Trumps Beziehungskrise mit dem Nachrichtensender FOX News

12.11.2020, 17:14 Uhr
Donald Trump im Interview mit einem Journalisten von FOX News Ende Oktober.

© Joyce Boghosian/White House, ZUMAPRESS.com Donald Trump im Interview mit einem Journalisten von FOX News Ende Oktober.

An dem Punkt beendete die Regie von Fox News die Übertragung, obwohl McEnany gerade erst in Fahrt gekommen war. Neil Cavuto, der Moderator, der durchs Programm führte, begründete es mit dem Mangel an belastbaren Informationen. "Lassen Sie mich das klar sagen: Sie unterstellt der anderen Seite, Betrug gutzuheißen. Solange sie keine Details bringt, um es zu belegen, können wir Ihnen das nicht guten Gewissens zeigen."


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Fox News und Trump, das war über Jahre eine Beziehung zum gegenseitigen Vorteil. Der Präsident sorgte für rekordhohe Einschaltquoten, weil man wusste, dass er sich in dem Sender gern spontan zu Wort meldete. Und der Sender sorgte dafür, dass sich der Präsident spontan zu Wort melden konnte, ohne mit Widerspruch rechnen zu müssen.

Mal geschah das im Frühstücksfernsehen, wenn eine Studiorunde bei "Fox & Friends" über Gott und die Welt plauderte und Donald Trump sich telefonisch ins Gespräch einschaltete, noch bevor er seinen Arbeitstag begann. Mal ließ sich der Mann im Weißen Haus abends mit den Moderatoren Sean Hannity, Tucker Carlson oder Laura Ingraham verbinden, um live das Zeitgeschehen zu kommentieren.

Strittige Entscheidung als Geniestreich

Hannity gilt als der eigentliche, wenn auch informelle Spin-Meister des Kabinetts, nie darum verlegen, jede noch so strittige Entscheidung als Geniestreich zu verkaufen. Carlson war im Juni vor einem Jahr in aller Munde, weil er dazu beigetragen haben soll, dass ein bereits geplanter Militärschlag gegen Iran in letzter Minute abgeblasen wurde. Bewaffnete Interventionen in der Ferne sieht er skeptisch, weil sie sich in seinen Augen mit dem "America first" schlecht vereinbaren lassen. Falls sich Trump durch den Abschuss einer US-Drohne durch die Iraner provozieren lasse und in einen Krieg hineinschlittere, soll Carlson gewarnt haben, könne er seine Wiederwahl vergessen.

Auch Ingraham versteht sich als Sprecherin einer republikanischen Parteibasis, die den Blick nach innen richtet, oft voller Misstrauen gegenüber dem Rest der Welt. Joe Bidens Programm charakterisiert sie denkbar polemisch mit dem Begriff "America last", "Amerika zuletzt". "Biden", polterte sie diese Woche, "wird eine unrühmliche Tradition des Untergrabens amerikanischer Souveränität fortsetzen". Er werde die Interessen amerikanischer Arbeiter einer Weltordnung opfern, "in der die Würfel in Übersee fallen, ohne dass sich jemand gegenüber unseren Bürgern dafür verantworten müsste".


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Nun ist es nicht so, dass bei Fox News, dem 1996 vom Magnaten Rupert Murdoch ins Leben gerufenen Lieblingskanal der Konservativen, nur Propagandisten vor der Kamera sitzen. Eher ist es so, dass es zwei Sender unter einem Dach gibt. Für den anderen, durchaus seriös, stehen Journalisten wie Neil Cavuto oder Bret Baier, Anchorman der Abendnachrichten. Oder Chris Wallace, ein alter Hase, der sonntags ein Politikmagazin moderiert und ansonsten dafür bekannt ist, in Interviews kritisch nachzuhaken.

Sachlich wie die Konkurrenz

Im Sommer blamierte sich Trump im Gespräch mit ihm bis auf die Knochen, als er damit prahlte, einen Test seiner kognitiven Fähigkeiten herausragend bestanden zu haben. Den Test kenne er, der sei ziemlich leicht, erwiderte Wallace. Beispielsweise müsse man einen Elefanten als Elefanten identifizieren und sieben von 100 subtrahieren. Am Sonntag nach der Wahl sprach der Fernsehmann von Biden als dem klaren Gewinner, so sachlich, wie es auch die Konkurrenz bei CNN tat.

Seit der Niederlage des Amtsinhabers sieht es danach aus, als segelten Leute wie Cavuto, Baier und Wallace bei Fox im Aufwind. Hinter den Kulissen, berichtet die "Washington Post", wirft Murdoch das Ruder allmählich herum, zumindest lässt er sich alle Optionen offen. Zieht Biden ins Weiße Haus ein, soll sein Aushängeschild mehr sein als das Sprachrohr verbitterter Trump-Anhänger. So eindeutig der Australier konservative Politiker favorisiert, so sehr hasst er es, auf der Verliererseite zu stehen.


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In Großbritannien wechselte er vom Lager der Tories in das von New Labour, der weichgespülten Sozialdemokratie, als der Senkrechtstarter Tony Blair sich anschickte, seine erste Wahl zu gewinnen. "Give Change a Chance!", titelte 1997 die "Sun", Murdochs auflagenstärkstes Boulevardblatt. Ähnliches könnte sich nun in den USA wiederholen, erste Anzeichen dafür gibt es bereits. "It‘s Joe Time!", war am vergangenen Sonntag unter Anspielung auf Bidens Sieg auf der Titelseite der schrillen "New York Post", dem amerikanischen Gegenstück zur "Sun", zu lesen.

Beginn der Beziehungskrise

Begonnen hat die Beziehungskrise zwischen dem Präsidenten und dem Magnaten bereits vor Monaten, kurz bevor der Wahlkampf in seine heiße Phase ging. Trumps Team bat um eine Art Mengenrabatt für die vielen Werbespots, die man zu schalten gedachte. Der Sender lehnte ab, was Trump als persönlichen Affront empfunden haben soll. Was das Blut seiner Anhänger so richtig in Wallung brachte, war die Tatsache, dass Fox News Biden noch in der Wahlnacht, um 23.20 Uhr am 3. November, zum Sieger in Arizona erklärte, während auf anderen Kanälen von einem offenen Rennen die Rede war.

Ausgerechnet Fox. Ausgerechnet Arizona, lange eine Hochburg der Republikaner. "Fox News stinkt!", skandierten Trump-Fans, die sich in Phoenix vor einem Gebäude versammelten, in dem Stimmen ausgezählt wurden. Der Präsident wiederum, meldet die gewöhnlich gut informierte Online-Plattform Axios, denkt über die Gründung eines eigenen digitalen TV-Kanals nach. Die Quelle, auf die sich die Website beruft, hat das Motiv in zwei Sätzen zusammengefasst. "Er will Fox in den Ruin treiben. Daran kann nicht der geringste Zweifel bestehen."

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