Geländer gab nach

Sturz in die Tiefe: Unfall in Schwarzachklamm könnte weitreichende Folgen haben

9.7.2021, 05:56 Uhr
Die Wege entlang der Schwarzachklamm sind bei Ausflüglern aus der ganzen Region beliebt (Bild zeigt nicht den Unfallort).

© Gunther Hess, NN Die Wege entlang der Schwarzachklamm sind bei Ausflüglern aus der ganzen Region beliebt (Bild zeigt nicht den Unfallort).

Die Schwarzachklamm, ein beliebtes Ausflugsziel im Nürnberger Land, es ist der 1. April 2021, ein milder Donnerstag im Frühling. Ein 21-Jähriger ist auf einem der Wanderwege oberhalb der Schwarzach unterwegs, genießt den Ausblick in die Schlucht. An einer Stelle auf der Südseite des Flusses hält er an, um ein Foto zu machen. Dabei lehnt er sich gegen eines der Holzgeländer, das Wanderer vor dem Sturz in die mehrere Meter tiefe Klamm bewahren soll. Doch die Brüstung gibt nach.

Durch Zufall waren unter den Rettungskräften auch Einsatzkräfte der Bergwacht - deren Expertise war im steilen Gelände der Klamm von großer Hilfe.

Durch Zufall waren unter den Rettungskräften auch Einsatzkräfte der Bergwacht - deren Expertise war im steilen Gelände der Klamm von großer Hilfe. © Bergwacht Nürnberg

Der junge Mann stürzt die Felsen hinab und schlägt erst neun Meter weiter auf dem Waldboden auf. Dann rollt er mehrere Meter den Abhang hinunter, wie die Polizei berichtet. Der 21-Jährige hat großes Glück, sein Körper verfehlt nur knapp die Sandsteinfelsen, die hier überall aus dem Boden ragen. Feuerwehr und Rettungskräfte müssen anrücken, um den Verletzten aus dem steilen Hang zu holen. Mit Bergesack, Gebirgstrage und mehreren Seilen wird der Mann schließlich nach oben gezogen. Nach einem Tag im Krankenhaus kann er bereits nach Hause, wegen seiner Verletzungen bleibt er allerdings mehrere Wochen lang krank geschrieben.

Währenddessen nimmt die Schwabacher Polizei, in deren Zuständigkeitsbereich der Unfallort liegt, die Ermittlungen auf. Drei Monate lang wird geprüft und befragt, ob jemand für die unzureichende Sicherung des Abhangs zur Verantwortung gezogen werden kann. Die Suche gestaltet sich schwierig. Die Wege entlang der Schwarzachklamm liegen auf dem Gelände von zwei Gemeinden und mehreren privaten Waldbesitzern.

Fahrlässige Körperverletzung

"Der Vorwurf lautete auf fahrlässige Körperverletzung, ermittelt wurde gegen Unbekannt", erklärt Antje Gabriels-Gorsolke, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth, am Telefon. Grundlage dafür ist eine mögliche Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Am Ende werden die Akten beiseite gelegt, der Aufwand, eventuelle Verantwortlichkeiten, Zuständigkeiten und gemachte Kontrollgänge nachzuvollziehen, habe nicht mehr im Verhältnis zu den glücklicherweise nur leichteren Verletzungen des Ausflüglers gestanden, so Gabriels-Gorsolke.

Die Rettung des Verletzten gestaltete sich schwierig.

Die Rettung des Verletzten gestaltete sich schwierig. © Bergwacht Nürnberg

Wie kann das sein? Und wie können solche Unfälle in Zukunft verhindert werden? Die Klamm ist ein beliebtes Ausflugsziel für Menschen aus dem gesamten Umland, an sonnigen Wochenenden spazieren hunderte Besucher an den Hängen neben der Schwarzach entlang.

Schwarzenbrucks Bürgermeister Markus Holzammer gibt sich bestürzt über das Unglück. Versäumnisse seitens der Gemeinde sieht er nicht, "wir machen regelmäßig Kontrollgänge", beteuert er bereits wenige Wochen nach dem Unfall. Diese fänden normalerweise einmal in der Woche statt. Auch Hinweisen aus der Bevölkerung, die es immer wieder gebe, werde nachgegangen. Die morschen Balken habe man nach dem Sturz des 21-Jährigen sofort ausgetauscht - von außen sei nicht ersichtlich gewesen, dass das Holz im Inneren angegriffen war.

Doch der Sturz und die nachfolgenden Ermittlungen haben Spuren hinterlassen. Es gebe Gespräche zwischen den Gemeinden Schwarzenbruck und Wendelstein sowie den privaten Waldbesitzern, darunter Faber Castell, wie mit der Wartung der Holzbrüstungen in Zukunft umgegangen werden soll, so Holzammer. Ein Szenario: Die Geländer kommen ganz weg. Wenn nichts angelegt ist, kann auch niemand belangt werden.


Verkommt die Schwarzachklamm zum Spielplatz?


Ob und wann eine Entscheidung gefällt wird, ist noch nicht klar, die Gespräche zwischen den Beteiligten laufen. Die Gemeinde Wendelstein hat einen möglichen Abbau der Geländer noch nicht diskutiert, wie Geschäftsleiter Florian Segmüller unserer Redaktion am Telefon mitteilt. Für den Sturz durch das morsche Geländer wollen aber auch die Wendelsteiner keine Verantwortung übernehmen, die Verkehrssicherungspflicht an der besagten Stelle liege nicht bei Ihnen.

Sicher ist, dass die Verantwortlichen durch den Abbau der Geländer das Risiko unangenehmer Konsequenzen minimieren: Fahrlässige Körperverletzung wird mit Geldstrafe oder Haft bis zu drei Jahren bestraft.

Für Wanderer ist die Frage nach den Geländern zumindest momentan zweitrangig. Wegen Baumfällarbeiten sind die Wege durch die Schwarzachschlucht bis zum 16. Juli größtenteils gesperrt.

Hinweis: Der Artikel wurde am 9. Juli um 11.30 Uhr um eine Stellungnahme der Gemeinde Wendelstein ergänzt.

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