Exklusiv-Interview mit Finanzminister Füracker

Milliardenprojekt Opernhaus: "Wir investieren gegen die Krise"

17.6.2021, 17:38 Uhr
Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) im Interview.

© Wolfgang Fellner, NN Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) im Interview.

Herr Füracker, um die Finanzen ist es nach Corona schlecht bestellt. Sind Sie Bayerns oberster Sparkommissar?

Albert Füracker: Bisher gilt in ganz Deutschland und Europa: Es ist nicht sinnvoll, die Menschen in der Krise mit zusätzlichen Einsparungen zu belasten, sondern wir investieren gegen die Krise. Da mussten sich alle Staaten am Kapitalmarkt bedienen, also Kredite aufnehmen.

Die Städte klagen; lässt der Freistaat seine Kommunen im Regen stehen?

Füracker: In keiner Weise. Wir führen den kommunalen Finanzausgleich auf Rekordniveau fort, trotz riesiger Steuerausfälle auch beim Freistaat. Und zusammen mit dem Bund haben wir den Kommunen den Gewerbesteuerausfall 2020 komplett erstattet. Es gab - gemeinsam von Bund und Land - Ausgleichszahlungen für den ÖPNV. Wir haben Kindergartenbeiträge übernommen… Insgesamt erhielten unsere Kommunen so jeweils rund 2 Milliarden Euro von Land und Bund als Unterstützung. Das sind insgesamt zusätzlich 4 Milliarden Euro neben dem kommunalen Finanzausgleich.

Jammern die Kommunen zu Unrecht?

Füracker: Nein, denn jetzt geht es um 2021. Da gibt es wieder Gewerbesteuerausfälle. Und wir Bundesländer können diese Ausfälle nicht komplett alleine ersetzen. Deswegen fordern wir seit Monaten den Bund auf, auch 2021 mitzuhelfen. Das lehnt der Bund bisher ab.


Zoff in der Koalition: Füracker watscht Glauber als "unseriös" und "ohne Maß" ab


Als Sie vor kurzem in ungewöhnlich scharfem Ton Umweltminister Thorsten Glauber, gerüffelt haben, sah das so aus, als ob die Nerven in der schwarz-orangen Koalition blank liegen...

Füracker: Ich habe lediglich klar gestellt, dass wir etwas ganz anderes vereinbart hatten. Jeder Fachminister hat unglaublich viele Wünsche. Diese einseitig öffentlich zu machen, und dann zu erwarten, dass der Finanzminister das Geld dafür aufbringt - das kann nicht die Arbeitsteilung sein. Der Kollege nannte eine Summe von zwei Milliarden zusätzlich pro Jahr nur in Bayern - ganz ehrlich: Da verlieren wir doch langsam jedes Maß.

Deshalb war ich echt überrascht. Ausgemacht war, dass wir erst über einzelne Maßnahmen sprechen und dann über Kosten. Und: Wir dürfen aufgrund der Schuldenbremse keine neuen Schulden für den Klimaschutz machen, sondern ausschließlich zur Bewältigung der Pandemie.

Angesichts der Riesen-Summe von zwei Milliarden war mein Ton vielleicht etwas schärfer. Es ist ja nicht so, dass der Umweltminister mehr Klimaschutz will und der Finanzminister stellt sich komplett dagegen. Ich bin überhaupt nicht gegen Klimaschutz. Ich komme aus einem Landkreis, wo 85 Prozent des Stroms regenerativ erzeugt werden. Man muss sehen, was notwendig ist, aber es geht auch um den effizienten und verantwortbaren Einsatz von Steuermitteln.


Söder: "Armin Laschet wird Kanzlerkandidat der Union"


Sie wurden auch als Nachfolger gehandelt, falls Söder den Machtkampf gegen Laschet gewonnen hätte. Nun bleibt alles beim Alten. Greifen Sie in sieben Jahren nach der Krone?

Füracker: Das habe ich nie in Erwägung gezogen. Ich habe eine wunderschöne Aufgabe, die ich sehr gerne mache. Ich habe in keiner Sekunde daran gedacht: Was wäre, wenn… Denn man sieht ja, was daraus wird. Markus Söder bleibt starker Bayerischer Ministerpräsident. Und was in sieben Jahren ist? Da hat ein einziges Mal Markus Söder mir einen Spruch geklaut (lacht): Ich habe immer gesagt, ich bin "ausbefördert" als Finanzminister. Das ist wirklich so.

Wie groß war der Unmut in der CSU und bei Söder über Laschets Sieg?

Füracker: Wir haben nicht jahrelang einen Plan verfolgt, der Markus Söder zum Bundeskanzler machen sollte. Aber dann war die Umfrage-Lage über eineinhalb Jahre sehr stabil - so, dass alle sagten: Markus Söder - toll, er hat doch die besten Chancen und ist überall weit voraus. Andere hatten diese Werte bei weitem nicht. Und es besteht die Gefahr, dass eine Koalition entstehen kann, ohne die Beteiligung von CDU/CSU. Das müssen wir auf jeden Fall vermeiden.

Daher wurde Markus Söder von vielen gedrängt, anzutreten. Er sagte dann nur: Okay, wenn ihr das wollt - dann bin ich bereit. Das ist mein Angebot. Das Angebot wurde nicht angenommen. Dass man da hinterher vielleicht ein paar Tage enttäuscht ist - das ist doch wirklich nur menschlich.

Die Nürnberger Burg strahlt bald in neuem Glanz. Sie sind der oberste Burgherr und wissen, wie teuer der Spaß war...

Füracker: Seit Ende Mai steht die Burg wieder für Besucher offen. Der erste Bauabschnitt ist erledigt, der zweite läuft noch voraussichtlich bis Ende August. Insgesamt investieren wir 23 Millionen Euro – eine tolle Sache, die der Burg und der ganzen Region Nürnberg zusätzlichen Glanz bringt.


Marodes Opernhaus: Sanierung kostet dreistelligen Millionenbetrag


Weniger Freude als die Burg dürften Ihnen die Beteiligungen an der NürnbergMesse und dem Airport Nürnberg bereiten. Wie oft werden Sie als Gesellschafter noch Millionenbeträge überweisen?

Füracker: Wir lassen weder die Messe noch den Flughafen im Regen stehen. Stadt und Freistaat haben dazu ein klares Bekenntnis gegeben. Die Probleme sind vollkommen unverschuldet entstanden und nicht durch etwaiges Missmanagement – es sind die Folgen der Pandemie zu bewältigen. Wir setzen jetzt darauf, dass der Messebetrieb wieder gut anläuft. Wann wir wieder auf dem Niveau vor der Pandemie sind, können wir noch nicht sagen.

Jetzt geht es erst mal darum, einen guten Neustart hinzubekommen. Der Flughafen hat einen öffentlichen Versorgungsauftrag. Das ist eine notwendige Infrastruktureinrichtung, die wir für ganz Nordbayern bereithalten. Wir haben auch hier keine selbst verschuldete Krise, der Flughafen hat sich vor der Pandemie richtig hochgerappelt. Aber der Flugverkehr verändert sich massiv. Die Debatte um Inlandsflüge wird kontrovers geführt. Wir hatten in den letzten Jahren zufriedenstellende Ergebnisse.

Aber die Pandemie hat uns weit zurückgeworfen. Der Flughafen gehört jedoch klar zum Wirtschaftsstandort Nordbayern. Messe und Flughafen korrelieren da sehr. Beide gehören dringend zu Nürnberg und Nordbayern. Dafür tun wir das Nötige.

Muss sich der Finanzminister Sorgen machen, dass bei der Messe wie beim Flughafen nie mehr die Zahlen wie vor der Pandemie erreicht werden?

Füracker: Die Sorge mache ich mir durchaus. Wir haben viele Umstrukturierungen vorgenommen und mussten leider auch Personal abbauen – selbstverständlich voll sozialverträglich. Wir tun alles dafür, dass es wieder aufwärts geht. Was in fünf oder zehn Jahren ist, weiß niemand. Aber ich setze da auch auf Innovation: Wir sprechen intensivst über neue Treibstoffe im Flugverkehr. Die Zukunft des Fliegens hängt auch massiv an der Frage: Womit fliegt man?

Synthetische Kraftstoffe, die das Klima nicht mehr so belasten, können dazu führen, dass das Flugzeug nicht nur ein sehr praktisches Verkehrsmittel bleibt, sondern auch weiterhin eine hohe Akzeptanz bei den Menschen findet. Auch die bisher noch teilweise belächelten Flugtaxen können da eine Chance sein. Wir wollen an der Spitze sein – in München und Nürnberg, auch bei der Technologie-Führerschaft.

Den Geldbeutel öffnen müssen Sie auch fürs teuerste Bauvorhaben in der Nürnberger Geschichte: Mit der Sanierung der Oper steht ein Milliardenprojekt an – 75 Prozent sollen vom Freistaat fließen.

Füracker: Die Zusage steht. Wir halten diesen Fördersatz. Es geht noch um die Frage: Wie lange dauert so ein Projekt? Das ist ja nichts, was in ein, zwei Jahren fertig sein kann. Wir müssen immer die Alternativen sehen. Ich kann Oberbürgermeister Marcus König nicht raten, seine Oper wegzureißen oder sie verfallen zu lassen. Die Stadt Nürnberg ist da sehr realistisch unterwegs, Schritt für Schritt. Aber Sie haben Recht: Euphorie bei diesen Summen – die ist für mich als Finanzminister sicherlich nicht angebracht.


Marodes Opernhaus: Sanierung kostet dreistelligen Millionenbetrag


Manche sagen: Der nun gestrichene Konzertsaal, der nur rund 200 Millionen gekostet hätte, hätte eine ungleich höhere Strahlkraft als die renovierte Oper…

Füracker: Dies ist keine Entscheidung des Finanzministers. Und die Frage der Priorisierung dieser großen Projekte in einer Stadt wie Nürnberg ist wahrlich nicht leicht. Es ist nun verantwortungsvoll entschieden worden, das Konzerthaus im Moment nicht zu bauen und sich auf die Oper zu konzentrieren – das ist eine Entscheidung der Stadt Nürnberg.

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