Tarifkonflikt: Bei den Metallern liegen Streiks in der Luft

15.2.2021, 16:31 Uhr
Streik liegt in der Luft: Ein Mann hält bei einem Aktionstag eine IG Metall-Flagge in der Hand.

© Marijan Murat, dpa Streik liegt in der Luft: Ein Mann hält bei einem Aktionstag eine IG Metall-Flagge in der Hand.

Die Friedenspflicht endet schon in zwei Wochen. Und im Moment sieht alles danach aus, dass diese Frist verstreichen wird, ohne dass sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite entscheidend angenähert haben. Die Fronten sind, wieder einmal, verhärtet.

Welche Vorstellungen auf dem Tisch liegen, ist rasch erklärt: Die Arbeitgeber wollen im Jahr 2021 eine Nullrunde bei Lohn und Gehalt, da die Betriebe durch die Pandemie finanziell sehr geschwächt seien. Daneben, und das stößt der IG Metall besonders sauer auf, sollen Firmen in der Krise automatisch vom Tarifvertrag abweichen können. Der bayerische IG-Metall-Bezirksleiter Johann Horn will den Arbeitgeberverband vbm damit nicht durchkommen lassen: "Die Vorbereitungen für Warnstreiks nach Ende der Friedenspflicht am 2. März laufen", sagt er.

"Es gibt keinen Verteilungsspielraum"

Die Verhandlungsführerin des Arbeitgeberverbands, Angelique Renkhoff-Mücke, sieht die Sache so: "2021 gibt es keinen Verteilungsspielraum." Die Betriebe kämpften mit dem Strukturwandel und der Corona-Pandemie, von den 840.000 Beschäftigten der Branche in Bayern seien aktuell rund 125.000 in Kurzarbeit. Nach einer Nullrunde 2021 biete der vbm für das erste Halbjahr 2022 eine Einmalzahlung an und im zweiten Halbjahr 2022 eine Tariferhöhung für mindestens zwölf Monate.

Wie hoch diese Angebote liegen, kann Renkhoff-Mücke noch nicht beziffern. Im Gegenzug, so der vbm, müssten Krisenbetriebe bei bestimmten Bilanzzahlen ohne lange Nachverhandlungen mit der IG Metall automatisch vom Tarifvertrag abweichen können, etwa beim Weihnachts- und Urlaubsgeld oder bei den Arbeitszeiten.


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Diesen Automatismus sieht die IG Metall "sehr, sehr, sehr kritisch", sagt Bezirksleiter Horn. Die bisherige Praxis, Abweichungen mit der Gewerkschaft auszuhandeln, habe sich bewährt, betont er. In der Vergangenheit habe die IG Metall in gut zwei von drei Fällen gewissen Sonderregelungen zugestimmt. Schließlich kann man nicht alle Betriebe der Branche über einen Kamm scheren – was ein Autozulieferer mit 800 Beschäftigten locker wegstecken kann, bringt einen Mittelständler mit acht Beschäftigten womöglich in arge Existenznot. Für ihn braucht es eine passgenaue Abweichung vom Tarifvertrag. Aus diesem Grund sei man auf der Gewerkschaftsseite stets flexibel und zu Einzelabsprachen bereit, erklärt Horn.

Nein zur automatischen Abweichung

Dieses "Nachverhandeln im Einzelfall“ will der vbm kippen und begründet dies damit, dass die Firmenleitungen in der Krise ohnehin schon extrem belastet seien. Horn will das nicht gelten lassen: "Angeblich bräuchten die Betriebe die automatische Abweichung wegen der Krise. Die Arbeitgeber bieten eine Lohnerhöhung aber erst fürs zweite Halbjahr 2022 an. Sie wollen die automatische Abweichung also auch in guten Zeiten. Das hat nichts mit Krisenbewältigung zu tun“, schlussfolgert er. Die IG Metall will bei einer Nullrunde nicht mitmachen, sie fordert vier Prozent mehr Lohn für die Beschäftigen - wo es in einem Betrieb schlecht läuft, in Form von Lohnausgleich bei einer Senkung der Arbeitszeit.

Die dritte Tarifrunde war zuvor ohne substanzielle Annäherung beendet worden, einen neuen Termin gibt es noch nicht. Am 1. März veranstaltet die IG Metall einen bundesweiten Aktionstag, um Mitternacht endet die Friedenspflicht in der Branche. Die IG Metall sei auch unter Corona-Bedingungen arbeitskampffähig, betont Horn. Der Ball liege jetzt bei den Arbeitgebern, sagt er: "Wenn sie einen guten Abschluss wollen, müssen sie sich bewegen."


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Renkhoff-Mücke erwiderte, auch der vbm sei jederzeit verhandlungsbereit. "Ich befürchte aber, dass wir nicht so schnell vorankommen." Streiks nach Ende der Friedenspflicht hält sie für völlig unangebracht, sie schadeten "dem Verhältnis der Tarifpartner dauerhaft", warnt sie.

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