Nachhilfe in Sachen Menschenrechte

10.10.2011, 18:43 Uhr
Nachhilfe in Sachen Menschenrechte

Die NZ befragte den Sozialwissenschaftler zu Konzept und Inhalt der Veranstaltungsreihe im Caritas-Pirckheimer-Haus in Nürnberg.

NZ: Herr Böhm, brauchen wir einen Grundkurs in Sachen Menschenrechte?

Otto Böhm: Es ist über Menschenrechte weniger bekannt als man denkt. Zwar führt fast jeder Menschenrechte als Schlagwort schnell im Mund, aber was genau drinsteht, wie sie entstanden sind, was sich aus ihnen ableitet und wo möglicherweise sogar Widersprüche bestehen, wissen die wenigsten.

NZ: Wo sehen Sie noch Lernbedarf?

Böhm: Im Bereich der grundlegenden Rechte gibt es eine gewisse Sicherheit, auch weil sich etliche davon in unserem Grundgesetz befinden. Defizite gibt es allerdings in zwei Bereichen. Zum einen sollte man unter dem Blickwinkel der Menschenrechte verstärkt die Situation in außereuropäischen Ländern betrachten. Zum anderen auch in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht. Die Rechte auf Nahrung oder auf Arbeit und Gesundheit gehören ebenfalls zu den Menschenrechten.

NZ: Was bringt das Wissen, wenn es an der Umsetzung hapert?

Böhm: Dazu finden sich in unserer Veranstaltungsreihe auch zwei Punkte. Wir wollen in dem Kurs vermitteln, die Menschenrechte auch auf unser eigenes persönliches Handeln zu beziehen. Zugleich sind wir natürlich auch Staatsbürger – und wollen daher die Politik ebenfalls unter Menschenrechts-Gesichtspunkten bewerten.

NZ: Erscheint die Beschäftigung mit Menschenrechten im Licht der zahlreichen Verletzungen bisweilen nicht sehr mühselig?

Böhm: In der Menschenrechtsarbeit gibt es immer wieder Rückschläge. Ein besonders zu beklagender Rückschritt ist die Außerkraftsetzung von Menschenrechten im Anti-Terror-Kampf.

NZ: Sehen Sie Nürnberg als besonders geeignete Stadt für Ihr Menschenrechts-Engagement?

Böhm: Nürnberg ist dafür natürlich ein besonders günstiger Ort. Ein Schwerpunkt unseres Grundkurses wird das Thema willkürliche Verhaftungen sein. Dabei blicken wir auf aktuelle Beispiele, aber eben auch auf die Nacht-und-Nebel-Aktionen der Nazis. Somit spannen wir wieder einen Bogen zur NS-Geschichte.

NZ: Sie betonen in Ihrem Programm das Weltethos. Was ist darunter zu verstehen?

Böhm: Weltethos ist ein Projekt der Stiftung des Theologen und Professors Hans Küng. Dahinter steht die Grundidee, die allen Religionen gemeinsamen ethischen Prinzipien zum Ausgangspunkt für Frieden und Versöhnung in der Welt zu machen - nach dem Motto „Kein Friede ohne Friede zwischen den Religionen“. Das Konzept ist aus unserer Sicht zwar ein guter Nährboden, aber zu wenig rechtlich definiert. Menschenrechte sind also konkreter, definitiver, politischer als Weltethos. Sie sind ein Kampfinstrument in Konfliktsituationen.

NZ: Wird man diesen von Küng gewünschten Idealzustand irgendwann erreichen?

Böhm: Man wird das Ethos verschiedener Gemeinschaften nicht zentral vereinheitlichen können. Man kann nur entsprechende Strukturen, etwa durch die Vereinten Nationen, stärken. Insofern wird man den Zustand hoffentlich erreichen können.

NZ: Was sollen die Teilnehmer aus dem Grundkurs mitnehmen?

Böhm: Sie sollen ein Grundverständnis des entsprechenden Menschenrechtsartikels mitnehmen. Außerdem möchten wir einen Rückbezug zur deutschen Geschichte vermitteln sowie eine didaktische Handreichung, damit der Teilnehmer zum Beispiel erkennt, wie man das Recht auf Asyl mit den gesamten Menschenrechten verknüpfen und im politischen Alltag umsetzen kann - etwa beim Umgang mit den afrikanischen Flüchtlingen im Mittelmeer.

Die Reihe beginnt morgen mit einem Vortrag zur Entstehung der

Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Alle Veranstaltungen (9. November, 7. Dezember und 25. Januar 2012) finden jeweils um 19 Uhr im Nürnberger Caritas-Pirckheimer-Haus (CPH) statt, Königstraße 64. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Weitere Informationen erteilt Leiterin Doris Katheder unter Tel. 0911/2346129 sowie unter Tel. 0170/8038937. Zudem ist im CPH noch bis Freitag, 28.Oktober 2011, eine Ausstellung der Stiftung Weltethos zu sehen; Öffnungszeiten: Mo.–Fr. von 8–22 Uhr sowie Sa./So. von 8–16 Uhr.

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