das ewige Warten auf ein analoges Treffen. Niemand kann schließlich wissen, ob nicht auch im März 2021 Corona noch ein Hindernis für eine Veranstaltung mit 1001 Menschen sein wird.

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