Fürth: Heftige Diskussionen über aufwendige Schulneubauten

8.8.2019, 06:00 Uhr
Fürth: Heftige Diskussionen über aufwendige Schulneubauten

© Foto: Wolfgang Händel

Die Aufgaben wären ohne jedes Beiwerk schon anspruchsvoll genug: Hohe zweistellige Millionensummen muss die Stadt in den kommenden Jahren sowohl für das Schliemann-Gymnasium als auch für das HLG aufbringen, enorm ist der bauliche Aufwand. Doch zu kämpfen hat sie zunächst mit den Diskussionen im Vorfeld. Muss an dieser Stelle gebaut werden, muss es so groß sein, muss die Natur leiden? Fragen, die in beiden Fällen auftauchen – und doch ist die Gefühls- und Gemengelage in beiden Fällen sehr unterschiedlich.

Der Fall Schliemann

Das sorgte für einen Aufschrei der Empörung: Ausgerechnet in diesen Zeiten, in Zeiten des vielfach beklagten Klimawandels und des Umweltschutzes als Massenphänomen, entschied der Stadtrat mit SPD-Mehrheit: Man schließe nicht aus, einen Teil des Neubaus für das Heinrich-Schliemann-Gymnasium auf dem Gelände der Wolfsgrubermühle ins angrenzende Landschaftsschutzgebiet ragen zu lassen.

Ein umweltpolitisches Sakrileg, meinten Kritiker, ein Sündenfall, der Nachahmer auf den Plan rufen werde. Im Rathaus erkannte man schnell die Sprengkraft und ruderte zurück. Inzwischen kann man wohl Entwarnung geben. Der zuständige Bürgermeister und Schulreferent Markus Braun sagt nun auf FN-Nachfrage: "Ich bin sehr, sehr sicher, dass ein Entwurf ohne Eingriffe möglich ist."

Doch es kommt noch besser: Nicht nur auf das Anknabbern des Landschaftsschutzgebiets kann nach Lage der Dinge verzichtet werden, auch einige der besonders prächtigen Bäume, die das potenzielle Baugrundstück prägen, könnten nach Brauns Worten erhalten bleiben.

Das hielt bisher niemand für denkbar, die Zweifler wurden indes in der ersten Runde des laufenden Architektenwettbewerbs eines Besseren belehrt. 50 Entwürfe für den Schulneubau gingen ein, 13 wählte eine Jury aus. "90 Prozent davon", sagt Braun, schonen Landschaftsschutzgebiet und Bäume. Selbst die zuvor sehr kritischen Grünen zeigen sich entzückt darüber.

Damit wäre ein großer Streitpunkt aus der Welt, die CSU jedoch hält weiter an ihrem grundsätzlichen Widerstand gegen einen Schliemann-Neubau an dieser Stelle fest. Sie will die Schule an ihrem angestammten Standort an der Königstraße erweitert sehen, unter Einbeziehung der benachbarten und bald geräumten historischen Feuerwache.

Kürzlich erst lud die Partei deshalb zu einer "naturkundlichen Führung" auf das Wolfsgruber-Gelände zwischen Sozialrathaus und Pegnitz ein und befand: Die Fläche sei per se schützenswert, es handle sich in weiten Teilen um ein wertvolles Biotop.

Markus Braun spöttelt über das "neu erwachte grüne Gewissen" der Christsozialen und bezeichnet es als "erstaunlich". Schließlich habe die CSU vor noch nicht allzu langer Zeit eben hier einen Abstellplatz für Fahrzeuge der Kärwa-Schausteller angeregt und den Neubau einer Berufsschule. Er hält die Argumente deshalb für wenig glaubhaft.

Und er fragt sich: Wozu, wenn nicht für einen Neubau, welcher Art auch immer, hat die Stadt das Areal denn 2017 gekauft? "Jetzt sollten wir es auch nutzen."

Der Fall HLG

Ein "großer Wurf" soll der neue Komplex samt Sechsfach-Turnhalle für das Helene-Lange-Gymnasium (HLG) nach dem Willen der Politik werden, satte 92 Millionen teuer. Doch Anwohner in der Oststadt fürchten statt des großen Wurfs den großen Reinfall. Sie beklagen die Dimension, insbesondere der Halle, fürchten massiv mehr Verkehr, zudem den Verlust etlicher Bäume.

Fürth: Heftige Diskussionen über aufwendige Schulneubauten

Und sie fühlen sich übergangen. Denn erfahren haben sie von den hochfliegenden Plänen der Stadt erst aus den Fürther Nachrichten. Bürgermeister Markus Braun betont zwar, es handle sich zunächst nur um eine Machbarkeitsstudie, man stehe also "ganz am Anfang des Prozesses" – doch nicht von der Hand zu weisen ist: Die Weichen sind bereits gestellt. Der Stadtrat gab unlängst grundsätzlich grünes Licht für das Vorhaben; denn dass angesichts der künftig stark wachsenden Schülerzahlen der Bedarf für ein Vorhaben dieses Ausmaßes vorhanden sein wird, das bestreitet kaum jemand.

Nun geht es um Korrekturen, die den Beschwerden der Anwohner geschuldet sind: Die Halle könnte weit ins Erdreich versenkt werden, damit sie nicht so hoch aufragt, sie könnte begrünt werden, vorhandene Bäume sollen in "größtmöglicher Zahl" erhalten bleiben, sagt Braun. Und er betont: "Nichts ist in Stein gemeißelt." Will heißen: Wo es möglich ist, soll auf Anwohner-Befindlichkeiten eingegangen werden.

Am Montagabend, bei einem Gespräch mit Betroffenen vor Ort, sagte Braun sogar zu, den eigentlich als gesetzt geltenden Standort der Halle noch einmal zur Diskussion zu stellen. Kann sie, wie die Anwohner meinen, nicht auch einen Steinwurf entfernt errichtet werden, dort, wo jetzt die Humbser-Turnhalle ihren Platz hat?

Fürth: Heftige Diskussionen über aufwendige Schulneubauten

Die ganze Schule gleich an anderer Stelle neu zu bauen, hält Braun indes für nicht praktikabel. Schließlich sei da noch der weitgehend sanierte historische Altbau des HLG, den es ja zu nutzen gelte. Eine zu große räumliche Distanz zwischen diesem und dem geplanten Neubau sei nicht im Sinn der "Schulfamilie".

Dass ein Anwohner das Vorgehen der Stadt in seinem Schreiben an Stadträte als "undemokratisch, völlig intransparent, ja heimlich" bezeichnet, dass von "Amigos und Verschwendung von Steuermitteln" die Rede ist, von "Repressalien" gar, die Kritiker zu befürchten hätten: Braun quittiert das mit einem Kopfschütteln und spricht von "Verschwörungstheorien".

Die werden unter anderem durch die exorbitant hohen Kosten für das Projekt genährt. Braun erläutert, man habe das Architektenbüro im Rahmen einer ordnungsgemäßen Ausschreibung ermittelt, Basis der Machbarkeitsstudie seien das Raumprogramm und "pädagogische Erfordernisse" gewesen. Die gewählte, große und kostspielige Variante mit der mächtigen Turnhalle habe nicht allein das Architektenteam als die sinnvollste erachtet. Auch die städtische Bauverwaltung sei nach genauer Prüfung zu dieser Erkenntnis gelangt.

Hinweise der Anwohner, andernorts in der Region würden ähnliche Schulprojekte aber für weit weniger Geld realisiert, kontert Braun mit den Worten: "Und eine Schule in München kostet 150 Millionen Euro." Jedes Schulprojekt habe eben individuelle Erfordernisse, kaum etwas sei vergleichbar.

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