25 Jahre Gleichstellung: Hilde Langfeld im Gespräch

26.6.2013, 09:00 Uhr
25 Jahre Gleichstellung: Hilde Langfeld im Gespräch

© Winckler

Blicken wir zurück: Seit 25 Jahren hat Fürth eine Frauenbeauftragte. Was hat sich in dieser Zeit bewegt?

25 Jahre Gleichstellung: Hilde Langfeld im Gespräch

© Horst Linke

Hilde Langfeld: Frauen haben heute ganz andere berufliche Chancen als früher. Nehmen wir zum Beispiel die Stadtverwaltung: Wir hatten vor 25 Jahren keine einzige Frau als Amtsleiterin, sämtliche Führungspositionen waren damals mit Männern besetzt. Im Lauf der Jahre haben wir einen Anstieg auf 35 Prozent erreicht, das bedeutet: Mehr als jede dritte Führungskraft ist mittlerweile eine Frau. Zum Vergleich: Nürnberg hat 20 Prozent, Erlangen 33 Prozent. Sogar zwei Referentenposten sind seit einer Weile mit Frauen besetzt. Das sind riesengroße Fortschritte.

Und außerhalb der Verwaltung? Welche Möglichkeiten haben Frauen heute, die sie 1988 nicht hatten?

Langfeld: Sie haben es heute wesentlich leichter als früher, einen Betreuungsplatz zu finden. 1988 hatten Eltern noch keinen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz; den gibt es seit 1996. Kontinuierlich hat sich das Angebot an Kindergarten- und Hortplätzen vergrößert. Und in jüngster Zeit wird viel Kraft in den Ausbau der Krippen gesteckt. Dazu kommt der Ausbau der Ganztagsschulen, den Frauenpolitikerinnen jahrelang gefordert haben. Heute gibt es an allen Schularten in Fürth Ganztagsangebote. Das alles trägt dazu bei, dass Mütter die Wahlfreiheit haben, ob sie ihr Kind zu Hause erziehen möchten oder wieder arbeiten gehen wollen.

Viele Mütter zerreißen sich aber auch heute noch, um Kind und Beruf unter einen Hut zu bringen.

Langfeld: Es ist noch ganz, ganz viel zu tun in puncto Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Statistiken zeigen, dass die Mehrzahl der Frauen mit akademischen Abschlüssen keine Kinder bekommt, weil die Infrastruktur zur Kinderbetreuung in Deutschland verbesserungswürdig ist. Kitas und vor allem auch Ganztagsschulen müssen weiter ausgebaut werden. Gleichzeitig müssen die Unternehmen flexibler werden, verschiedene Teilzeitmodelle anbieten oder die Möglichkeit, vom Home Office, also von zu Hause aus zu arbeiten.

Wo sehen Sie darüber hinaus dringenden Verbesserungsbedarf?

Langfeld: Wir kämpfen weiter dafür, dass endlich beide Geschlechter gleich bezahlt werden. In Deutschland erhalten Frauen nach wie vor im Schnitt 23 Prozent weniger Lohn als Männer. In Führungspositionen beträgt der Unterschied sogar 33 Prozent. Damit sind wir das Schlusslicht im europäischen Vergleich. Es ist doch verrückt: Warum verdient ein Kfz-Mechaniker ein Drittel mehr als eine Erzieherin? Eine weitere Hauptaufgabe bleibt, mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen. In der städtischen Verwaltung streben wir mindestens 50 Prozent sein.

Apropos Führungspositionen: Die Einführung einer Frauenquote in der Wirtschaft ist auch unter Frauen umstritten. Wie stehen Sie dazu?

Langfeld: Ich bin eine ganz heftige Verfechterin der Quote. Die Vorteile sieht man ja bei den politischen Parteien. Denjenigen, die eine solche Quote haben, gelingt es, fast 50 Prozent in die Gremien zu entsenden. Auch bei uns im Fürther Stadtrat sind 46 Prozent Frauen. Das ist nicht zuletzt der politischen Frauenquote zu verdanken.

Wie hilft die städtische Gleichstellungsstelle konkret?

Langfeld: Wir kämpfen zum einen für Verbesserungen in der Stadtverwaltung. Vor zehn Jahren war es mir ein großes Anliegen, dass der Arbeitsbeginn auf 8.30 Uhr gelegt wird, damit die Eltern ihre Kinder vorher noch in den Kindergarten bringen können. Jetzt sind moderne Teilzeitmodelle gefragt, da stehen wir in Kontakt mit dem Personalamt und der Personalvertretung. Zum anderen bringen wir gleichstellungspolitische Themen an die Öffentlichkeit. Am 8. März, dem internationalen Frauentag, erinnern wir an den Kampf für Frauenrechte. Natürlich liegt uns auch die junge Generation am Herzen. Mit dem Girls’ Day wollen wir bei Mädchen das Interesse an Männerberufen wecken. Wichtig ist es außerdem, sich zu vernetzen. Wir unterstützen Institutionen, Einrichtungen und Verbände, die sich für Frauenarbeit einsetzen.

Seit 1988 hat sich noch etwas geändert: Aus der „Frauenbeauftragten“ ist eine „Gleichstellungsbeauftragte“ geworden.

Langfeld: Ja, die Änderung geht auf die Einführung des bayerischen Gleichstellungsgesetzes 1996 zurück. Früher stand Frauenförderung im Vordergrund, bis irgendwann der Gedanke der Gleichstellung von Frauen und Männern in Familie, Beruf und Gesellschaft aufgekommen ist.

Brauchen Männer wirklich Hilfe?

Langfeld: Ich denke: Ja. Wir bieten Projekte an, die die soziale Kompetenz der Männer fördern. Wir brauchen heute neben dem Girls’ Day auch einen Boys’ Day, um das Interesse an soziale Berufen zu wecken. Genauso wichtig ist es, sich auch dafür einzusetzen, dass Männer Elternzeit nehmen können. Davon profitieren übrigens ja auch die Frauen.

 

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