Wo der Klimawandel in der deutschen Politik herrührt

3.8.2019, 12:56 Uhr
Die Stickoxid-Grenzwerte im Straßenverkehr wurden erst zum politischen Thema, als die deutsche Umwelthilfe Klage um Klage gewann.

© Rolf Vennenbernd/dpa Die Stickoxid-Grenzwerte im Straßenverkehr wurden erst zum politischen Thema, als die deutsche Umwelthilfe Klage um Klage gewann.

Denn die regierenden Politiker haben in Sachen Klima häufig nach dem Motto agiert: Es muss etwas passieren, aber es darf sich nichts ändern. Zum Beispiel bei Autos, die auf dem Prüfstand die Stickoxid-Werte vorbildlich einhielten. Auf der Straße leider nicht, das legten auch Messungen an Straßen nahe. Den Ursachen für diese offensichtliche Diskrepanz aber wollte keine Behörde freiwillig auf den Grund gehen.

Oder, nochmal Stickoxid, bei den Grenzwerten an Straßen. Die wurden, obwohl rechtsverbindlich, von den Städten über Jahre ignoriert. Erst als die Deutsche Umwelthilfe Klage um Klage gewann, musste reagiert werden. Eine Konsequenz: Berlin erhöhte die Grenzwerte. Oder Braunkohlekraftwerke. Diese Dreckschleudern ließen die diversen Merkel-Regierungen Jahr um Jahr laufen. Erst als die internationale Blamage perfekt war - nämlich dasss Deutschland die für 2020 zugesagten Klimaziele nicht einhalten wird - , gab es Bewegung. Jetzt werden die Kohlekraftwerke nach und nach abgeschaltet, das letzte allerdings erst, kein Tippfehler, 2038.

Der Hype um die Grünen, der steile Beliebtheits-Anstieg des bayerischen Regierungschefs Markus Söder nach dem überraschenden Einschwenken auf Öko-Kurs zeigen: Die Schüler-Bewegung Fridays for Future ist kein isoliertes Phänomen. Die Demonstrationen spiegeln den Wandel im gesellschaftlichen Bewusstsein wieder. Das heißt aber auch: Die Politik muss jetzt handeln, wenn sie glaubwürdig bleiben will.

Und zwar muss sie wirkliche Veränderungen herbeiführen, nicht nur so tun, als ob. Das aber trifft jeden von uns. Es wird kein Weg daran vorbeiführen, dass der Ausstoß von Kohlendioxid mehr kosten muss. Dabei ist es prinzipiell egal, ob das über eine direkte Steuer oder über Zertifikate passiert. Es bedeutet unter dem Strich: Heizen, Autofahren oder Fliegen wird teurer. Und das heißt auch: Menschen müssen Geld in die Hand nehmen. Um Heizungen von Öl auf Gas umzustellen, Gebäude zu dämmen oder Autos mit günstigen Verbrauchswerten zu kaufen. Das wird nicht jedem passen - und deshalb Wählerstimmen kosten. Mit anderem Worten: Es ist der Lackmustest, ob den Worten auch Taten folgen.

Keine Regierung ohne die Grünen

Dieser Mut ist es, der jetzt gefragt ist. Und die Fähigkeit, möglichst viele Menschen bei den notwendigen Schritten mitzunehmen. Die Grünen haben es dabei etwas leichter, weil sie (noch) in der Opposition sind. Aber es sieht laut Umfragen so aus, als ob es nach der nächsten Wahl keine Regierung ohne sie geben könnte.

Markus Söder dagegen steht in der Verantwortung. Im kommenden Monat verhandelt der Europäische Gerichtshof darüber, ob bayerischen Amtsträgern Zwangshaft angedroht werden kann, weil sie nichts oder zuwenig gegen überhöhte Stickstoffwerte an Straßen tun. Söder könnte dem Verfahren den Boden entziehen und handeln.

Verwandte Themen


27 Kommentare