Empörung über Polit-Deal

"Posten-Mauschelei": Kritik an der Referentenwahl

31.7.2021, 06:00 Uhr

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Der Stadtrat hat Benedikt Döhla (37) mit großer Mehrheit zum künftigen Referenten für Soziales Jugend und Kultur gewählt. Ein Amt, das der Nachfolger von Elisabeth Reichert nach eigenem Bekunden "mit Leidenschaft ausüben" will. Überschattet wird seine Wahl vom Vorwurf der "Posten-Mauschelei", der sich gegen SPD und CSU richtet.

Bei der geheimen Wahl entfielen am Donnerstag 34 von 49 Stimmen auf Döhla, den Favoriten der beiden Parteien. Zwölf Stimmen erhielt die Juristin Angelika Lugert aus Oberasbach, die von den Freien Wählern vorgeschlagen wurde und beim Bezirk Mittelfranken das Sozialreferat leitet. Eine Stimme entfiel auf einen weiteren externen Kandidaten, den langjährigen Finanz- und Sozialbürgermeister des baden-württembergischen Städtchens Leonberg, Ulrich Vonderheid, der dort seine Wiederwahl 2020 haarscharf verpasst hat. Zwei Stimmen waren ungültig.

Fürths Noch- Sozial- und Kulturreferentin Elisabeth Reichert geht Ende September auf eigenen Wunsch vorzeitig in den Ruhestand. Die 63-Jährige verantwortet seit mehr als zehn Jahren ein Mammutressort mit zuletzt mehr als 700 Mitarbeitenden, das jetzt einen neuen Zuschnitt erhalten soll. Nach einem Vorschlag des Ältestenrats wird zurzeit die Verlegung des Bereichs Kindertageseinrichtungen mit rund 300 Beschäftigte in die Zuständigkeit des Schulreferats vorbereitet. Ein eigenständiges Kulturreferat hingegen, wie es Kreative gefordert hatten, ist vom Tisch. Oberbürgermeister Thomas Jung hatte dieses mit Verweis auf die enormen Kosten ("mehrere hunderttausend Euro im Jahr") abgelehnt.Auch die Grünen scheiterten mit ihrem Vorstoß für ein neues Ressort "Kultur, Jugend, Denkmalschutz und Tourismus".

Mammutressort abgespeckt

Döhla übernimmt somit zwar kein Mammut- oder Superreferat, aber mit 400 Personen noch immer eine Behörde von beachtlicher Größe. Der SPD-Stadtrat ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Chef des Parteidistrikts Südstadt. Er ist Lehrer an der Otto-Seeling-Mittelschule und stellvertretender Vorsitzender sowie sozialpolitischer Sprecher der Fürther Arbeiterwohlfahrt.

Für den Bereich Soziales gilt er als qualifiziert, ein ausgesprochener Kulturexperte soll er nicht sein. Auf Nachfrage aber gibt sich Döhla entschlossen: Er werde zeigen, dass er auf seinem künftigen Platz richtig ist. "Ich wollte das Amt und werde es mit Leidenschaft ausüben." Döhla kommentiert damit indirekt auch die kritische Debatte um die Besetzung seiner neuen Stelle.

Um die hatten sich 49 Frauen und Männer aus ganz Deutschland beworben. Acht durften sich persönlich vorstellen. Döhla aber war der Wunschkandidat der SPD – und die CSU spielte mit. Vorausgegangen war ein Polit-Deal. Nach der Kommunalwahl 2020 bekam die CSU das neue Amt des Dritten Bürgermeisters, im Gegenzug erhielt die SPD das Vorschlagsrecht für das Sozial- und Kulturreferat sowie das christsoziale Wohlwollen für den Bewerber.

Fatales Signal

Oberbürgermeister Thomas Jung und SPD-Fraktionsschef Sepp Körbl nannten das gegenüber den FN "demokratische Vereinbarungen", CSU-Fraktionschef Maximilian Ammon gestand, man könne das kritisch sehen. Anlässlich der Wahl prangern Linke und Grüne dieses Prozedere jetzt massiv an.

Die Linke nennt es "beschämend und empörend", spricht von "Posten-Mauschelei" sowie von einem Alibi-Bewerbungsverfahren und beklagt überdies, dass Frauen in der Referentenriege von nun an unterrepräsentiert sind. Die Grünen finden, die Stadtspitze habe "das Amt selbst" und Döhla "persönlich beschädigt: "Es ist fatal, wenn in der Bevölkerung das Gefühl entsteht, er hätte es ohne die ,Amtshilfe’ nicht geschafft." Sie betonen aber auch, dass sie Döhla schätzen und "selbstverständlich" konstruktiv und vertrauensvoll mit ihm zusammenarbeiten werden. Zur Wahl haben Vertreter beider Parteien Döhla gratuliert.

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