Kein Corona-Verstoß: Bis zu 200 Muslime in Röthenbacher Moschee

20.1.2021, 16:52 Uhr
Das Freitagsgebet ist Pflicht für alle muslimischen Männer. Für Frauen ist es nur empfohlen.

© Andreas Kirchmayer (PZ) Das Freitagsgebet ist Pflicht für alle muslimischen Männer. Für Frauen ist es nur empfohlen.

Der Parkplatz vor der Moschee füllt sich, nach und nach trudeln die Gläubigen aus der Stadt und der Umgebung ein. Bis zu 200 Muslime können zum Freitagsgebet in Röthenbach zusammenkommen – es ist vermutlich die größte Veranstaltung im Nürnberger Land seit Beginn des zweiten Lockdowns. Woche für Woche.

Dass die Zahl der Besucher in Pandemiezeiten auffällt, hat die Türkisch-Islamische Gemeinde in Röthenbach längst mitbekommen. Zuletzt häuften sich in der Nachbarschaft die Nachfragen, wie es denn möglich sei, dass sich trotz aller Abstands- und Kontaktregeln so viele Menschen treffen. Auch Bürgermeister Klaus Hacker (Freie Wähler) wurde darauf angesprochen. "Es gibt gewisse Ängste und Befürchtungen in der Bevölkerung", sagt er. Dass bis zu 200 Menschen gemeinsam beten, "das ist schon eine Hausnummer".

Zum Vergleich: Der Kreistag mit seinen 70 Mitgliedern hat sich zuletzt für die Dauer von sechs Wochen entschieden, als nur 14-köpfiger Ferienausschuss zu tagen, um große Menschenansammlungen zu vermeiden. An Weihnachten wurden viele Gottesdienste im Landkreis abgesagt. Die über Röthenbach thronende Heilig-Kreuz-Kirche könnte nach Auskunft der evangelischen Kirchengemeinde mit den geltenden Hygiene­regeln "nur" bis zu 70 Gläubigen Platz bieten. Aktuell finden die Gottesdienste aber im Gemeindehaus statt, wo deutlich weniger Platz ist. Die kleinere Laufer Moschee lässt zurzeit 60 Personen rein.

Die Moschee ist groß

"Wer die Räumlichkeiten nicht kennt, kann sich schon wundern", sagt Recep Çalık, der Vorsitzende der Röthenbacher Ditib-Gemeinde. Die Moschee hat ein gültiges Hygienekonzept und im Vergleich zu einer Kirche hat sie einen Vorteil: 1500 Quadratmeter Nutzfläche hat der Bau am westlichen Röthenbacher Ortsrand, und das auf mehreren Stockwerken. Der Gebetsraum im zweiten Stock, der normalerweise den Frauen zur Verfügung steht - im Islam beten Männer und Frauen getrennt - wird für das Freitagsgebet nun von Männern genutzt. Verpflichtend ist es nämlich nur für männliche Muslime, zum Freitagsgebet zusammenzukommen, erklärt Çalık.

Mit Klebeband auf dem raumfüllendem Teppichboden sind die Stellen markiert, wo man sich mit seinem Gebetsteppich hinknien darf. Zwischen den Gläubigen seien es jeweils zwei Meter Abstand, betont Çalık, also mehr als die rechtlich erforderlichen 1,50 Meter.

60 Personen passen auf diese Weise in den kleineren Gebetsraum im zweiten Stock. Weitere 86 sind es im ersten Stock, wo sich auch der Vorbeter befindet. Vor der Tür liegt eine Liste aus, in die sich jeder eintragen muss.

Sind diese beiden Räume voll, bleibt den Nachzüglern nur das Erdgeschoss. Der große Aufenthaltsraum wurde weitgehend ausgeräumt. Auch dort befinden sich Markierungen am Boden, wo man Platz nehmen kann. Insgesamt dürfen 200 Muslime zum Beten kommen, dann ist Schluss. Zwei junge Männer, die an der Tür stehen, achten darauf, dass diese Zahl nicht überschritten wird, sagt Çalık. Abweisen musste man bisher aber noch niemanden, die Höchstzahl mit 192 Besuchern wurde während der Weihnachtsferien erreicht.

Es sind nicht nur Röthenbacher, die in die Moschee kommen. Die meisten Gäste stammen aus dem Landkreis, aus Altdorf oder Hersbruck, es gebe aber auch Muslime aus Nachbarlandkreisen, die beispielsweise vor der Spätschicht im Diehl-Werk das Freitagsgebet besuchen.

Das Hygienekonzept für die Moschee basiert auf Vorlagen des Ditib-Dachverbands mit Sitz in Köln. Seinen Gebetsteppich muss nun jeder selbst mitbringen, zuvor konnte man sich einfach einen nehmen. Während des Gebets besteht Maskenpflicht. Auf den Gängen stehen Desinfektionsmittelspender.

Konzept muss nicht genehmigt sein

Hygienekonzepte müssen nicht vom Landratsamt abgenickt werden, teilt die Behörde auf Nachfrage der Pegnitz-Zeitung mit. Überprüft würden sie nur im Einzelfall, wenn es dafür einen triftigen Grund gebe, beispielsweise eine Beschwerde.

"Eine festgelegte Teilnehmerobergrenze für öffentlich zugängliche Gottesdienste in Kirchen, Synagogen und Moscheen ist in Paragraf 6 der 11. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung nicht geregelt. Die zulässige Höchstteilnehmerzahl in Gebäuden bestimmt sich nach der Anzahl der vorhandenen Plätze, bei denen ein Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Plätzen gewahrt wird. Der Mindestabstand von 1,5 Metern ist zwischen allen Personen, die nicht demselben Hausstand angehören, zu wahren", heißt es vom Bayerischen Gesundheitsministerium dazu nur.


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Bürgermeister Klaus Hacker hat sich das Hygienekonzept zeigen lassen. Die gültigen Regeln werden ihm zufolge berücksichtigt, er hat nichts zu beanstanden. Wie wichtig den Muslimen das Freitagsgebet ist, weiß das Stadtoberhaupt auch. "Wir haben Religionsfreiheit", sagt er.

Rund eine halbe Stunde dauert das Freitagsgebet, sagt Çalık, danach weist der Vorbeter die Gläubigen an, zügig nach Hause zu gehen. Der Beginn richtet sich nach dem Sonnenaufgang und ändert sich damit jeden Freitag. Auf die Geselligkeit in der Teestube im Anschluss müssen die Männer aktuell pandemiebedingt verzichten.

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