"Tag der Schande": Das sind die Stimmen zu Trumps Freisprechung
Trump wird nicht für die Erstürmung des Kapitols belangt - 14.02.2021 09:21 Uhr
Der ehemalige US-Präsident Trump wurde im Amtsenthebungsverfahren freigesprochen.
13.02.2021 © Alex Brandon, dpa
Knapp sechs Wochen nach der Erstürmung des Kapitols durch wütende Anhänger Donald Trumps hat der US-Senat den Ex-Präsidenten im Amtsenthebungsverfahren vom Vorwurf der "Anstiftung zum Aufruhr" freigesprochen. Eine Mehrheit von 57 Senatoren stimmte am Samstag nach nur fünf Tagen der Verhandlungen zwar für eine Verurteilung des Republikaners, sie verfehlten damit aber die für eine Verurteilung im Senat nötige Zweidrittelmehrheit von 67 Stimmen. 50 Demokraten und sieben Republikaner stimmten für eine Verurteilung Trumps.
Die Demokraten hatten das Amtsenthebungsverfahren wegen Trumps Rolle bei der Erstürmung des Kapitols am 6. Januar angestrengt. Sie wollten damit auch erreichen, dass der inzwischen aus dem Amt geschiedene Präsident für künftige politische Ämter auf Bundesebene gesperrt wird. Damit wäre es Trump unmöglich gewesen, sich bei der Wahl 2024 erneut um die Präsidentschaft zu bewerben.
Geführt wurde das sogenannte Impeachment-Verfahren seit Dienstag im Senat. Die Kongresskammer nahm dabei die Rolle eines Gerichts ein. Obwohl auch viele Republikaner Trump für seine Rolle bei den Ereignissen am 6. Januar kritisierten, schien eine Verurteilung unwahrscheinlich. Dafür hätten sich den 50 Demokraten 17 Republikaner anschließen müssen. Trotzdem aber stellten die sieben Abweichler die größte gleichzeitige Unterstützung beider großer Parteien dar, die es jemals bei einer Amtsenthebung gab.
"Ende eines traurigen Kapitels"
US-Präsident Biden sprach vom "Ende eines traurigen Kapitels" amerikanischer Geschichte. "Auch wenn die letzte Abstimmung nicht zu einer Verurteilung geführt hat, ist das Wesentliche der Anschuldigung unbestritten", heißt es in einer am späten Samstagabend (Ortszeit) vom Weißen Haus verbreiteten Erklärung Bidens. Nunmehr müsse dieser Konflikt beendet und die Seele der Nation geheilt werden. "Dies ist die Aufgabe, die vor uns steht, die wir gemeinsam angehen müssen", mahnte Biden. "Als Vereinigte Staaten von Amerika", schloss Biden, wobei das Wort "Vereinigte" unterstrichen war.
Trump selbst zeigte sich erfreut und nutze seinen Freispruch für die Ankündigung, dass seine politische Bewegung jetzt erst am Anfang stehe und nannte das Verfahren gegen ihn eine "Hexenjagd". "Unsere historische, patriotische und schöne Bewegung, Amerika wieder großartig zu machen, hat jetzt erst angefangen", erklärte der Republikaner. "So etwas hat es noch nie gegeben!" Trump dankte den republikanischen Senatoren für den Freispruch. Die Demokraten hätten versucht, den Rechtsstaat zu untergraben.
Am 6. Januar hatten Anhänger des abgewählten Präsidenten gewaltsam das Kapitol gestürmt. Dort war der Kongress zusammengekommen, um den Wahlsieg von Trumps Nachfolger Biden offiziell zu bestätigen. Bei den Krawallen kamen fünf Menschen ums Leben, darunter ein Polizist. Trump hatte seine Anhänger unmittelbar zuvor damit aufgewiegelt, dass ihm der Wahlsieg gestohlen worden sei. Er sagte unter anderem: "Wenn Ihr nicht wie der Teufel kämpft, werdet Ihr kein Land mehr haben."
"6. Januar ist ein Tag der Schande"
Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, kritisierte seine Kollegen von den Republikanern scharf. "Der 6. Januar wird ein Tag der Schande in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika sein. Das Versäumnis, Donald Trump zu verurteilen, wird als Schande in die Geschichte des Senats der Vereinigten Staaten eingehen".
Die Anstiftung zum Angriff auf den Sitz des Kongresses sei die "verabscheuungswürdigste Tat, die ein Präsident jemals begangen hat", so Schumer weiter. Und trotzdem habe die Mehrheit der Republikaner nicht den Mut aufbringen können, sie zu verurteilen. Die Mehrheitsführerin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, sprach von einer "feigen Gruppe von Republikanern." Einer der sieben Abweichler bei den Republikanern, Senator Ben Sasse, erklärte seine Abstimmung unterdessen damit, dass Trumps Lügen über das Wahlergebnis aus dem November eine Verletzung dessen Amtseides darstellten.
Republikaner McConnell macht Trump verantwortlich
Der republikanische Minderheitsführers im Senat, Mitch McConnell, nannte Trump "praktisch und moralisch" für die Erstürmung des Kapitols durch seine Anhänger verantwortlich - obwohl er selbst für "nicht schuldig" stimmte. Trump habe diese wochenlang mit Lügen zu seiner angeblich haushoch gewonnenen Wahl aufgehetzt, sagte McConnell über seinen Parteikollegen. Der Senator hatte dennoch gegen eine Verurteilung Trumps gestimmt, weil er das Verfahren nach dem Ende von Trumps Amtszeit für verfassungswidrig hielt.
Welches Zitat stammt wirklich von Trump?
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Hat er das gesagt - oder doch nicht? Testen Sie hier Ihr Trump-Wissen!
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"Ich denke, wir haben in der Pandemie vermutlich einen besseren Job als jedes andere Land gemacht."
Ja - das hat US-Präsident Donald Trump am 10. September 2020 bei einem Wahlkampfauftritt in Freeland im Bundesstaat Michigan gesagt.
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"Ich sehe mich jetzt als Kriegspräsident.“
Ja - auch diese Aussage stammt von Trump. Sie stammt von einer Pressekonferenz zu Corona am 18. März 2020.
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"Jeder dieser Ärzte fragt: 'Warum wissen Sie so viel darüber?' Vielleicht bin ich ein Naturtalent.“
Ja - das hat Donald Trump bei einem Auftritt am 6. März 2020 mit Fachleuten der Seuchenschutzbehörde CDC gesagt.
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"Es schneit und friert in New York. Wir brauchen globale Erwärmung!"
Ja - das war ein Tweet von Trump vom 7. November 2012.
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"Ich liebe ihren oberen Körper."
Ja - das sagte Trump über das Aussehen von Halle Berry in der "Howard Stern Show" am 6. Februar 2013.
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"Ich will nichts schwabbeln sehen."
Nein - das hat nicht Trump gesagt, sondern Heidi Klum in der 11. Staffel von "Germany's Next Top Model" (GNTM) am 30. März 2018.
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"Es wird jetzt interessant - Quietschender-Hintern-Zeit nenne ich das."
Nein - es war Manchester Uniteds Trainer Alex Ferguson, der so den Kampf um die Premier-League-Meisterschaft kommentierte.
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"Das hier ist mehr Arbeit als früher. Ich dachte, es wäre leichter."
Ja – so antwortete Trump in einem Reuters-Interview am 28. April 2017.
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"Nur ich kann ewig leben."
Nein – das sagt Lord Voldemort in dem Harry-Potter-Band "Heiligtümer des Todes".
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“Meine Finger sind lang und schön, wie gut dokumentiert wurde, auch andere Teile meines Körpers."
Ja – das war Trumps Reaktion auf eine spöttische Bemerkung im Spy Magazine, in auf die er am 4. März 2011 in einem Interview mit der Promiseite "Page Six" der New York Post antwortete.
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"Wir können keinen Leuten trauen, die solch schlechtes Essen haben."
Nein – diese Aussage über die Briten machte Frankreichs Präsident Jacques Chirac am Rande des Treffens mit Bundeskanzler Gerhard Schröder und Russlands Präsident Wladimir Putin in Kaliningrad am 3. Juli 2005.
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"Ich habe ein gewinnendes Naturell. Ich weiß zu gewinnen."
Ja – das sagte Trump beim ersten TV-Duell gegen Hillary Clinton am 27. September 2016.
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"Du kommst nie bis zum Gesicht, weil der Body so gut ist."
Ja – das sagte Donald Trump über das Äußere von Paris Hilton in der "Howard Stern Show" am 7. Januar 2004.
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"Lerne immer von den Fehlern anderer, nicht von deinen eigenen – das ist der viel billigere Weg."
Ja – das ist ein Trump-Tweet vom 23. Dezember 2013.
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"Für die von uns, die es bis an die Spitze der Nahrungskette schaffen, darf es keine Gnade geben."
Nein – dieser Satz stammt von Frank Underwood aus der Netflix-Serie "House of Cards".
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"Wenn dich jemand angreift, zögere nicht. Ziele auf die Halsschlagader. Schlage massiv zurück!"
Ja – diesen Rat gibt Trump in einem 16 Seiten langen Kapitel über Rache in seinem Buch "Think Big And Kick Ass".
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"Sich zu entschuldigen ist eine großartige Sache. Allerdings musst du dafür unrecht haben."
Ja – das hat Trump gesagt im Gespräch mit Jimmy Fallon in dessen "Tonight Show" am 12. September 2015.
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"Um beliebt zu sein, muss man nett sein, jeden Tag. Um gehasst zu werden, muss man gar nichts tun."
Nein – das sagt Homer Simpson in der Serie "Die Simpsons".
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"Schwarze Typen zählen mein Geld. Ich hasse das."
Ja – so wird Trump zitiert in USA Today vom 20. Mai 1991. Das Foto zeigt Trump am 27. Februar 2017 bei einem Treffen im Oval Office mit Repräsentanten von Universitäten mit überwiegend schwarzer Studierendenschaft.
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"Ich habe Ideen, die die menschliche Existenz in den nächsten 100 Jahren besser machen kann. Punkt."
Nein – das hat Rapper Kanye West gesagt in der Talkshow von Ellen DeGeneres am 19. Mai 2016. Hier geht es zu unserem Themenarchiv: Alles über Donald Trump
Vor der Abstimmung im Senat hatte Chefankläger Jamie Raskin gesagt, die Beweislast für Trumps Verantwortung für die Erstürmung des Kapitols durch seine Anhänger am 6. Januar sei "überwältigend und unwiderlegbar". Der Kongressabgeordnete Joe Neguse warnte, dass die Gewalt "nur der Anfang" gewesen sein könnte. Trumps Anwalt Michael van der Veen stellte den Ex-Präsidenten hingegen als unschuldig dar: "Zu keinem Zeitpunkt haben Sie etwas gehört, das jemals als eine Ermutigung oder Zustimmung für einen Aufruhr durch Herrn Trump ausgelegt werden könnte" - jede gegenteilige Behauptung sei "absurd".
Verfahren mit schnellem Abschluss
Wohl auch wegen der geringen Erfolgsaussicht auf eine Verurteilung Trumps hat der Senat das Verfahren in Rekordzeit abgeschlossen und auf die Anhörung von Zeugen und zusätzliche Beweise verzichtet. Am Samstag stimmten die Senatoren für eine Befragung von Zeugen, was kurzfristig für Verwirrung sorgte und letztlich aber wieder verworfen wurde. Beide Parteien hatten ein Interesse daran, das Impeachment zu einem schnellen Abschluss zu bringen. Die Demokraten wollten verhindern, dass das Verfahren den Beginn der Amtszeit von Präsident Joe Biden überschattet und den Senat blockiert. Für die Republikaner erschien ein längeres Verfahren ebenfalls nicht wünschenswert - sie wollen in die Ära nach Trump starten.
Die Ankläger des Repräsentantenhauses hatten ihre Vorwürfe gegen Trump detailliert dargelegt und dazu auch dramatische Videoaufnahmen und eine minuziöse Nacherzählung des Angriffs auf das Kapitol genutzt. Sie beschuldigen Trump, mit seinen Wahlbetrugsbehauptungen über Monate hinweg den Boden für den Angriff bereitet und den Gewaltausbruch schließlich gezielt angezettelt zu haben. Zudem warfen sie ihm vor, keine Reue gezeigt zu haben.
Trumps Anwalt: "Absurde und monströse Lügen"
Trumps Verteidiger hatten die Vorwürfe gegen den Ex-Präsidenten am Freitag in einer kaum dreistündigen Präsentation zurückgewiesen. Es handle sich um ein ungerechtes, verfassungswidriges und politisch motiviertes Verfahren, sagte Anwalt Michael van der Veen. Die Behauptungen, dass Trump die Demonstranten angestachelt habe, seien "absurde und monströse Lügen", sagte der Anwalt. Die kritisierten Äußerungen in seiner Rede seien "gewöhnliche politische Aussagen" gewesen, die vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt seien.
Trump hat seine Niederlage bei der US-Wahl vom 3. November nie eingeräumt. Er hatte schon Monate vor der Abstimmung ohne Beweise von groß angelegtem Wahlbetrug gesprochen. Er und seine Republikaner scheiterten mit ihren Behauptungen vor Dutzenden Gerichten.
Für Trump war es bereits das zweite Amtsenthebungsverfahren, dem er sich Trump stellen musste. Beim ersten Impeachment musste er sich in der sogenannten Ukraine-Affäre wegen Machtmissbrauchs und der Behinderung von Kongressermittlungen verantworten. Im Februar 2020 wurde er am Ende jedoch vom Senat von allen Vorwürfen freigesprochen.
dpa
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