Was die Alternative wirklich kann

Elon Musk ist jetzt offiziell Twitter-Chef - User wenden sich Mastodon zu

Markus Maisel

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28.10.2022, 17:12 Uhr
Elon Musk hat den Kurznachrichtendienst Twitter übernommen und bereits ranghohe Führungskräfte gefeuert.

© Adrien Fillon/ZUMA Press Wire/dpa Elon Musk hat den Kurznachrichtendienst Twitter übernommen und bereits ranghohe Führungskräfte gefeuert.

Twitter informierte die US-Wertpapieraufsicht SEC am Freitag über den Rückzug von der Börse und bestätigte damit den Vollzug der Übernahme. Damit endet ein monatelanges Hin und Her, das zwischenzeitlich auf einen brisanten Gerichtsprozess zusteuerte. Musk nimmt das Online-Netzwerk nun in Privatbesitz - die New York Stock Exchange hat die Aktien bereits aus dem Handel genommen. Zudem will der Tech-Milliardär ein neues Management aufstellen.

Laut übereinstimmenden US-Medienberichten feuerte Musk bereits am Donnerstag ranghohe Führungskräfte, darunter der bisherige Firmenchef Parag Agrawal und Finanzchef Ned Segal. Angeblich wolle er den Spitzenposten zunächst selbst übernehmen. Erst mit der Zeit könnte er den Job an jemand anderen abgeben, hieß es. Musk twitterte in der Nacht in Anspielung auf das Firmenlogo "Der Vogel ist befreit". Er führt bereits den Elektroautobauer Tesla und die Raketenfirma SpaceX.

Viele User wollen der Plattform nun den Rücken kehren. Der Grund: Elon Musk plant, mehr "Meinungsfreiheit" auf der Plattform zuzulassen: "I hope that even my worst critics remain on Twitter, because that is what free speech means", twitterte Musk vor einigen Tagen. Übersetzt: "Ich hoffe, dass selbst meine schlimmsten Kritiker auf Twitter bleiben, denn das ist es, was Redefreiheit bedeutet."

Mehr Hass durch mehr Meinungsfreiheit?

Doch die Pläne des Tech-Multimilliardärs haben auch ihre Schattenseiten. Unter dem Deckmantel der Redefreiheit dürften sich Hassbotschaften, Hetze und Propaganda ungefiltert auf Twitter verbreiten. Patrick Breyer, Digitalexperte der Piratenpartei, hat im Gespräch mit der ARD daher zu einem Plattformwechsel geraten.

Eine Plattform, die bei vielen Twitter-müden Usern derzeit beliebt ist, ist das soziale Netzwerk Mastodon. Die Plattform gibt es bereits seit 2016, entwickelt wurde sie vom deutschen Entwickler Eugen Rochko. Doch was kann Mastodon wirklich?

Auf Mastodon wird nicht "getwittert", sondern "getröttet". Das Symbol des sozialen Mediums ist der Urzeit-Elefant Mastodon.

Auf Mastodon wird nicht "getwittert", sondern "getröttet". Das Symbol des sozialen Mediums ist der Urzeit-Elefant Mastodon. © Mastodon

Funktionen, die Twitter zu einem weltweit bekannten Medium gemacht haben, gibt es auch hier. Tweets heißen "Toots", Retweets werden durch "Boosts" ersetzt und statt auf den Like-Button klicken User auf das "Favorites"-Feld. Einen Vorteil finden Nutzer bei Mastodon in der maximalen Zeichenanzahl: Statt 140 Zeichen können die "Toots" der User bis zu 500 Zeichen enthalten.

Was Mastodon enorm von Twitter unterscheidet: Es handelt sich um eine dezentralisierte Plattform. Hinter Mastodon steckt kein Unternehmen - und somit werden auch keine finanziellen Interesse verfolgt. Werbung sucht man auf Mastodon daher vergeblich.

Tausende kleine Gruppen

Stattdessen gibt es kleinere Instanzen oder Gruppen. Sie bilden mit eigenen Servern eigene kleinere Netzwerke. Wichtig: Die Anmeldung läuft anders ab als bei Twitter. Zunächst muss man die Instanz, in der man "tröten" möchte eingeben, anschließend meldet man sich mit E-Mail-Adresse und Passwort an.

Doch nicht allen Instanzen kann man sofort beitreten. Oft müssen User auf die Zustimmung des Admins warten, bevor sie in eine "geschlossene Gesellschaft" eintreten können. Zudem gibt es in jeder dieser "geschlossenen Gesellschaften" individuelle Regeln, was unerwünschte Inhalte und thematische oder geographische Schwerpunkte angeht. Somit können sich User, die ähnlich gesinnt sind oder an einem bestimmten Ort leben, besser zusammenfinden.

Das Netzwerk verzeichnet regen Zulauf. Startet Mastodon nun als erfolgreiche Twitter-Alternative durch? Gründer Eugen Rochko gibt sich der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gegenüber bescheiden: "Dieser Erfolg ist aufregend und furchteinflößend zugleich. Niemand bereitet dich darauf vor. Immerzu frage ich mich, ob ich alles was ich kann auch tue in der derzeitigen Situation."

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