Zu unfränkisch: Zwist um Haus der Bayerischen Geschichte

27.10.2019, 05:56 Uhr
Zu unfränkisch: Zwist um Haus der Bayerischen Geschichte

© Foto: Uwe Moosburger/altrofoto.de

Barbara Ohm ist um starke Worte nicht verlegen. Das Haus der Bayerischen Geschichte, ein Landesmuseum für alle? Ganz sicher sei es das nicht, vielmehr ein Akt "bayerischer Selbstdarstellung", eine "urbayerische Selbstbeweihräucherung", ein "oberbayerisches Wohlfühlmuseum". Was die erzürnte, ehemalige Fürther Stadtheimatpflegerin vermisst: eine angemessene Würdigung Frankens innerhalb Bayerns.

Das Museum, erst im Juni dieses Jahres in Regensburg mit spektakulärer Architektur direkt an der Donau eröffnet, war ein Herzensprojekt des damaligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer. Er wollte dem Haus der Bayerischen Geschichte, das jährlich die Landesausstellungen als Wanderschau im Freistaat organisiert, ein Heim geben. In seiner Regierungserklärung 2008 ordnete er mehr oder weniger an, dass Bayern ein Landesmuseum bekommt.

Kritik reißt nicht ab

Das neue Museum allerdings musste erst einmal gefüllt werden. Denn einen Depotbestand hatte das Haus der Bayerischen Geschichte natürlicherweise gar nicht. 300 private Spender ergänzten mit Alltagsgegenständen die neue Sammlung. In Augsburg, am Verwaltungssitz des Hauses der Bayerischen Geschichte, bestand die Chance, die Geschichte Bayerns ab 1805, der Zwangseinigung Bayerns unter Napoleon, völlig neu zu zeigen.

Erste Kritik nach der Eröffnung am angeblich fehlenden Frankentum konterte das Haus der Bayerischen Geschichte kühl. So wies man darauf hin, dass es immer nur eine Auswahl sei, die man treffen müsse und Franken sehr wohl vertreten sei. Mit dieser Art von Kritik sei man "vertraut". Doch "diese Art von Kritik" will nicht abreißen, je mehr Menschen das Landesmuseum selbst gesehen haben. Inzwischen melden sich vor allem fränkische Museumsmacher und Heimatpfleger zu Wort, die empört vom Regensburger Donau-Ufer zurückkehren.

Es liegt eine Tragik darin, dass die fränkischen Gefühle verletzt wurden, trotz der heiligen Proporz-Gelöbnisse, die der Chef des Hauses der Bayerischen Geschichte, Richard Loibl, bei der Eröffnung abgelegt hat. Denn Bayerns erstes Landesmuseum ist grundsätzlich gelungen, das betonen selbst Kritiker wie Fürths Museumschef Martin Schramm.

Alle Vorurteile bestätigt

Wenn da nicht Stationen wären, die alle Vorurteile gegenüber altbayerischer Dominanz bestätigen. Da sind die übergroßen Porträts der bayerischen Könige. Da ist das "eigene Kabinett" (Ohm) für den FC Bayern München samt dreiminütigem PR-Film. Und da ist noch die Vitrine mit Münchner Bierkrügen, stellvertretend für Bayerns Bierkultur.

Der Historiker Peter Wolf, einer der Stellvertreter Richard Loibls, verweist auf die jährlichen Landesausstellungen, die durch alle bayerischen Regierungsbezirke touren. Sie dürfe man nicht vergessen, betrachte man die Arbeit des Hauses der Bayerischen Geschichte. Hier würden alle Bevölkerungsgruppen Bayerns repräsentiert. In der Dauerausstellung des neuen Museums dagegen habe man versucht, "einen gesamtbayerischen Ansatz zu fahren".

Ein Übergewicht Oberbayerns will Wolf nicht so recht entdecken. Dass der FC Bayern München das Thema Sport im Freistaat quasi im Alleingang bestreitet, erklärt Loibls Stellvertreter mit der "Marke Bayern München". Dieser Verein genieße nun einmal eine weltweite Beachtung, anders als der 1. FC Nürnberg.

"Ständige Motzer"

Dieses Argument ist aktuell schwer zu entkräften. Doch Barbara Ohm erkennt in der Regensburger Konzeption fehlende Sensibilität. Sie sei erstaunt, "wie man im Jahr 2019 mit Geschichte umgeht". Nicht nur stört sie, dass "die SpVgg und der Club nur Fußnoten sind", sondern der "Umgang mit Geschichte". So werde die Phase der Industrialisierung Bayerns stiefmütterlich behandelt. Ihr Verdacht: "Weil sie sich nicht in Oberbayern abgespielt hat."

Die Museumsmacher mögen das alles geahnt haben. Auf einer Tafel im Kulturkabinett ist launig über die Auswahl zu lesen: Proporz sei in Bayern Gesetz, jedoch "findet sich in Franken bestimmt jemand, der sich trotzdem beschwert." Bei Olaf Seifert, 31 Jahre lang Chef des Tourismusverbandes Franken, ging der ironisch gemeinte Satz prompt nach hinten los. Der fleißige Museumsbesucher beschwerte sich bei Hausherr Richard Loibl und erhielt als Antwort, dass in dem monierten Satz ein "wahrer Kern steckt", weil sich Seifert – "nichts für ungut" – ja beschwert habe. Seifert: "Wenn man die Franken als ständige Motzer hinstellt, dann bitte die Oberbayern als arrogant und die Schwaben als geizig."

Versöhnlicher klingen inzwischen die Worte aus Augsburg. Peter Wolf ist "froh" über die große Resonanz auf das Museum. Wenn Ironie und Klischees nicht als solche zu erkennen seien, wolle er noch mal genauer hinschauen.

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