Wer profitiert von der Berg- und Talfahrt der Spritpreise?

25.5.2019, 05:54 Uhr
Die Kosten von Benzin und Diesel schwanken täglich immer stärker. (Symbolbild)

© Oliver Berg/dpa Die Kosten von Benzin und Diesel schwanken täglich immer stärker. (Symbolbild)

Die eigene Erinnerung sagt ja, die "Markttransparenzstelle für Kraftstoffe" beim Bundeskartellamt bestätigt den von vielen geteilten Eindruck dagegen nicht. "Auch im Jahr 2018 waren für Ostern und Pfingsten keine auffällig erhöhten Kraftstoffpreise zu beobachten", schriebt sie in ihrem Mitte April erschienenen Jahresbericht.

Das bedeutet freilich nicht, dass die Konzerne ihr von der Rotterdamer Rohölnotierung völlig entkoppeltes Spiel mit dem Benzin- und Dieselpreis aufgegeben hätten. Ganz im Gegenteil. Sie haben es seit Jahren nur extrem verfeinert. Weniger saisonbedingt ist ihr Drehen am Preisrädchen mittlerweile. Im gleichen Gleichschritt wie früher wird inzwischen Tag für Tag der Sprittarif mehrfach verändert. An ein und derselben Tankstelle kann das innerhalb von 24 Stunden zu Schwankungen von zehn Cent und mehr pro Liter führen. Als grobe Regel gilt: Am Morgen muss am meisten bezahlt werden, am Abend am wenigsten.


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Auch die Spezialisten vom Bundeskartellamt tun sich in ihrem Jahresbericht allerdings schwer, das Auf-und-ab-Spiel an den Zapfsäulen der Republik noch als einigermaßen nachvollziehbaren Zyklus zu beschreiben. Nach der Tagesspitze am frühen Morgen setzt nämlich nach einem ersten Absenken bereits um 10 Uhr meist schon wieder eine vorübergehende Anhebung ein. Dann geht es wieder nach unten, bevor die gegen 13 Uhr die Mittagsanhebung und nach deren Abklingen ab 16 Uhr die Nachmittagsanhebung stattfinde. Stabilste Niedrigpreisphase ist laut Kartellamt die Zeit zwischen 19 und 22 Uhr. Man darf davon ausgehen, dass den Zentralen der Mineralölkonzerne noch differenziertere Preisstrategien einfallen werden.

Wer viel mit dem Auto unterwegs ist, hat auf alle Fälle gute Gründe, sich am Ort um die aktuelle Preissituation zu kümmern. "Innerhalb einer Stadt", schreibt die Markttransparenzstelle, "können im Tagesverlauf Unterschiede von bis zu 20 Cent/Liter bestehen, in Einzelfällen sogar noch größere." Bei einer Tankfüllung von 50 Litern geht es dann immerhin schon um zehn Euro Einsparpotenzial. Nach Möglichkeit ganztägig meiden sollte man Autobahntankstellen. Nach Angaben der Kartellamts-Statistiker waren sie 2018 "im bundesweiten Mittel rund 15 Cent/Liter teurer als andere Tankstellen."


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Eine Besonderheit des vergangenen Jahrs war das plötzliche Preishoch für Sprit im Oktober und November. Mit der Situation am Rohölmarkt hatte es nichts zu tun. Die Konzerne rechtfertigten den Kostenanstieg damals mit dem trockenheitsbedingten Niedrigpegelstand des Rheins. Tatsächlich konnten deshalb die Binnenschiffe auf ihrem Weg von Rotterdam zu den Raffinerien weniger stark beladen werden. Allerdings bezweifelten Experten, dass es in der Folge tatsächlich zu Engpässen, die das Preishoch hätten rechtfertigen können, gekommen sei. Auffälligerweise brach zur gleichen Zeit auf dem von einer stärkeren Konkurrenzsituation geprägten Heizölmarkt der Preis ein.

Bleibt die Frage, wer vom Auf und Ab der Spritkosten eigentlich am stärksten profitiert. Der Staat kann die täglichen Preisschwankungen an den Tankstellen gelassen beobachten. Die Sätze der an ihn abzuführenden Energiesteuer sind festgeschrieben. Pro Liter Benzin sind 65,45 Cent, pro Liter Diesel 47,04 Cent an den Fiskus zu zahlen – zuzüglich jeweils 0,27 Cent Erdölbevorratungsbeitrag, die der Staat dazu nutzt eine 90-Tage-Reserve an Rohöl- und Mineralölprodukten für Krisenfälle bereitzuhalten. Mit dem jeweiligen Spritpreis schwanken lediglich die Einnahmen, die der Staat über die zusätzlich fälligwerdenden 19 Prozent Mehrwertsteuer verbucht.

Die Redaktion der unabhängigen Fachpublikation Energie-Informationsdienst (EID) hat im vergangenen Jahr mit Hilfe der britischen Beratungsgesellschaft Wood Mackenzie versucht zu ermitteln, welche Gewinnmargen vom Rest der Treibstoffpreise übrigbleiben und wie sie sich verteilen. Nach Abzug der Bezugskosten und der Steuern können die Mineralölkonzerne verbleiben bei Benzin demnach etwa zehn Cent, bei Diesel neun Cent. Davon gehen dann noch Transport- und Marketingkosten ab. Am Ende liegt der Gewinn pro Liter laut EID noch bei gut zwei Cent. Der Tankstellenbetreiber erhalte davon maximal einen Cent – teilweise nur einen halben.

Diese Rechnung stützt die Klage der Pächter, sie könnten vom Treibstoffverkauf alleine längst nicht mehr existieren und seien auf die Umsätze in ihren Tankstellen-Shops angewiesen. Getränke, Zigaretten, Schokoriegel und immer mehr Artikel des täglichen Bedarfs sind in den Tankstellen rund um die Uhr zu haben. Die Gewinnmargen bei diesen deutlich über den Preisen des Einzelhandels angebotenen Artikeln liegen weit über denen des Spritverkaufs.

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