Wahl in Österreich: Die FPÖ hat sich selbst zerlegt

29.9.2019, 20:32 Uhr
Herbert Kickl, Fraktionsvorsitzender der FPÖ, bei einem Auftritt im Medienzentrum der Wiener Hofburg am Wahl-Sonntag.

© Helmut Fohringer/dpa Herbert Kickl, Fraktionsvorsitzender der FPÖ, bei einem Auftritt im Medienzentrum der Wiener Hofburg am Wahl-Sonntag.

Das ganze Land hatte gerätselt, ob die Wähler die rechtslastige FPÖ nach der unsäglichen "Ibiza-Affäre" wirklich abstrafen oder nur milde tadeln würden. Nun ist klar: Eine derart korrupte Truppe will eine überwältigende Mehrheit der Österreicher nicht in einer Regierung sehen.

Offenkundig hat sich in den letzten Tagen vor der Wahl noch einiges verschoben. Die eigentliche Botschaft ist weniger, dass Ex-Kanzler Sebastian Kurz mit seiner konservativen ÖVP weiterregieren kann. Das war als gesichert angesehen worden. Er hat aber selbst die prognostizierten 34 Prozent noch deutlich getoppt. Die jüngste Skandalgeschichte, in der es um ein üppiges Spesenkonto ging, über das der ehemalige FPÖ-Übervorsitzende Heinz-Christian Strache selbstherrlich verfügt hatte, trieb offenbar noch mehr Wähler ins Kurz-Lager. Sehr geschickt hat der österreichische Polit-Star in den Tagen vor der Wahl, wenn auch deutlich gemäßigter als die FPÖ, erneut das Thema Migration ins Zentrum gestellt, das in Österreich noch brisanter ist als in Deutschland.

Noch bemerkenswerter als Kurz’ Sieg ist aber etwas anderes: Gegenüber der Wahl von 2017 haben die Parteien des bürgerlichen Spektrums um rund 13 Prozentpunkte zugelegt. Auch in Österreich könnte der Aufstieg der Rechtspopulisten seinen Zenit überschritten haben. Die Grünen, die zuletzt überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten waren, sind mit ihrem Zuwachs von rund zehn Prozentpunkten denn auch der eigentliche Sieger der Wahl.

Vielleicht reicht es für zwei

Das unerwartet klare Votum der Österreicher erspart dem alten und vermutlich neuen Kanzler Kurz auch die befürchteten Qualen bei einer Regierungsbildung. So, wie es nach den vorläufigen Zahlen aussieht, könnte die ÖVP nur einen Partner für eine tragfähige Regierung brauchen statt zwei, die sehr weit auseinanderliegen. In Österreich könnte es für Schwarz-Grün reichen. Das wäre kompliziert, aber sicher einfacher als auch die liberalen Neos mit ins Boot zu nehmen. In jedem Fall muss Kurz sich nicht mit dem Gedanken an eine ungeliebte Neuauflage einer Großen Koalition mit der SPÖ abplagen.

Österreichs Sozialdemokraten sind immerhin mit einem blauen Auge davongekommen. Einige Demoskopen hatten ihnen schon einen Absturz auf die 20-Prozentmarke vorhergesagt. Nun sind es doch noch 22 geworden. Auch das ein herber Verlust, aber immerhin nicht ganz hoffnungslos.

Wichtig aber ist: Die Rechtspopulisten werden in Österreich nicht mehr in der Regierung sitzen. Nicht Kurz hat sie dezimiert, wie er sich das ursprünglich wohl ausgemalt hatte. Sie haben sich selbst zerlegt. Auch für den Rest Europas ist das ein ermutigendes Signal.

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