Politik debattiert heftig

Nach dem Corona-Gipfel: Nur eine Schonfrist für Ungeimpfte?

11.8.2021, 15:13 Uhr
Markus Söder treibt die Debatte um die 2-G-Regelung voran.

© Daniel Karmann, dpa Markus Söder treibt die Debatte um die 2-G-Regelung voran.

Auf den ersten Blick scheint alles geklärt. Nach der Ministerpräsidentenkonferenz machten die beteiligten Politikerinnen und Politiker klar, dass ungeimpfte, aber getestete Menschen weitgehend die gleichen Rechte haben sollen wie Geimpfte und Genesene. Doch diese Entscheidung steht auf einem wackeligen Fundament. Das konnte man schon aus etlichen Äußerungen in der Pressekonferenz und unmittelbar danach heraushören.

Vor allem Bayerns Ministerpräsident Markus Söder machte klar, dass er die aktuelle Lösung nicht unbedingt für dauerhaft hält. Er kündigte eine baldige neue Debatte darüber an, ob nicht doch doch nur die 2-G-Regel (Zugangsrechte für Geimpfte und Genesene) statt der 3-G-Regel (Zugangsrechte auch für Getestete) gelten soll.

"So oder so" werde "ab einem bestimmten Zeitpunkt" die 2-G-Regel kommen, sagte der CSU-Vorsitzende. Und wenn es schon so sei, dann sei es ihm "lieber, wir würden jetzt ehrlich drüber reden als es zu vertagen bis nach der Bundestagswahl". Doch das ist innerhalb der Union nicht unumstritten.

Laschet gegen Söder

Kanzlerkandidat Armin Laschet ist in den zurückliegenden Tagen eher dadurch aufgefallen, dass er die Rechte der Getesteten betonte. Vor der MPK sagte er im Interview mit der Bild-Zeitung klipp und klar: "Getestete sollen wie Geimpfte behandelt werden." Diese Lösung sei seiner Meinung nach "sinnvoll, maßvoll und umsetzbar". Von einem drohenden Umschwenken auf 2G ist beim Ministerpräsidenten von NRW bisher keine Rede.


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Damit liegt der CDU-Vorsitzende auch auf der Linie potenzieller Koalitionspartner der Union. FDP-Chef Christian Lindner etwa wehrte sich im ARD-Sommerinterview heftig gegen weitere Einschränkungen. Seine Position: "Wenn von Gemipften, Genesenen und Negativ-Getesteten kein Risiko ausgeht, dann kann man für Genesene, Geimpfte und Negativ-Getestete auch keine Freiheitseinschränkungen mehr vorsehen."

Karl Lauterbach steht in der 2-G-Frage hinter Bayerns Ministerpräsident Söder.

Karl Lauterbach steht in der 2-G-Frage hinter Bayerns Ministerpräsident Söder. © via www.imago-images.de, imago images/Political-Moments

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hingegen liegt bei diesem Thema voll auf der Linie von Markus Söder. Er sagte nach der MPK, er hätte es für besser gehalten, wenigstens Großereignisse mit mehreren 100 Teilnehmern auf Genesene und Geimpfte zu begrenzen. Schließlich handle es sich "um potenzielle Superspreader-Events".

Im Alltag extrem wichtig

Die Frage "2G oder 3G?" hat für den Alltag der Bürgerinnen und Bürger eine entscheidende Bedeutung. Ab einem Inzidenzwert von 35 soll es in vielen Einrichtungen wie Innengastronomie, Kliniken, Pflegeheimen, Friseuren und Schwimmbädern zu Kontrollen kommen. Wer nicht geimpft oder genesen ist, der kann sich nach der bisherigen Regelung mit einem tagesaktuellen Test Zugang verschaffen (3G).


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Das ist zwar lästig und in Zukunft (ab dem 11. Oktober) auch teuer. Es schließt die Betroffenen aber nicht aus dem gesellschaftlichen Leben aus. Mit einer 2-G-Regel wäre diese Personengruppe stark ausgegrenzt. Viele müssten sich dann überlegen, ob sie sich nicht doch lieber impfen lassen. Deswegen sprechen Kritiker in diesem Zusammenhang von einer "Impfpflicht durch die Hintertüre".

Die Ungeimpften haben jetzt allerdings erst mal eine Atempause. Bis zur nächsten Ministerpräsidentenkonferenz, bei der ein gemeinsamer Umstieg von 3G auf 2G beschlossen werden könnte, wird es noch mehrere Wochen dauern. Wie Markus Söder andeutete, ist das möglicherweise erst nach der Bundestagswahl am 26. September der Fall. Und dann wird es vor allem von zwei Werten stark abhängen, ob es zu einer Verschärfung kommt: von der Entwicklung der Sieben-Tages-Inzidenz und von der Impfquote.

Schwache Impfquote

Gerade die Entwicklung beim Impfen ist aus Sicht der Politik derzeit eher enttäuschend. Am Dienstag erhielten in ganz Deutschland nur rund 70.000 Menschen ihre erste Impfung. Das waren so wenige wie zuletzt am 12. Januar. Damals gab es aber - im Gegensatz zu heute - weit weniger Impfstoffe. Dieses Argument zählt inzwischen nicht mehr. Im Gegenteil: Die Vorräte an Vakzinen drohen zu verfallen, weil der Zuspruch so gering ist.

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