Neues Lobbyregister: "Schwarzen Schafen drohen bis zu 50.000 Euro Bußgeld"

7.3.2021, 06:00 Uhr
Der Nürnberger Abgeordnete Michael Frieser war am neuen Lobbyregister beteiligt.

Der Nürnberger Abgeordnete Michael Frieser war am neuen Lobbyregister beteiligt.

Der Fall des CSU-Abgeordnetenkollegen Georg Nüßlein hat vor kurzem bundesweit für Aufsehen gesorgt. Ihm wird vorgeworfen, als Vermittler bei der Maskenbeschaffung aufgetreten zu sein und dafür 660.000 Euro Honorar kassiert zu haben. Es besteht der Anfangsverdacht der Bestechlichkeit und der Steuerhinterziehung.

Hat der Fall Nüßlein dem jahrelang debattierten Lobbyregister am Ende nochmal einen gewissen Schwung verliehen?

Michael Frieser: Das kann man so nicht sagen. Der Entwurf der Großen Koalition war schon vor zwei Wochen fertig, als noch niemand über den von Ihnen angesprochenen Fall geredet hat. Außerdem geht es dabei gar nicht um das Lobbyregister, denn es stehen ja strafrechtliche Vorwürfe im Raum. Mit Interessenvertretung hat das nichts zu tun.


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Der Gesetzesentwurf von Union und SPD wird von Kritikern als halbherzig bezeichnet. Sie hätten auch den "exekutiven Fußabdruck" mit aufnehmen sollen, heißt es - also eine Dokumentation, welche Passagen in Gesetzen auf welche Gespräche mit Interessenvertretern zurückgehen.

Frieser: Das mag schön gedacht sein im Sinne der Transparenz. Aber es wäre nicht machbar. Stellen Sie sich das mal in der Praxis vor: Da müsste zum Beispiel ein Unterabteilungsleiter aus einem Ministerium, der laufend Gespräche mit Interessenvertretern führen muss, endlose Wortprotokolle verfassen. Außerdem kann man aus Hunderten von Begegnungen, oftmals über Jahre hinweg, niemals herausfiltrieren, welche Formulierung und welcher Halbsatz auf welchem Gespräch beruhen.

Aber es ist doch eine Tatsache, dass Tausende von Lobbyisten tagtäglich Einfluss nehmen wollen auf die Entscheidungsfindung in Parlament und Regierung. Sehen Sie in diesem andauernden "Einflüstern" kein Problem?

Frieser: Politik darf nicht in einem Elfenbeinturm sitzen. Bei meinen Entscheidungen brauche ich Argumente aus den verschiedensten Perspektiven, die das jeweilige Thema beleuchten. Interessenvertreter vertreten ihre Interessen. Das ist vollkommen legitim, so lange der Abgeordnete danach frei seine Entscheidungen trifft. Ich achte darauf, kleinen zivilgesellschaftlichen Organisationen oder auch betroffenen Bürgern in meinem Wahlkreis genauso viel Zeit einzuräumen wie großen Lobbyverbänden.


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Ganz konkret gefragt: Wie gehen Sie persönlich im Geiste des Registers damit um, wenn sich ein Verbands- oder Firmenvertreter bei Ihnen zum Gespräch anmeldet?

Frieser: Ich lasse mein Büro prüfen, ob die betreffende Organisation im Lobbyregister eingetragen ist. Ist das nicht der Fall, weise ich darauf hin, dass eine Ordnungswidrigkeit vorliegen könnte. Verstöße gegen die Eintragungspflicht werden mit Bußgeldern geahndet. Grundsätzlich drohen dem Gesetzesentwurf zu Folge für schwarze Schafe bis zu 50.000 Euro Bußgeld.

Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und Kirchen fallen nicht unter das Lobbyregister. Ist das nicht inkonsequent?

Frieser: Das hat schlichtweg etwas mit unserem Grundgesetz zu tun, das den von Ihnen genannten Organisationen ein Privileg einräumt. Wer das nicht will, der müsste die Verfassung ändern. Außerdem gilt die Ausnahme dann nicht, wenn Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und Kirchen in privatwirtschaftlichem Interesse auftreten - etwa bei der Festlegung von Pflegesetzen in Heimen von kirchlichen Trägern.

Was genau wird in dem Register verzeichnet?

Frieser: Interessenvertreter müssen sich künftig vor Kontaktaufnahme eintragen und Angaben zu ihrem Arbeits- oder Auftraggeber, zur Anzahl der Beschäftigten und finanziellen Aufwendungen machen. Aus diesen Daten können Rückschlüsse auf die Intensität der Interessenvertretung gewonnen werden.

Und wenn die Organisationen nun plötzlich Dienstleister wie Agenturen und Anwälte vorschieben, die ihnen nicht zugeordnet werden können...

Frieser: Auch das haben wir bedacht. Wer im Interesse Dritter auftritt, der muss das kenntlich machen. Tut er das nicht, droht ihm ebenfalls ein Bußgeld.

Wäre es nicht am besten, wenn jeder Abgeordnete in einer öffentlich einsehbaren Liste eintragen müsste, wann, wie lange und worüber er mit Interessenvertretern gesprochen hat?

Frieser: Dann gibt es das freie Mandat eines gewählten Abgeordneten nicht mehr. Wir sind nur unserem Gewissen unterworfen. Deswegen verbietet es sich, unsere Gespräche, mit wem auch immer, per gesetzlicher Pflicht zu veröffentlichen.

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