Offen für Pauschaltouristen: Tunesien hofft auf Gäste in seinem schönen Norden

24.4.2021, 07:27 Uhr
In der Hafenstadt Tabarka ganz im Nordosten Tunesiens lässt sich einiges entdecken: Nah an der Grenze zu Algerien ist sie heute ein Touristen-Hotspot für algerische Familien. Es lohnt sich aber auch für Europäer, diese Ecke zu besuchen. Bezaubernd ist der Hafen.

© Stephanie Rupp In der Hafenstadt Tabarka ganz im Nordosten Tunesiens lässt sich einiges entdecken: Nah an der Grenze zu Algerien ist sie heute ein Touristen-Hotspot für algerische Familien. Es lohnt sich aber auch für Europäer, diese Ecke zu besuchen. Bezaubernd ist der Hafen.

Liebevoll umarmt und tätschelt Anis Bouchnak einen wuchtigen Baumheidebusch, der gerade in voller Blüte steht. Der 36-Jährige liebt die Natur - und sein Land, das macht er in fast jedem Satz deutlich. Und er nimmt gerne Touristen mit auf seine morgendlichen Streifzüge durch die hügelige Landschaft rund um die Hafenstadt Tabarka. Wir sind im äußersten Nordwesten Tunesiens, nicht weit entfernt von der algerischen Grenze. Und ziemlich nah an einem der südlichsten Punkte Europas. Denn Sardinien liegt von hier kaum weiter entfernt als etwa Rom von Neapel, wenn man mal die reine Luftlinie betrachtet.

Kein Wunder also, dass selbst im Winter und jetzt im Frühling das Klima mediterran ist und man im Croumerie-Gebirge durch duftende Pinienwälder und teils uralte Korkeichenwälder wandert - eben auch vorbei an diesen imposanten Baumheidebüschen, die es wiederum nur hier in der Gegend gibt. Bouchnak nutzt die Wurzeln der Baumheide, um damit das Handwerk seines Großvaters fortzuführen: In seiner Werkstatt in der verwinkelten Altstadt Tabarkas schnitzt er aus diesem Holz nämlich Pfeifen, die eine ganz besondere Musterung aufweisen.

Maschinen aus der französischen Pfeifenhauptstadt

Er setzt dabei so sehr auf alte Traditionen, dass er mit aus der französischen Pfeifenhauptstadt Saint-Claude stammenden Maschinen aus der Zeit um 1900 arbeitet - und eine ganze Menge rotbraunen Staub produziert. Seine Katzen gehen hier ein- und aus. Gemeinsam mit seinem "Maître pipier" - das ist ein Meister für Pfeifenbau - schafft er es, zwei Pfeifen pro Tag herzustellen.

Hier betreibt Anis Bouchnak sein Atelier für Pfeifenbau, das sein Großvater vor vielen Jahren gegründet hat. Er arbeitet mit aus Frankreich stammenden Maschinen aus der Zeit um 1900. Mit seinem Maître pipier, also einem Meister für Pfeifenbau, fertigt Anis in der alten Werkstatt zwei Pfeifen pro Tag. Die exportiert er sogar nach Texas.

Hier betreibt Anis Bouchnak sein Atelier für Pfeifenbau, das sein Großvater vor vielen Jahren gegründet hat. Er arbeitet mit aus Frankreich stammenden Maschinen aus der Zeit um 1900. Mit seinem Maître pipier, also einem Meister für Pfeifenbau, fertigt Anis in der alten Werkstatt zwei Pfeifen pro Tag. Die exportiert er sogar nach Texas. © Stephanie Rupp

Dabei sind keineswegs nur Touristen Abnehmer - die sich im übrigen unter Anleitung und mit entsprechendem Geschick sogar ihr individuelles Stück herstellen können - sondern auch Pfeifenliebhaber in Texas, die die außergewöhnlichen Unikate schätzen und vermutlich gar nicht so günstig weiterverkaufen.

Doch Geld scheint für Anis Bouchnak, dessen Großvater in Tabarka auch jahrelang Bürgermeister war, nicht so wichtig. Sonst wäre der in Paris aufgewachsene Tunesier nämlich in Frankreich geblieben, wo er als Koch in einem angesehenen Sterne-Restaurant gearbeitet hat. Doch nach dem Arabischen Frühling, der hier in Tunesien gestartet ist, zog es ihn zurück in das Land, in dem er geboren wurde - und er möchte die junge Generation animieren, hier zu bleiben und hier an der Zukunft zu bauen.

Das Land, in dem der Tourismus jahrelang gelitten hat, wollte 2020 eigentlich große Projekte starten, um vielen Menschen seinen Charme näherzubringen und auch die Servicequalität der Hotels zu steigern- und zwar nicht nur an der Küste im Süden Tunesiens, sondern auch im Norden, wo es viel zu entdecken gibt. In Tabarka locken Hotels mit Privatstränden ebenso wie ein großer Golfplatz. In Tabarka wartet fangfrischer Fisch auf die Gäste. Dazu wird einheimischer Wein serviert, der durch sein vollmundiges Aroma die Wärme spüren lässt, die die Weinreben zuvor abbekommen haben.

Ja, der Genuss von Wein ist in Tunesien anders als in den meisten anderen arabischen Ländern erlaubt, auch außerhalb von Hotels. Taucher können die begehrte rote Koralle unter Wasser betrachten, und Yachtliebhaber einen Streifzug am Hafen unternehmen. Derzeit sind wegen der Corona-Pandemie nur Pauschalreisen erlaubt. Sobald die Reisewarnung fällt, dürfte es aber auch wieder einfacher werden, Individualreisen zu unternehmen.

Ein Ranger mit Deutschkenntnissen

Naturliebhaber finden in Nordtunesien eine zauberhaft Landschaft auch im Nationalpark Lac Ichkeul in der Nähe der Hafenstadt Bizerte. Rejeb Borni ist hier der Ranger, der seine Gäste gern auch mal auf Deutsch begrüßt. Der Ingenieur für Forstwirtschaft hat in München studiert. Das Herz von Lac Ichkeul ist der einzigartige See, der von feenartig anmutigen Landschaften umgeben ist.

Doch schon der See an sich ist etwas ganz Besonderes: Er wird im Winter aus sechs Quellen gespeist und ist dann mit Süßwasser gefüllt. Wenn im Sommer der Wasserstand fällt, flutet Meerwasser aus dem Bizerta-See den Ichkeul-See und der Salzgehalt steigt von 8 Gramm auf 46 Gramm pro Liter. Dieses einzigartige Ökosystem ist Unseco-Weltnaturerbe. Das scheinen auch die jährlich bis zu 250.000 Vögel - darunter viele europäische Entenarten und Singvögel - zu wissen, die hier ihr Winterquartier aufschlagen.

Die Bewohner des Dorfes Ghezala verfügen über einen Pferdewagen und zeigen das urwüchsige Tal, das zu einem Wasserfall mit dem Namen Cascades du Oued Zitouna, also der Wasserfall im Tal der Oliven, führt. Die Bewohner samt ihrer Bürgermeisterin Nassima Mechergui würden dieses Kleinod gern für den Tourismus erschließen.

Die Bewohner des Dorfes Ghezala verfügen über einen Pferdewagen und zeigen das urwüchsige Tal, das zu einem Wasserfall mit dem Namen Cascades du Oued Zitouna, also der Wasserfall im Tal der Oliven, führt. Die Bewohner samt ihrer Bürgermeisterin Nassima Mechergui würden dieses Kleinod gern für den Tourismus erschließen. © Stephanie Rupp

Und wer sich an der grünen Landschaft unterwegs irgendwann sattgesehen haben sollte, der kann sich auf die Spuren der Römer begeben - und seine Neugier wird reichlich belohnt. Denn Tunesien war einst eine der schillerdsten Provinzen des Römischen Reiches. Es muss nicht unbedingt das berühmte Karthago sein - mindestens genauso spannend ist das Unesco-Weltkulturerbe Dougga. Auf 70 Hektar kann man die Konturen einer vorzüglich erhaltenen römischen Stadt sehen und entdecken.

Römische Villen, die in die Erde gebaut wurden

Ein bisschen Zeit ist hierfür ebenso nötig wie in Bulla Regia. Nordwestlich von Dougga fehlen hier zwar guterhaltene Prachtbauten. Aber dafür gibt es eine einzigartige Besonderheit, wegen der sich das Kommen lohnt: Die Römer bauten hier die Untergeschosse ihrer Villen in die Erde - als Schutz vor der Sommerhitze. Davon profitieren Archäologiefreunde heute. Denn die Mosaiken im Untergrund sind fantastisch erhalten.

Eine weitere Besonderheit sind die römischen Steinbrüche in Chemtou. Hier ließen die Römer den Chemtou-Marmor abbauen, den die Oberschicht so sehr schätzte - kein Wunder bei dem edlen gelb-schimmernden Material.

Mehr Informationen:
Fremdenverkehrsamt Tunesien, www.discovertunisia.com
Tel: 0 69 / 1 33 83 50

Beste Reisezeit für Nordtunesien: Ganzjährig möglich, aber landschaftlich besonders schön zwischen Februar und Mai sowie im Herbst. Badetourismus im Sommer.

Unterkunft:
luxuriös: "La Cigale", luxuriöses Hotel in Tabarka mit Spa, 2 Restaurants, einem 18-Loch-Golfplatz. DZ/Frühstück ab 120 Euro: lacigaletabarka.com. Preisgünstig, aber sehr sauber und modern ausgestattet: Gästehaus "Dar Ichkeul" , DZ mit Frühstück ab ca. 90 Euro.

Hier finden Sie die aktuellen Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes zu Tunesien.
Pauschaltouristen dürfen derzeit ohne Quarantänepflicht einreisen. Nach fünf Tagen kann man sich mit PCR testen lassen, ist er negativ, darf man individuell durchs Land reisen. Bei Rückkehr nach Deutschland gilt Quarantänepflicht, Stand 26.4.

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