Rechtsextreme Gruppe wollte sechs Moscheen angreifen

17.2.2020, 17:32 Uhr
Nach der Zerschlagung einer mutmaßlichen rechten Terrorzelle sind am 15. Februar die ersten Festgenommenen in Karlsruhe zu Haftrichtern des Bundesgerichtshofs gebracht worden.

© Uli Deck, dpa Nach der Zerschlagung einer mutmaßlichen rechten Terrorzelle sind am 15. Februar die ersten Festgenommenen in Karlsruhe zu Haftrichtern des Bundesgerichtshofs gebracht worden.

In Sicherheitskreisen gelten die Planungen der Mitglieder der mutmaßlichen rechten Terrorzelle um Werner S. als "besonders ernstzunehmender Fall". Und zwar auch deshalb, weil die Männer, die sich nach dpa-Informationen in einer Telegram-Chatgruppe kennengelernt und nur zwei Mal getroffen hatten, schnell handlungsbereit waren. An der Aufklärung der Aktivitäten der Gruppe, die von den Ermittlern "Gruppe S." genannt wird und intensiv observiert wurde, war neben der Polizei auch der Verfassungsschutz beteiligt.

Einer der Männer soll den Auftrag erhalten haben, Waffen zu beschaffen. Nach Informationen aus Sicherheitskreisen zählen zu den Waffen, die bei den Razzien am vergangenen Freitag gefunden wurden, Äxte, Schwerter und Schusswaffen.

Nach den Razzien in sechs Bundesländern hatte der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof Haftbefehle gegen zwölf Männer erlassen. Vier mutmaßliche Mitglieder der Gruppe und acht mutmaßliche Unterstützer sind in Untersuchungshaft. Die Gruppe um den 53-jährigen Werner S. aus dem Raum Augsburg soll Anschläge auf Politiker, Asylbewerber und Muslime ins Auge gefasst haben, um "bürgerkriegsähnliche Zustände" auszulösen und so die Gesellschaftsordnung ins Wanken zu bringen.

Seehofer: "Ein großer Erfolg"

Die Festnahmen hätten deutlich die akute Gefahr rechtsmotivierter Anschläge gezeigt, sagte der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser. Deshalb sei es unbedingt nötig, "die Schutzstandards für gefährdete Objekte wie religiöse Einrichtungen deutschlandweit einheitlich zu gestalten".

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte der Süddeutschen Zeitung, es sei ein "großer Erfolg", dass die Tatverdächtigen rechtzeitig entdeckt worden seien. "Der Fall zeigt auch, was sich da in Deutschland zusammenbraut und dass wir auf allen Ebenen entschieden und unermüdlich dagegen vorgehen müssen."

Viele Muslime fühlten sich nicht mehr sicher

Die Türkisch-Islamische Union Ditib hat angesichts mutmaßlich geplanter Angriffe auf Moscheen einen konsequenten Schutz von Muslimen in Deutschland verlangt. Viele Muslime fühlten sich nicht mehr sicher, die Gefahr sei real. Es sei enttäuschend, dass die Mehrheit schweige, dass Zeichen der Solidarität und ein "gesellschaftlicher Aufschrei" bisher ausblieben, betonte der Islam-Dachverband am Montag in Köln.


Kommentar: Terror von rechts - Das große Versagen der Behörden


Das Schweigen einer breiten Gesellschaftsschicht könne auch "als stillschweigende Duldung" gedeutet werden, hieß es in einer Erklärung der Ditib. "Es ist geeignet, bei bestimmten Gruppen den Eindruck zu erwecken, dass das Agieren gegen Muslime "eigentlich legitim" sei", warnte der Verband. Zuletzt seien etliche Moscheeangriffe jährlich bundesweit registriert worden, dazu zehn schon im Jahr 2020.

Über 12.000 gewaltorientierte Rechtsextreme

Der Verfassungsschutz geht aktuell von rund 12.700 gewaltorientierten Rechtsextremisten aus. Die Polizei stuft bundesweit 53 Rechte als Gefährder ein. Als "Gefährder" bezeichnet die Polizei im Bereich der politisch motivierten Kriminalität Menschen, denen sie schwere Gewalttaten bis hin zu Terroranschlägen zutraut.

Die Planungen der "Gruppe S." weisen Ähnlichkeiten zu den Plänen der Gruppe "Revolution Chemnitz" auf. Deren Mitglieder waren im Oktober 2018 festgenommen worden.