Viele Projekte in Bad Windsheim

Endlich Radfahrerfreundlich? So will eine fränkische Kleinstadt besser werden

Stefan Blank

Region/Bayern

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8.3.2022, 14:16 Uhr
Bad Windsheim hat eine Fahrradstraße: den Südring. Doch der Zustand der Fahrbahn lässt zu Wünschen übrig. Eine weitere soll bald folgen.

© Stefan Blank, NN Bad Windsheim hat eine Fahrradstraße: den Südring. Doch der Zustand der Fahrbahn lässt zu Wünschen übrig. Eine weitere soll bald folgen.

Überquerungshilfen, bei denen ein stehendes Fahrrad mittendrin und zum Teil auf einer der Fahrbahnen steht. Sicherheitsbügel, die ein Durchkommen mit einem der immer beliebter werdenden Lastenräder oder einem Fahrrad-Kinderanhänger unmöglich machen. Oder schlicht und einfach Kreuzungsbereiche, an denen Radler und Fußgänger große Probleme haben, von A nach B zu kommen.

Als so wirklich fahrradfreundlich wollte keiner der Teilnehmer an der kleinen Tour durch Bad Windsheim die Kurstadt bezeichnen. Doch alle waren sich einig: Bad Windsheim soll fahrradfreundlicher werden.

Viele Köche auf zwei Rädern

"Es geht drum, was können wir kurzfristig machen, was mittelfristig und was langfristig", sagte Bürgermeister Jürgen Heckel, der im Nachgang über die Radfreundlichkeits-Ideen-Werkstatt meinte: "Naja, viele Köche, viele Meinungen - wir müssen jetzt eben alles mal reinarbeiten in ein Fahrradkonzept, was möglich ist." Dann soll es im Stadtrat erneut auf den Tisch kommen - die Diskussion von vorne losgehen.

Und so tingelte eine Gruppe aus knapp 25 Personen insgesamt acht Stationen ab. Teils mit dem eigenen Rad, teils mit von der Stadt geliehenen Drahteseln und teils mit dem SUV oder dem Polizeiauto.

"Echt gefährlich"

Denn neben Laura Hennig von VAR+, der Firma, die für das neue Fahrradkonzept der Stadt verantwortlich zeichnen soll, und Bernd Sluka, dem Vize-Vorsitzenden des Landesverbands Bayern des VCD, des ökologischen Verkehrsclubs Deutschland, waren mit Markus Bauer und Reinhold Zwanziger auch die beiden Verkehrs-Sachbearbeiter der Polizei-Dienststellen Bad Windsheim und Neustadt mit dabei.

Los ging die muntere Diskussion, die meist eher einem wilden Austausch von Erfahrungen glich, an der Külsheimer Straße, an der Überquerungshilfe, die vom Einkaufsareal Im Häspelein zum Thermen-Parkplatz führt. Die Einschätzung von Bürger Hans Löffler: "Das ist echt gefährlich hier."

Markierungen oder Schilder?

Das Problem: Radler würden die Rampe zum Bäckerei-Eingang herunterfahren, "ohne Rücksicht auf Verluste", wie Bürgermeister Jürgen Heckel berichtet wurde. "Also: Was können wir hier tun?", gab Heckel an die Expertenrunde weiter, zu der auch Gerd Herrmann vom städtischen Bauamt und Sven Kilian von der örtlichen Straßenverkehrsbehörde zählten.

In der Weinturmstraße sollen Radler bis zur Berliner Straße hin künftig Vorrang haben.

In der Weinturmstraße sollen Radler bis zur Berliner Straße hin künftig Vorrang haben. © Stefan Blank, NN

Heckel konnte sich eine Sicherheitsbügel-Konstruktion vorstellen, was Polizist Zwanziger als wenig sinnvoll erachtete. Also weiter. Markierungen auf dem Boden? Ein Schild, das Radler auffordert, abzusteigen? Ergebnis: "Da müssen sich alle Experten wohl nochmal Gedanken machen", sagte Heckel.

Analyse mit dem Zollstock

So trat die Radler-Gruppe wieder in die Pedale. Nächster Halt: Bahnübergang Jahnstraße/Rad-Fußgänger-Kombiweg aus dem Kurpark. Bernd Sluka aus Passau holte das erste Mal seine Mess-Utensilien aus der Gepäckträgertasche. "Das ist nicht normgerecht", lautete das Urteil des VCD-Funktionärs über die Sicherheitsbügel-Schikane dort.

Das größte Problem, die fehlende Möglichkeit, wie Fußgänger und Radler an dieser Stelle auf die östliche Straßenseite gelangen können, war eher Nebensache. Die Gruppe gab sich damit zufrieden, dass das Bügel-Duo weiter von der Straße weggerückt werden soll.

Straße ist wohl zu schmal

So rollten die Bürger und acht Stadträte weiter Richtung Süden, zur Kreuzung Jahnstraße/Nordring/Ostring/Metzgergasse. "Gibt es hier Lösungsansätze?", fragte Jürgen Heckel. Eines der Probleme sei, für eine Querungshilfe ist die von Sluka ausgemessene Straßenbreite von 6,70 Meter zu schmal.

Eine Option könnte sein, im Ostring die beiden Gehwege - auf beiden sind Radler per Zusatzzeichen "Radfahrer frei" geduldet - zu verbinden. Auch zu dieser Kreuzung sollten sich VAR+-Mitarbeiterin Hennig und ihre Kollegen aber noch einmal mit dem Bauamt um Gerd Herrmann zusammensetzen, hieß es.

Fahrbahnschwelle für die Schäfergasse?

Vor allem für Schüler eine Gefahrenstelle ist die Einmündung der Schäfergasse auf die Schützenstraße. Als Verbindungsweg zwischen Bahnhof und Schulzentrum mit der Hilpert-Ellrodt-Promenade, an der die Pastorius-Grundschule, die Arche-Noah-Schule und das Georg-Wilhelm-Steller-Gymnasium liegt, wird diese stark frequentiert. "Da sollten wir echt was machen", sagte Zweite Bürgermeisterin Alexandra Horst.

Eine rote Markierung für Fußgänger gab es bereits früher. Diese sei wieder entfernt worden, weil sie eine Sicherheit vorgaukele, erklärte Gerd Hermann. Bernd Sluka und Reinhold Zwanziger beharkten sich kurz, was dort denn unter welchen Umständen erlaubt sei. Eine Option sei eine Art Fahrbahnschwelle, auf der Fußgänger und Radler die Straße überwinden könnten.

Vorrang für Autos oder Radler

SPD-Fraktionschef Matthias Oberth war es dann, der ein generelles Fass aufmachen wollte. "Wir sollten uns bei allem überlegen, wem wir künftig in unserer Stadt Vorrang gewähren wollen. Weiter nur den Autofahrern - dann brauchen wir ja nichts ändern - oder den Radlern?"

Auf diese Diskussion wollte sich an dem sonnigen Nachmittag aber niemand einlassen. Daher forderte Jürgen Heckel die Gruppe mit den schon bekannten Worten auf, die nächste Station anzusteuern: "Heute werden wir nicht die perfekte Lösung finden. Also, Gehörtes setzen lassen und weitere Gedanken machen."

Zebrastreifen als mögliche Lösung

Nächster Halt, Nürnberger Straße. Wie Sluka nach kurzer Zollstock-Recherche feststellte, ist die Querungshilfe von der Hilpert-Ellrodt-Promenade in die Winterung viel zu schmal. Wie nicht nur Laura Hennig feststellte, würde ein Fahrradfahrer mit Kinder-Anhänger dort nicht stehenbleiben können, ohne dass ein Autofahrer ihm einen Teil des Gefährts demolieren würde.

Unterwegs durch Bad Windsheim zu einem Selbstversuch (von links): SPD-Fraktionschef Matthias Oberth, Bürgermeister Jürgen Heckel und Liste-Land-Stadtrat Volker Goller.

Unterwegs durch Bad Windsheim zu einem Selbstversuch (von links): SPD-Fraktionschef Matthias Oberth, Bürgermeister Jürgen Heckel und Liste-Land-Stadtrat Volker Goller. © Stefan Blank, NN

Da das gesamte Areal der Nürnberger Straße bis zur Seegasse in den kommenden Monaten überplant und neu gestaltet wird, gab es dort die präzisesten Vorschläge. "Ich bin ja immer noch für Tempo 30 hier", sagte Gerd Hermann und Alexandra Horst plädierte für einen Zebrastreifen, was doch mehr oder weniger große Zustimmung fand.

Für eine neue Fahrradstraße

Blieben noch ein Blick auf die seit Dezember 1999 gewidmete "Fahrradstraße" im Südring, die den Namen nicht nur aufgrund des Fahrbahnzustands eher nicht so ganz verdient, und die Weinturmstraße, die zur Fahrradstraße gemacht werden soll. "Das wäre zwar auch eher eine für den Kopf", meinte Laura Hennig, es wäre aber ein Zeichen, dass das Ziel, fahrradfreundlicher zu werden, nicht vergessen werden soll.

Auf Fahrradstraßen gilt übrigens Höchstgeschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde – für alle. Radverkehr darf weder behindert, noch gefährdet werden und es ist erlaubt, dass Radler nebeneinander auf der Fahrradstraße fahren.

Nächster Schritt: Fragebogen

Doch nach dieser Diskussions-Radeltour sollen bis zum 25. April nun auch die Bürger zu Wort kommen, wie Hennigs VAR+-Kollege Jens Andreas erklärt. Unter badwindsheim.varplus.de können Bad Windsheimer einen Fragebogen ausfüllen, bei dem es um persönliche Eindrücke zum Radverkehr in der Stadt und der Umgebung geht. Das Ausfüllen dauere nur wenige Minuten, teilt Andreas mit, "eine Anmeldung ist nicht erforderlich". Es geht schließlich ums Ideen-Sammeln, für ein fahrradfreundlicheres Bad Windsheim.

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