Klausur der Fraktionsspitze
Union nimmt schon erhofften Regierungswechsel in den Blick
5.9.2024, 04:02 UhrDie Unionsfraktion im Bundestag kommt mit demonstrativem Selbstvertrauen aus der Sommerpause zurück und nimmt ein Jahr vor der Wahl schon den angestrebten Regierungswechsel in den Blick. "Wir beschäftigen uns praktisch gar nicht mehr oder ganz wenig nur am Rande mit dem, was von dieser Koalition kommt", sagte der Vorsitzende Friedrich Merz (CDU) zum Auftakt einer Klausur der Fraktionsspitze im brandenburgischen Neuhardenberg. Man werde sich stärker mit Themen auseinandersetzen, "die wir erwarten als die wichtigsten Themen für eine spätere Regierungstätigkeit".
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt ergänzte: "Wir treffen uns hier in Neuhardenberg auch, um die Regierungsübernahme in Berlin vorzubereiten." Die Ampel verzichte in diesem Jahr sogar auf ihre regelmäßige "Therapiesitzung" in Meseberg - gemeint ist die Kabinettsklausur im Gästehaus der Bundesregierung in Schloss Meseberg. "Therapie abgebrochen, Verhältnis unkittbar zerrüttet", lautete Dobrindts Schlussfolgerung. Merz ging davon aus, dass die Auseinandersetzungen zwischen SPD, Grünen und FDP in den kommenden Monaten eher noch zunehmen werden.
Ungelöste K-Frage schwebt über den Beratungen
Wie bei allen Beratungen der Union derzeit steht auch in Neuhardenberg die ungelöste K-Frage im Raum. Merz sagte der Deutschen Presse-Agentur vor der Klausurtagung: "Markus Söder und ich werden in naher Zukunft darüber sprechen." Es werde selbstverständlich auch mit den Landesvorsitzenden der CDU gesprochen. "Und am Ende des Tages machen die beiden Parteivorsitzenden von CDU und CSU einen gemeinsamen Vorschlag, den sie dann auch gemeinsam durchtragen."
Merz betonte: "Diese Verabredung, die Markus Söder und ich vor zweieinhalb Jahren getroffen haben, gilt." Er bekräftigte erneut, dass die Entscheidung "im Spätsommer" getroffen werde. Genauer wollte sich Merz auch in Neuhardenberg nicht zu dieser Frage äußern. Söder hatte Aufmerksamkeit erregt, als er beim Gillamoos-Volksfest in Niederbayern sagte: "Für mich ist Ministerpräsident das schönste Amt. Aber ich würde mich nicht drücken, Verantwortung für unser Land zu übernehmen."
Merz verteidigt Ultimatum zum Migrationsthema
Der Partei- und Fraktionsvorsitzende verteidigte in Neuhardenberg sein Ultimatum, das er der Ampel für ein Fortsetzen der Migrationsgespräche gesetzt hatte. Er verlangt bis zum kommenden Dienstag eine verbindliche Zusage der Bundesregierung, dass es künftig an den deutschen Grenzen Zurückweisungen von Flüchtlingen geben soll, für deren Asylverfahren die Bundesrepublik gar nicht zuständig ist.
"Die Entscheidungsgrundlagen liegen alle auf dem Tisch", sagte Merz. "Die Bundesregierung weiß, dass es rechtlich zulässig und möglich ist, an den deutschen Außengrenzen zurückzuweisen. Sie muss jetzt eine politische Entscheidung treffen." Dafür brauche man keine langen Diskussionen mehr. "Deswegen habe ich eine Bitte geäußert, nämlich, dass wir jetzt schnell entscheiden." Sollte sich die Bundesregierung dazu nicht in der Lage sehen, gebe es aus Sicht der Union keinen weiteren Beratungsbedarf mehr.
Union fordert Einsatz von Gesichtserkennungssoftware
Für die Beratungen des geschäftsführenden Vorstands der Unionsfraktion wurden die Positionen von CDU und CSU nochmals in einem Papier zusammengefasst. Dieses enthält auch Forderungen zur Erhöhung der inneren Sicherheit wie die Speicherung von IP-Adressen und den Einsatz von Gesichtserkennungssoftware. "Unsere Sicherheit gerät in Gefahr, wenn unsere Welt sich immer weiter digitalisiert, unseren Sicherheitsbehörden dies aber aus ideologischen Gründen verwehrt wird", heißt es darin.
Merz rechnet kaum noch mit der FDP
Merz rechnet mit Blick auf mögliche Koalitionsmöglichkeiten nach der Bundestagswahl 2025 kaum noch mit der FDP, die Jahrzehnte als natürlicher Verbündeter der Union galt. Die FDP sei in einer so schlechten Verfassung, dass man davon ausgehen müsse, dass sie bei der Wahl möglicherweise erneut aus dem Bundestag herausfalle, sagte Merz der dpa. "Was ich im Augenblick sehe, spricht eher dafür, dass die FDP mittlerweile wieder auf dem Sterbebett liegt."
Merz sagte, er teile die kritische Haltung von CSU-Chef Markus Söder zu den Grünen, "so wie sie heute hier in Berlin Politik machen". Sie seien derzeit eine Partei, die Menschen bevormunde, in der Wirtschaftspolitik versage und immer noch "mit ihrer alten grünen Ideologie" unterwegs sei. Mit "diesen Grünen von heute" werde man derzeit sicherlich auch in der CDU keine Zustimmung für eine Zusammenarbeit finden. Was nächstes Jahr um diese Zeit sein werde, wisse man nicht.
Wenn sie zu acht oder neun Prozent in der Lage wäre, könnte man mit der FDP sicherlich auch weiter rechnen. "Offen gestanden, ich rechne heute mit dieser FDP nicht mehr", fügte der Unionsfraktionschef aber hinzu. "Was ich im Augenblick sehe, spricht eher dafür, dass die FDP mittlerweile wieder auf dem Sterbebett liegt."
Kritische Sicht auf "Grüne von heute"
Merz sagte, er teile die kritische Haltung von CSU-Chef Markus Söder zu den Grünen, "so wie sie heute hier in Berlin Politik machen". Sie seien derzeit eine Partei, die Menschen bevormunde, in der Wirtschaftspolitik versage und immer noch "mit ihrer alten grünen Ideologie" unterwegs sei. Mit "diesen Grünen von heute" werde man heute sicherlich auch in der CDU keine Zustimmung für eine Zusammenarbeit finden. Was nächstes Jahr um diese Zeit sein werde, wisse man nicht.
Der CDU-Chef bekräftigte: "Wir schließen aus, mit der AfD zusammenzuarbeiten und auch mit der Linkspartei, wenn es sie dann überhaupt noch gibt. Dazu haben wir klare Parteitagsbeschlüsse."
Entscheidung in K-Frage "gemeinsam durchtragen"
Mit Blick auf die anstehende Entscheidung über die Kanzlerkandidatur der Union sagte Merz: "Markus Söder und ich werden in naher Zukunft darüber sprechen." Es werde selbstverständlich auch mit den Landesvorsitzenden der CDU gesprochen.
"Und am Ende des Tages machen die beiden Parteivorsitzenden von CDU und CSU einen gemeinsamen Vorschlag, den sie dann auch gemeinsam durchtragen. Diese Verabredung, die Markus Söder und ich vor zweieinhalb Jahren getroffen haben, gilt." Merz bekräftigte, dass die Entscheidung "im Spätsommer" getroffen werde.
Klausur mit Schwerpunkt Migration
Nach dem Ende der parlamentarischen Sommerpause kommt die Spitze der Unionsfraktion heute im brandenburgischen Neuhardenberg zu einer zweitägigen Klausur zusammen. Dabei soll vor allem über die Themen innere Sicherheit, Migration und moderner Staat beraten werden, wie vorab angekündigt wurde.
Als Gäste erwartet werden unter anderem Bundespolizei-Präsident Dieter Romann und der Migrationsforscher Ruud Koopmans von der Berliner Humboldt-Universität. In Brandenburg wird am 22. September ein neuer Landtag gewählt.
Die Klausurtagung findet wenige Tage vor einem möglichen zweiten Migrationstreffen von Bundesregierung, Union und Ländern statt. Die Spitze der Unionsfraktion dürfte ihre Position bekräftigen, dass die Zuwanderung nach Deutschland spürbar begrenzt werden müsse. Dafür halten CDU und CSU Kontrollen an den deutschen Grenzen und ein Zurückweisen solcher Flüchtlinge für zwingend erforderlich, für deren Asylverfahren ein anderer EU-Mitgliedstaat zuständig ist.
Merz stellte der Ampel am Mittwochabend bei einer Wahlkampfveranstaltung in Brandenburg an der Havel ein Ultimatum: "Wenn die Bundesregierung nicht bereit ist, bis zum nächsten Dienstag uns eine verbindliche Erklärung zu geben, dass der unkontrollierte Zuzug an den Grenzen gestoppt wird und diejenigen, die immer noch kommen, an den Grenzen in Deutschland zurückgewiesen werden, dann machen weitere Gespräche mit der Bundesregierung keinen Sinn."