Ringen um Pflegekräfte: So soll der Notstand behoben werden

4.6.2019, 18:47 Uhr
Im Kampf gegen die Personalnot in der Pflege will die Bundesregierung eine bessere Bezahlung durchsetzen, um zu mehr Fachkräften zu kommen.

© Daniel Bockwoldt, dpa Im Kampf gegen die Personalnot in der Pflege will die Bundesregierung eine bessere Bezahlung durchsetzen, um zu mehr Fachkräften zu kommen.

Die Bundesregierung will angesichts der Personalnot in der Pflege grundlegend bessere Arbeitsbedingungen erreichen, um zu mehr Fachkräften zu kommen. Darauf zielt ein Maßnahmenpaket, das Arbeitsminister Hubertus Heil, Familienministerin Franziska Giffey (beide SPD) und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Dienstag nach knapp einjährigen Beratungen mit zahlreichen Beteiligten vorgelegt haben. Durchgesetzt werden soll eine bundesweit bessere Bezahlung in der Altenpflege. Die Pflege-Ausbildung soll angekurbelt werden, Kräfte aus dem Ausland sollen leichter und schneller ins Land kommen können.


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Spahn sagte, die Pflege müsse wieder attraktiver werden, und dies gehe nur mit mehr Personal. "Das entlastet nicht nur die einzelne Pflegekraft, sondern lässt auch mehr Zeit für die Betreuung der Pflegebedürftigen." Die Vorschläge wurden in einer "Konzertierten Aktion Pflege" der Regierung erarbeitet, die im Sommer 2018 gestartet worden war. Daran beteiligten sich Arbeitgeber und Gewerkschaften, Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Krankenkassen und Betroffenenvertreter. In der Alten- und Krankenpflege arbeiten rund 1,6 Millionen Menschen, fast 40.000 Stellen sind aber unbesetzt.

Die Vorschläge im Überblick:

  • Bezahlung: "Unser Ziel sind bessere Gehälter", sagte Heil. Die rechtlichen Grundlagen dafür wolle die Bundesregierung noch vor der Sommerpause beschließen. "Dann ist die Pflegebranche am Zug: Sie muss entscheiden, ob sie für bessere Löhne einen flächendeckenden Tarifvertrag abschließen kann." Einen ausgehandelten Vertrag von Arbeitgebern und Gewerkschaft Verdi würde der Bund dann für die ganze Branche für allgemeinverbindlich erklären. Passiert dies nicht, soll eine Kommission wie bisher Mindestentgelte festgelegen, aber nicht nur für Hilfskräfte, sondern auch für Pflege-Fachkräfte. Kommen soll dabei auch ein einheitlicher Pflegemindestlohn für Ost und West.

  • Ausbildung: "Es muss klar werden: Pflege ist ein Zukunftsberuf, eine Ausbildung in der Pflege lohnt sich und eröffnet Möglichkeiten für verschiedene Berufswege", sagte Giffey. Geplant ist eine neue Pflegeausbildung ab 2020 - dann soll bundesweit dafür auch kein Schulgeld mehr fällig werden, Azubis sollen vielmehr Vergütungen bekommen. Geplant sind außerdem 5000 Weiterbildungsplätze. Insgesamt soll bis 2023 die Zahl der Azubis und ausbildenden Einrichtungen im Bundesschnitt um zehn Prozent im Vergleich zu diesem Jahr zulegen.

  • Arbeitsbedingungen: Ein großes Problem ist, dass angesichts der oft strapaziösen Bedingungen viele Pflegekräfte nur Teilzeit arbeiten oder ganz aus dem Beruf aussteigen. Um bessere Bedingungen etwa auch mit verlässlicheren Dienstplänen zu erreichen, sollen verbindliche Personalschlüssel umgesetzt werden - also Vorgaben, wie viele Pflegekräfte in Einrichtungen für wie viele Pflegebedürftige vorgesehen sind. Kräfte aus dem Ausland sollen schon in den Herkunftsländern bei der Fach- und Sprachausbildung unterstützt werden. Für Vermittler von Pflegekräften aus dem Ausland soll ein Gütesiegel entwickelt werden.

  • Arbeitsbedingungen II: Um den Beruf attraktiver zu machen, sollen Pflegefachkräfte auch mehr Verantwortung übernehmen können. Dafür sollen von diesem Jahr an Standards etwa zur stärkeren Zusammenarbeit mit Ärzten erarbeitet werden. Pflegekräfte sollen zudem mit digitaler Technik von Bürokratie entlastet werden. Ziel ist unter anderem, die Pflege "mittelfristig" komplett auf elektronische Datenverarbeitung umzustellen, also mit digitalen Pflegeakten oder Verordnungen.

  • Finanzierung: Konkrete Aussagen zur Finanzierung werden vorerst nicht gemacht. Festgehalten wird, "dass eine Verbesserung der Entlohnung eine verbesserte Finanzausstattung der Pflegeversicherung erforderlich macht". Außerdem sei "eine finanzielle Überlastung der Pflegebedürftigen" durch steigende Eigenanteile zu verhindern. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz sieht Spahn, Heil und Giffey gefordert. "Sie müssen endlich einen konkreten Plan vorlegen, wie die Pflege der Zukunft aussieht und finanziert wird", sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur. Der Sozialverband VdK mahnte: "Wir müssen verhindern, dass die Pflegehaushalte einen Großteil der Ausgabensteigerungen refinanzieren müssen."

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