Tiefgehende Analyse

Nimmt die Brutalität junger Menschen zu? Polizei in Bayern zieht Bilanz - so sieht das Ergebnis aus

Minh Anh Nguyen

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Johanna Michel

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01.02.2025, 09:34 Uhr
Das Bayerisches Landeskriminalamt zieht eine deutliche Bilanz. (Symbolbild)

© Karl-Josef Hildenbrand/dpa / Felix Kästle/dpa Das Bayerisches Landeskriminalamt zieht eine deutliche Bilanz. (Symbolbild)

Am Freitag, 31. Januar, hat das Bayerische Landeskriminalamt die diesjährige Polizeiliche Kriminalstatistik veröffentlicht. Im diesjährigen Sonderteil "Kriminalität und Viktimisierung junger Menschen in Bayern 2023" haben die Beamten sich damit beschäftigt, wie sich die durch Kinder und Jugendliche begangene Gewaltdelikte verändert haben. "Hierzu wurden auf der Basis einer Zufallsstichprobe rund 300 polizeilich registrierte Körperverletzungs- und Raubdelikte jeweils aus den Jahren vor und nach der Covid-19-Pandemie (2019 und 2022) systematisch analysiert", erklären die Beamten ihre Untersuchung.

Die qualitative Unterscheidung wurde anhand der eingesetzten Tatmittel (beispielsweise Hand, Fuß oder Messer), spezifischen Begehungsweisen (zum Beispiel Schubsen, Schlagen oder Stechen) sowie der Verletzungsgrade der Opfer bemessen. Laut Untersuchung gab es hinsichtlich Tatmittel und Begehungsweise im Allgemeinen keine qualitative Veränderung. Anhand geringer Fallzahlen gibt es dennoch Hinweise im Bereich der Tatmittel.

Stichproben ergaben, dass Kinder 2022 bei vorsätzlichen oder leichten Körperverletzungen häufiger ihre Fäuste eingesetzt haben, als zuvor noch in 2019. Jugendliche haben bei gefährlichen beziehungsweise schweren Körperverletzungen und bei Raubdelikten in 2022 häufiger das Messer als Tatmittel verwendet.

Verletzungsgrade von Opfern ausgewertet

Geht es um die Verletzungsgrade der verzeichneten Opfer bei Taten von Kindern, so ist in der Stichprobe aktuell festzustellen, dass es bei Raubdelikten zunehmend leicht Verletzte gibt – die Anzahl aber immer weiter steigt. In Hinblick auf das Verletzungsbild und einen detaillierten Verletzungsgrad nimmt die Intensität der Gewaltdelikte aber eher ab.

Wie das LKA in dem Bericht erklärt, waren im Jahr 2022 im Vergleich zu 2019 die Verletzungen in Form von Prellungen und Schürfwunden zurückgegangen, stattdessen kam es vermehrt zu verstärkten Schmerzempfindungen und Rötungen, die Opfer erlitten.

Allerdings sieht das bei den Jugendlichen Straftätern anders aus. In dieser Altersgruppe werden laut LKA weder bei den Körperverletzungen noch bei den Raubdelikten bedeutsame Veränderungen der Verletzungsgrade verzeichnet. Anders aber beim Verletzungsbild: "In 2022 wurden bei den Opfern häufiger Prellungen und Schürfwunden registriert als in 2019. Gleichzeitig steigt die Zahl der Frakturen an, wobei schwer verletzte Opfer in beiden Erhebungsjahren zahlenmäßig deutlich unterrepräsentiert sind", heißt es in der Mitteilung.

Mehrere Faktoren berücksichtigt

Das LKA hat in einer weiteren Analyse auch die "qualitätsentscheidenden Merkmale" aus den Bereichen Körperverletzung und Raubdelikte bewertet. Auch die Anzahl der Tatpersonen wurde dabei berücksichtigt. Hierbei wurde der Mitteilung zufolge aber festgestellt, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass eine "zunehmende Verrohung und Brutalisierung der Gewalt durch Kinder und Jugendliche" vorliegt.

Eine minimale Steigerung gebe es aber bei Raubdelikten. Diese sei statistisch aber nicht nachweisbar und prozentual auch sehr gering. Im Vergleich zu Körperverletzungen sei diese Steigerung laut LKA aber – insbesondere bei Jugendlichen – auffällig.

Tatverdächtige: Jugendliche vs. Kinder

Allgemein stellen die Beamten fest, dass die Tatverdächtigenzahl bei den Jugendlichen und Heranwachsenden 2023 im Vergleich zum Vorjahr leicht angestiegen ist. Bei Kindern stagniere die Zahl hingegen auf einem ähnlich hohen Niveau. 2022 wie 2023 befanden sich die Zahlen jedoch auf dem Höchststand seit dem Berichtsjahr 2014.

2023 wurden - in Hinblick auf die einzelnen Delikte - mehr Kinder und Jugendliche des Ladendiebstahls verdächtigt. In allen Altersgruppen war die Tatverdächtigenzahl angestiegen - daraus ergab sich erneut ein Höchststand innerhalb der vergangenen zehn Jahre, der erreicht wurde. Im Deliktfeld der Gewaltkriminalität und der gefährlichen, beziehungsweise schweren Körperverletzung weisen Kinder (+15,3 % bzw. +14,1 %) und Jugendliche (+11,5 % bzw. +13,7 %) deutliche Zuwächse auf. Betrachtet man vorsätzliche beziehungsweise leichte Körperverletzungen steigen hier nur die Zahlen der Jugendliche deutlich an (13,7 %). Bei den Jugendlichen waren ebenfalls die Zahlen bei Raubdelikten angestiegen. Hier gab es 28,4 Prozent mehr verdächtige (Heranwachsende: + 26,7 %, Kinder 17,4 %).

Insgesamt machen junge Menschen im Alter von acht bis 20 Jahren 20,8 Prozent der gesamten Tatverdächtigen in Bayern aus. Wie das BKA erklärt, wurden im Jahr 2023 insgesamt 266.390 Tatverdächtige registriert, 55.297 davon waren junge Menschen.


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