Schmerzensgeld

Gericht urteilt: Bei überholenden Radfahrern gilt kein Mindestabstand

8.7.2022, 09:58 Uhr
Gericht urteilt: Bei überholenden Radfahrern gilt kein Mindestabstand

© Tobias Hase/dpa-tmn

Überholen sich Radfahrer gegenseitig, müssen sie nicht wie ein Autofahrer anderthalb bis zwei Meter Abstand voneinander halten. Das zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg (Az: 2 U 121/21), auf das die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hinweist.

Beim Urteil ging es um einen Unfall, nach dem der Überholende trotz geringen Abstands vom anderen Radfahrer Schadenersatz und Schmerzensgeld forderte - mit Erfolg. Die Situation war folgende: Der erste Radfahrer fuhr mit dem Rad auf der Straße, der zweite kam aus einer Einfahrt dazu und fuhr vorne, allerdings langsam und unsicher.

Als der erste Radfahrer nach einer Weile zum Überholen ansetzte, schwenkte der zweite erheblich nach links aus, es kam zu einem Unfall. Der erste Radfahrer musste ins Krankenhaus und physiotherapeutisch behandelt werden. Er klagte auf Schmerzensgeld und Schadenersatz, was das Landgericht noch ablehnte. Begründung: Der Kläger hätte gar nicht überholen können, weil er den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht habe einhalten können.

Das Oberlandesgericht sprach ihm jedoch später 50 Prozent Schadenersatz und 3500 Euro Schmerzensgeld zu. Denn ein Überholen durch Fahrradfahrer setze nicht generell einen Sicherheitsabstand von eineinhalb bis zwei Metern voraus. Sonst könnten sich Radfahrer schließlich fast im gesamten Stadtgebiet nicht überholen.

Es komme vielmehr auf die Umstände im Einzelfall an. Hier traf den Kläger ein Mitverschulden von 50 Prozent. Er hätte erkennen können, dass der Radfahrer, den er überholen wollte, unsicher fuhr.