Was bekannte Rothenburger mit Martin Luther verbinden

3.3.2017, 10:27 Uhr
Dr. Markus Hirte, Leiter des Mittelalterlichen Kriminalmuseums: Ich bin in Weimar/Thüringen, also einem Kernland der Reformation, geboren und aufgewachsen und habe deshalb schon regional eine enge Verbindung zu Martin Luther. Bereits als Kind standen bei mir Besuche auf der Wartburg bei Eisenach hoch im Kurs. Zudem bin ich Protestant und habe dadurch auch konfessionell eine Bindung zum Reformator. 
 Mein Lieblingszitat von Luther lautet: ,Wer bekommt, was er mag, ist erfolgreich. Wer mag, was er bekommt, ist glücklich.‘ Ich halte ihn für eine der bedeutendsten Persönlichkeiten des letzten Jahrtausends und habe höchsten Respekt vor seiner Lebensleistung und geistigen und geistlichen Brillanz. Luther ist für mich ein Mensch mit Stärken und Schwächen und ich versuche deshalb nicht über ihn zu urteilen. Gleichwohl gibt es Äußerungen von ihm, etwa zu Juden oder zu Frauen, die ich so nicht teilen kann.
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Dr. Markus Hirte, Leiter des Mittelalterlichen Kriminalmuseums

Dr. Markus Hirte, Leiter des Mittelalterlichen Kriminalmuseums: Ich bin in Weimar/Thüringen, also einem Kernland der Reformation, geboren und aufgewachsen und habe deshalb schon regional eine enge Verbindung zu Martin Luther. Bereits als Kind standen bei mir Besuche auf der Wartburg bei Eisenach hoch im Kurs. Zudem bin ich Protestant und habe dadurch auch konfessionell eine Bindung zum Reformator. Mein Lieblingszitat von Luther lautet: ,Wer bekommt, was er mag, ist erfolgreich. Wer mag, was er bekommt, ist glücklich.‘ Ich halte ihn für eine der bedeutendsten Persönlichkeiten des letzten Jahrtausends und habe höchsten Respekt vor seiner Lebensleistung und geistigen und geistlichen Brillanz. Luther ist für mich ein Mensch mit Stärken und Schwächen und ich versuche deshalb nicht über ihn zu urteilen. Gleichwohl gibt es Äußerungen von ihm, etwa zu Juden oder zu Frauen, die ich so nicht teilen kann. © mes

Johannes Pabinger, MissioPoint Sekretär im CVJM Rothenburg/Leuzenbronn: An Martin Luther gefällt mir vor allem, dass er als brillanter Denker einen kühlen Kopf bewahrt. In Streitfragen argumentiert er sachlich. Einschüchterungsversuche anderer Menschen interessieren ihn nicht. Das ist eine bemerkenswerte Fähigkeit, die jedem, der sie ausübt, viel Freiheit bringt. Denn ich finde, dass es fast nichts Schlimmeres gibt, als vor den Mächtigen zu ducken. Die Wahrheit steht über der Frage, was denn die ,anderen‘ denken könnten. 
 Daneben gefällt mir seine Freude am Leben, die sich in der Liebe zu den Menschen ausdrückt – trotz allem Schweren seiner Zeit. Martin Luther freut sich am ganz normalen Leben, das Gott jedem Menschen schenkt. Er gründet eine Familie und damit das erste Pfarrhaus, nimmt Pflegekinder an und wird wohl der erste Pfarrer mit einem ziemlich alternativen Lebensstil gewesen sein.
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Johannes Pabinger, MissioPoint Sekretär im CVJM Rothenburg/Leuzenbronn

Johannes Pabinger, MissioPoint Sekretär im CVJM Rothenburg/Leuzenbronn: An Martin Luther gefällt mir vor allem, dass er als brillanter Denker einen kühlen Kopf bewahrt. In Streitfragen argumentiert er sachlich. Einschüchterungsversuche anderer Menschen interessieren ihn nicht. Das ist eine bemerkenswerte Fähigkeit, die jedem, der sie ausübt, viel Freiheit bringt. Denn ich finde, dass es fast nichts Schlimmeres gibt, als vor den Mächtigen zu ducken. Die Wahrheit steht über der Frage, was denn die ,anderen‘ denken könnten. Daneben gefällt mir seine Freude am Leben, die sich in der Liebe zu den Menschen ausdrückt – trotz allem Schweren seiner Zeit. Martin Luther freut sich am ganz normalen Leben, das Gott jedem Menschen schenkt. Er gründet eine Familie und damit das erste Pfarrhaus, nimmt Pflegekinder an und wird wohl der erste Pfarrer mit einem ziemlich alternativen Lebensstil gewesen sein. © mes

Dekan Hans-Gerhard Gross: Auswendig lernen hat mich noch nie begeistern können. So hielt sich auch meine Begeisterung bei meiner ersten bewussten Begegnung mit Martin Luther sehr in Grenzen. Ich war Konfirmand und ich wusste, die Konfirmation gibt es nur mit dem Kleinen Katechismus eines Dr. Martin Luther, der vor langer Zeit gelebt hat. Und dieser Katechismus war nicht lediglich in Händen zu halten, sondern auswendig zu lernen – sämtliche Hauptstücke samt Erklärungen Luthers, Wort für Wort! Was mir damals überhaupt nicht behagte, hat mich begleitet und geprägt in meiner Existenz als evangelischer Christ und Pfarrer. 
 Bis heute finde ich Luthers Beschreibung dessen, was alles zum täglichen Brot gehört, treffend und ganz stark am Leben orientiert: ,Was heißt denn tägliches Brot?‘, fragt er. Und die Antwort lautet: ,Alles, was not tut für Leib und Leben, wie Essen, Trinken, Kleider, Schuh, Haus, Hof, Acker, Vieh, Geld, Gut, fromme Eheleute, fromme Kinder, fromme Gehilfen, fromme und treue Oberherren, gute Regierung, gut Wetter, Friede, Gesundheit, Zucht, Ehre, gute Freunde, getreue Nachbarn und desgleichen.‘ Wer diese umfassende Sorge um das tägliche Brot in Gottes Hände legen kann, legt zwar nicht die Hände in den Schoß, weiß sich aber von einem Vertrauen getragen, das jenseits aller menschlichen Anstrengung und Sorge liegt. 
 So kann Luther auch in einer Tischrede sagen: ,Ich sitze hier und trinke mein gutes Wittenbergisch Bier, und das Reich Gottes kommt von ganz alleine.‘ Diese Zuversicht in Gottes Wirken und Handeln wird gerade in turbulenten Zeiten, wie wir sie gegenwärtig erleben, ungeheuer wichtig. An einem Martin Luther können wir uns auch heute noch orientieren.
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Dekan Hans-Gerhard Gross

Dekan Hans-Gerhard Gross: Auswendig lernen hat mich noch nie begeistern können. So hielt sich auch meine Begeisterung bei meiner ersten bewussten Begegnung mit Martin Luther sehr in Grenzen. Ich war Konfirmand und ich wusste, die Konfirmation gibt es nur mit dem Kleinen Katechismus eines Dr. Martin Luther, der vor langer Zeit gelebt hat. Und dieser Katechismus war nicht lediglich in Händen zu halten, sondern auswendig zu lernen – sämtliche Hauptstücke samt Erklärungen Luthers, Wort für Wort! Was mir damals überhaupt nicht behagte, hat mich begleitet und geprägt in meiner Existenz als evangelischer Christ und Pfarrer. Bis heute finde ich Luthers Beschreibung dessen, was alles zum täglichen Brot gehört, treffend und ganz stark am Leben orientiert: ,Was heißt denn tägliches Brot?‘, fragt er. Und die Antwort lautet: ,Alles, was not tut für Leib und Leben, wie Essen, Trinken, Kleider, Schuh, Haus, Hof, Acker, Vieh, Geld, Gut, fromme Eheleute, fromme Kinder, fromme Gehilfen, fromme und treue Oberherren, gute Regierung, gut Wetter, Friede, Gesundheit, Zucht, Ehre, gute Freunde, getreue Nachbarn und desgleichen.‘ Wer diese umfassende Sorge um das tägliche Brot in Gottes Hände legen kann, legt zwar nicht die Hände in den Schoß, weiß sich aber von einem Vertrauen getragen, das jenseits aller menschlichen Anstrengung und Sorge liegt. So kann Luther auch in einer Tischrede sagen: ,Ich sitze hier und trinke mein gutes Wittenbergisch Bier, und das Reich Gottes kommt von ganz alleine.‘ Diese Zuversicht in Gottes Wirken und Handeln wird gerade in turbulenten Zeiten, wie wir sie gegenwärtig erleben, ungeheuer wichtig. An einem Martin Luther können wir uns auch heute noch orientieren. © mes

Oberbürgermeister Walter Hartl: Martin Luther war nicht nur der theologische Urheber der Reformation, sondern auch ein bildungspolitischer Vordenker: Er forderte staatliche Bildung für alle und die Ratsherren der deutschen Städte dazu auf, die ,allerbesten Schulen für Knaben und Mädchen an allen Orten aufzurichten‘. Bildung sah er als Waffe im Kampf gegen das Böse – ausgehend von der Erkenntnis, dass sich Menschen ohne Bildung leichter manipulieren lassen. Eine Erkenntnis, die heute so aktuell ist wie damals.
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Oberbürgermeister Walter Hartl

Oberbürgermeister Walter Hartl: Martin Luther war nicht nur der theologische Urheber der Reformation, sondern auch ein bildungspolitischer Vordenker: Er forderte staatliche Bildung für alle und die Ratsherren der deutschen Städte dazu auf, die ,allerbesten Schulen für Knaben und Mädchen an allen Orten aufzurichten‘. Bildung sah er als Waffe im Kampf gegen das Böse – ausgehend von der Erkenntnis, dass sich Menschen ohne Bildung leichter manipulieren lassen. Eine Erkenntnis, die heute so aktuell ist wie damals. © mes

Landeskirchenmusikdirektor Ulrich Knörr: Das Besondere für mich an Martin Luther ist, dass er den Gemeindegesang als festen Bestandteil in den Gottesdienst integriert hat. In einer Messfeier war es vorher so, dass die Gemeinde eine eher zuschauende Rolle hatte und höchstens mit einigen Kyrie-Rufen beteiligt war. Hauptsächlich sangen Männerstimmen, meistens Priester, den gregorianischen Choral.
 Luther hat angefangen Kirchenlieder zu dichten und mit seinen Freunden Melodien dazu zu erfinden. Manchmal wurden auch von weltlichen Liedern die Melodien genommen und mit geistlichen Texten unterlegt. Damit konnte man zum ersten den Menschen, die zum Teil nicht lesen und schreiben konnten, das Evangelium in Liedform nahebringen und zum zweiten den Gottesdienst lebendig gestalten, indem die Gemeinde ganz bewusst mit Singen daran beteiligt wurde. 
 In der berühmten Kirchweih-Predigt zur Einweihung der Torgauer Schlosskirche gibt Martin Luther eine ganz kurze, klare Definition von Gottesdienst: ,Gott spricht mit uns durch sein Wort und wir antworten ihm mit Gebet und Lobgesang.‘ Von da aus hat sich die evangelische Kirchenmusik entwickelt. Komponisten wie Johann Walter und später Heinrich Schütz setzten die Worte des Evangeliums in die Sprache der Musik um und vertieften damit die Worte der Bibel. 
 Während vorher die kirchenmusikalischen Werke meist in der Kirchensprache Latein erklangen, verwendeten die Komponisten der Reformation die deutsche Sprache. Martin Luther räumte der Musik nach der Theologie den höchsten Stellenwert ein. Auch instrumentale Musik konnte bei Luther im Gottesdienst ihr Recht haben, wenn sie zur Ausdeutung des Evangeliums und zur Erbauung der Menschen beitrug. 
 So ist daraus ein großer Schatz an Kirchenmusik entstanden und entsteht heute noch, den wir in unseren Gottesdiensten und Konzerten erleben dürfen und zu dem wir uns als singende Gemeinde hinzugesellen.
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Landeskirchenmusikdirektor Ulrich Knörr

Landeskirchenmusikdirektor Ulrich Knörr: Das Besondere für mich an Martin Luther ist, dass er den Gemeindegesang als festen Bestandteil in den Gottesdienst integriert hat. In einer Messfeier war es vorher so, dass die Gemeinde eine eher zuschauende Rolle hatte und höchstens mit einigen Kyrie-Rufen beteiligt war. Hauptsächlich sangen Männerstimmen, meistens Priester, den gregorianischen Choral. Luther hat angefangen Kirchenlieder zu dichten und mit seinen Freunden Melodien dazu zu erfinden. Manchmal wurden auch von weltlichen Liedern die Melodien genommen und mit geistlichen Texten unterlegt. Damit konnte man zum ersten den Menschen, die zum Teil nicht lesen und schreiben konnten, das Evangelium in Liedform nahebringen und zum zweiten den Gottesdienst lebendig gestalten, indem die Gemeinde ganz bewusst mit Singen daran beteiligt wurde. In der berühmten Kirchweih-Predigt zur Einweihung der Torgauer Schlosskirche gibt Martin Luther eine ganz kurze, klare Definition von Gottesdienst: ,Gott spricht mit uns durch sein Wort und wir antworten ihm mit Gebet und Lobgesang.‘ Von da aus hat sich die evangelische Kirchenmusik entwickelt. Komponisten wie Johann Walter und später Heinrich Schütz setzten die Worte des Evangeliums in die Sprache der Musik um und vertieften damit die Worte der Bibel. Während vorher die kirchenmusikalischen Werke meist in der Kirchensprache Latein erklangen, verwendeten die Komponisten der Reformation die deutsche Sprache. Martin Luther räumte der Musik nach der Theologie den höchsten Stellenwert ein. Auch instrumentale Musik konnte bei Luther im Gottesdienst ihr Recht haben, wenn sie zur Ausdeutung des Evangeliums und zur Erbauung der Menschen beitrug. So ist daraus ein großer Schatz an Kirchenmusik entstanden und entsteht heute noch, den wir in unseren Gottesdiensten und Konzerten erleben dürfen und zu dem wir uns als singende Gemeinde hinzugesellen. © mes

Tourismusdirektor Dr. Jörg Christöphler: "Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen." Diese Worte Luthers auf dem Reichstag zu Worms 1521 sind historisch so zwar nicht belegt, für mich bündeln sie aber wie in einem Brennspiegel die Ambivalenz der Person Luthers. Als individuelle, moralische Aussage, das eigene Gewissen und den Glauben betreffend, halte ich den Satz für vorbildlich. Innerhalb der sozialen und politischen Sphäre ist er jedoch fatal: Wirkungsgeschichtlich knüpft sich daran eine verhängnisvolle Rigorosität der Deutschen in öffentlichen Auseinandersetzungen und manches Mal ein Ausweis mangelnder Verhandlungsfähigkeit in politischen Fragen.
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Tourismusdirektor Dr. Jörg Christöphler

Tourismusdirektor Dr. Jörg Christöphler: "Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen." Diese Worte Luthers auf dem Reichstag zu Worms 1521 sind historisch so zwar nicht belegt, für mich bündeln sie aber wie in einem Brennspiegel die Ambivalenz der Person Luthers. Als individuelle, moralische Aussage, das eigene Gewissen und den Glauben betreffend, halte ich den Satz für vorbildlich. Innerhalb der sozialen und politischen Sphäre ist er jedoch fatal: Wirkungsgeschichtlich knüpft sich daran eine verhängnisvolle Rigorosität der Deutschen in öffentlichen Auseinandersetzungen und manches Mal ein Ausweis mangelnder Verhandlungsfähigkeit in politischen Fragen. © mes

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