"Heimspiel": Felicia Peters - Die funny Lady aus Fürth

20.3.2021, 16:09 Uhr

© Roland Fengler, NNZ

Wer die Verkörperung von Energie erleben möchte, der muss nur Felicia Peters treffen. In knallroten Turnschuhen, ein buntes Tuch auf dem Kopf, aus dem sich ein Bündel geflochtener Zöpfe ergießt, steht sie im Türrahmen. Falsch, sie trippelt in ihrem Türrahmen. Denn die Sängerin steht selten still. Die Frau ist in Bewegung. Sie ist Bewegung. "Kommt rein", sagt sie, lacht und klatscht in die Hände. Schuhe anlassen, "no problem!".

Mickey Mouse als Bettgenossin

Seit 31 Jahren lebt die US-Amerikanerin im Herzen der Stadt. Es gibt Wohnungen, die sind schön und designt, aber steril und verschwiegen. Die von Peters erzählt Bände. Sie ist bunt und so offen wie die 56-Jährige selbst, die kein Problem damit hat, die Gäste ins Schlafzimmer zu führen. Dort fühlt man sich an ein Jugendzimmer erinnert. Denn die Wände sind plakatiert mit Postern und Bildern. Plakate ihrer Auftritte mischen sich mit unzähligen Fotos von Freunden und Familie. Neben der Musik das Wichtigste in ihrem Leben. "Ich lebe allein. Aber eigentlich doch nicht. Es sind alle um mich herum", sagt sie. Und falls das nicht reicht, sitzt auch noch Mickey Mouse im Bett, mit einem ganzen Rudel Kuscheltieren. Und ihr Verlobter, ein Österreicher, lächelt gegenüber von einem Foto.

Im Flur hängen lose an einer Pinnwand Zeitungsberichte über sie. In Fürth und in der Region ist sie als Funk- und Soul-Sängerin mit starker Stimme bekannt. Beim Fürth Festival etwa ist sie eine feste Größe, ein Garant, der die Stimmung beim Publikum hochreißt. Peters singt in mehreren Bands, bei den "Night Nurses", "Felicious" oder im Duo "Choco-Latte". Sie schreibt eigene Songs, covert aber auch bekannte Hits. Sie ist außerdem Chorleiterin und Gesangs-Coach. Für ihre Schüler steht ein Keyboard im Wohnzimmer.

Durch Corona steht ihr Bühnenleben still. Ihr letzter Auftritt war im März letzten Jahres. Vor der Pandemie konnte Peters von ihrer Musik leben. Jetzt hat sie sich umorientiert, arbeitet als Pflegehelferin in einer Fürther Einrichtung und hilft älteren Herrschaften zu Hause. Auch wenn Konzerte wieder möglich sind, will sie dabei bleiben. Anderen zu helfen, ist ihr Ding. "Ich bin net heilig, aber gut", sagt sie. Auch vor Corona hat sie sich gern gekümmert, war für drei ältere Nachbarn da, bis zum Tod.


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Ein Patient, der ihr besonders nahe ging, ist jetzt immer bei ihr. Als Zimmerpflanze – die einzige in ihrer Wohnung. Peters hat sie zur Erinnerung nach ihm benannt. "Das ist Herr B.", sagt sie. Er fühlt sich bei ihr anscheinend wohl. Acht Ableger hat er schon produziert. Erst kurz vor seinem Tod hat sie erfahren, dass Herr B. ein Fan von ihr war. "Amazing Grace" hat sie für ihn gesungen, kurz bevor er starb. "Danach hab’ ich geweint wie ein Kind", erzählt Peters. Und hält ausnahmsweise kurz inne.

Dass sie einmal ein schüchternes Kind war, wie sie sagt, kann man sich nur schwer vorstellen. In Milwaukee in Wisconsin wurde sie als mittleres Kind von fünf Geschwistern geboren. Ihre Wurzeln liegen in der klassischen Musik, als Mädchen lernte sie Bratsche und schrieb Gedichte. Was sie wollte, und vor allem was nicht, wusste sie aber. Beim "President’s Orchestra" der US-Army wollte sie mit 16 Jahren mitspielen. Dann sah sie die Mitglieder, alle jenseits der dreißig. Nichts für sie. "No! Ich wollte nicht die ganze Zeit mit so alten Leuten abhängen", erzählt sie. Zur Army musste sie dann trotzdem, weil sie den Vertrag schon unterschrieben hatte. Allerdings nicht als Musikerin, sondern als Fotografin.

Lob von Smudo

Die Army brachte sie nach Deutschland, in Grafenwöhr lernte sie ihren Ehemann kennen, die Ehe hielt zwei Jahre. Von ihm stammt ihre Tochter Denice, heute 31. "Sie ist ,german‘, ein bisschen viereckig, alles hat seinen Platz", sagt Peters und lacht. Das Gegenteil von ihr selbst. Bei ihr lebt alles eher von Improvisation, die Dinge dürfen bei ihr auch ungewöhnliche Plätze haben. In ihrer Wohnung wie in ihrem Leben. Manche verschwinden auch. Die Kaffeemaschine zum Beispiel. "Es gibt nur löslichen Kaffee, sorry", sagt sie, als sie den Apple Pie an die Küchen-Essecke im Wohnzimmer serviert.

Zwei Kinder hat sie, neben Denice noch den 30-jährigen Tashan und einen Enkel ("Mein ganzer Stolz!"). Aber eigentlich viele mehr. Kinder von Freunden, die sie "Mum" nennen. Einer davon ruft prompt an. "Hey, ich geb’ gerade ein Interview, I tell you later", ruft sie ins Handy. Peters spricht einen Mix aus Englisch und Fränkisch.

"Oh no, Gschmarri!" ist ein typischer Ausruf für die "Fürther fränkische funk female", wie Smudo von den Fantastischen Vier sie bei "The Voice" bezeichnete. 2018 trat sie bei der Fernsehtalentshow auf. Ein Scout hatte sie dazu eingeladen. Sie legte einen so starken wie selbstbewussten Auftritt hin. Vielleicht zu selbstbewusst für das TV-Format. Nervosität spielen wollte sie nicht. "I’m ooold!", sagt sie. Zu alt fürs Verbiegen. Für sie geht es nur authentisch. Das gibt sie auch an ihre Gesangsschülerinnen weiter. "Bleib, wie du bist!"


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Bei der 56-Jährigen wirkt nichts aufgesetzt. Wenn ihr nach Aufspringen ist, springt sie auf. Sie ist lieber lebendig als perfekt. Es ist egal, wenn das Besteck nicht einheitlich ist. Kuchen kann man auch mit großen Gabeln essen. So what? 20 Kilo hat sie in den letzten zwei Jahren abgenommen. Ein fetter Stoß Sprühsahne darf trotzdem auf den Apple Pie. "Das ist das Wichtigste", sagt sie und grinst. Nicht nach Rezept, sondern nach "Elbow-Feeling" hat sie ihn gemacht, aus dem Handgelenk. Auch als Köchin hat sie schon gearbeitet, in der Fürther Kaffeebohne.

Chicken-Spezialistin

Amerikanische Gerichte liebt sie. Burger, Spare Ribs und alles mit "chicken", Hühnchen. "Chief Chicken Taste Analyst" (Chef-Hühnchen-Geschmacksanalystin) hat sie auf ihrem Facebook-Profil aus Gag als Beruf angegeben. Sie ist eine Lustige, eine "funny lady", so hat sie Sänger Huey Lewis genannt, den sie einst bei einem Konzert fotografierte.

Bei aller Hibbeligkeit hat man das Gefühl: Diese Frau ist bei sich. Heute vielleicht mehr denn je. Seit Jahren trinkt sie keinen Alkohol mehr. "Man sieht mehr und man spürt mehr", hat sie festgestellt. "Um gut drauf zu sein, dafür brauch’ ich keinen Alkohol", sagt sie und ist selbst ihr bester Beweis dafür. Wenn sie einen Stimmungsaufheller braucht, dann schaut sie ihre Lieblingsserie "King of Queens". Die hat sie komplett im Regal stehen. "Sollte ich mal sehr krank werden, dann brauch’ ich nur das", sagt Peters. Humor ist das Wichtigste. "Man muss immer einen Grund zum Lachen finden, weil sonst ist eh alles vorbei."

Traurig ist sie aber, wenn sie mitbekommt, wie vielen Menschen um sie herum die Existenz wegen Corona wegbricht. Oder wegen der Nachrichten aus den USA. Sieben ihrer Familienmitglieder sind dort schon an Corona gestorben. Dagegen gehe es ihr hier doch sehr gut. "Und ich soll meckern, nur weil ich hier Maske tragen muss?", sagt Peters.

Plausch mit dem Postboten

Ihre Freunde und deren Kinder nicht treffen zu können, das ist das Härteste für sie an der Pandemie. Sie hat gerne Menschen um sich, machte schon mal eine Party in ihrer Drei-Zimmer-Wohnung mit 166 Leuten. Ihre Tochter, typisch "german", hat sie gezählt, sagt sie und lacht. Mit den Nachbarn gab es nie Probleme. "Die hab’ ich einfach immer eingeladen." Als sie die Presse nach unten begleitet, begegnet ihr eine Nachbarin. "Pass auf, die kommen zu dir", witzelt Peters. Die Frau lacht laut auf. Unten wartet schon der nächste Plausch mit dem Postboten. Man kennt sich, man mag sich. Wer Felicia Peters getroffen hat, hat einen Energieschub erhalten. Und atmet erst mal kurz durch. Mit einem Lächeln im Gesicht.


Zur Person:
Felicia Peters (56) ist Sängerin und Songwriterin und hat mehrere CDs veröffentlicht. Ihr Repertoire reicht von Blues, Soul und Funk über Jazz bis Rock. Sie singt eigene Musik und covert Songs. Sie wurde in Milwaukee in Wisconsin in den USA geboren und wuchs in Ohio auf. Über die US-Army kam sie nach Deutschland, seit über 30 Jahren lebt sie in Fürth und hat zwei Kinder.

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