Erlanger Oberarzt erklärt:

Deshalb wird Erwachsenen beim Schaukeln schneller schlecht

6.5.2022, 05:55 Uhr
Schaukeln fördert die Entwicklung von Kindern und macht einfach Spaß.

© imago images/Westend61 Schaukeln fördert die Entwicklung von Kindern und macht einfach Spaß.

"Die Sensoren des Gleichgewichtsorgans sitzen in den beiden Innenohren", sagt Dr. Frank Waldfahrer, Oberarzt der Hals-Nasen-Ohren-Klinik, Kopf- und Halschirurgie, des Uniklinikums Erlangen. Sie können sowohl Linear- als auch Winkelbeschleunigungen erkennen.

Das Gehirn verarbeitet die Daten aus diesen Sensoren zusammen mit Daten aus den Augen und den Daten des sensiblen Nervensystems - beispielsweise von den Fußsohlen und den Muskeln - mit dem Ziel, das Blickfeld zu stabilisieren.

Fähigkeit muss trainiert werden

Dr. Frank Waldfahrer, Oberarzt der Hals-Nasen-Ohren-Klinik, Kopf- und Halschirurgie, des Universitätsklinikums Erlangen.

Dr. Frank Waldfahrer, Oberarzt der Hals-Nasen-Ohren-Klinik, Kopf- und Halschirurgie, des Universitätsklinikums Erlangen. © Uni-Klinikum Erlangen

Anders als bei einer einfachen Videokamera sehen wir immer ein ruckfreies Bild, auch wenn wir den Kopf bewegen. Diese Fähigkeit muss aber erst trainiert werden: In den ersten zwei bis drei Lebensjahren speichert das Gehirn individuell-normale Bewegungsabläufe. Deshalb erfreuen sich kleine Kinder auch am Wippen, am Schaukeln und am Karussellfahren. Je intensiver in dieser Lernphase das Gleichgewichtssystem gefordert wird, desto robuster wird es auch im Erwachsenenalter.

Beispielhaft sieht man das an alpinen Kleinkindern, die mit dem Laufen auch das Skifahren lernen. Diese Kinder beherrschen diese Fortbewegungsart später viel sicherer, als wenn sie mit 20 Jahren erstmals auf Skiern stehen würden. Das gut trainierte Gleichgewichtssystem reagiert weniger empfindlich auf Bewegungs- und Beschleunigungsreize als ein schlecht trainiertes.

Wer also als Kind gut geschaukelt wurde, hat auch im Erwachsenenalter keine Probleme mit dem Gleichgewichtssystem. Wem hingegen als älterem Kind schon auf dem Auto-Rücksitz schlecht wurde, der wird auch im Erwachsenenalter keine Freude an Fahrgeschäften haben.

Bewegungsabhängige Schwindelsymptome bezeichnet man als Kinetosen, fälschlich übersetzt als Bewegungskrankheit. Fälschlich deshalb, weil es sich nicht um einen krankhaften Zustand handelt, sondern vielmehr um eine individuelle Überforderung des zentralen Gleichgewichtssystems, das im Kindesalter nicht ausreichend auf entsprechende Bewegungen trainiert wurde.

1 Kommentar