Abfall statt Souvenirs gesammelt

11.10.2013, 13:59 Uhr
Abfall statt Souvenirs gesammelt

© Privat

In Syrien und Nordkorea, dem Libanon, Iran und Irak hat sich die gelernte Dolmetscherin in den vergangenen Jahren bereits auf eigene Faust für Tierrechte und einen verantwortungsvolleren Umgang mit der Natur stark gemacht (wir berichteten). Denn in Krisenregionen seien Tiere noch schutzloser als ohnehin schon. Dahinter steht keine Organisation, kein Verein. Unterwegs ist die junggebliebene Mittfünfzigerin stets allein, mit selten mehr als Rucksack, Kamera und ihrer ureigenen Offenheit und Furchtlosigkeit im Gepäck. Damit hat sie schon iranische Mullahs und nordkoreanische Militärs überzeugt oder zumindest zum Nachdenken gebracht.

Wenn jemand Barbara Engelhardts Engagement für verrückt oder zumindest für reichlich skurril hält, kann sie dem nicht zuletzt ihren jüngsten „Fall“ entgegenhalten. Denn ihr hartnäckiger und oft einsamer Kampf gegen Umweltsünder und Tierquäler ist längst nicht so absurd, wie Schlittenhunde zur Belustigung der Reichen ins Wüstenklima Ägyptens oder Saudi-Arabiens zu schaffen.

Abfall statt Souvenirs gesammelt

© Privat

Der Zufall wollte es anders

Für die Wettelsheimerin war diese vermeintliche Praxis Anlass, einmal mehr die Koffer zu packen und über Island nach Grönland aufzubrechen, um die Verantwortlichen vor Ort zur Rede zu stellen. „Vermeintlich“ deshalb, weil Engelhardt diesmal falsch lag. Denn auf der arktischen Insel erfuhr sie, dass es für die dortigen Huskys sowohl ein Ausfuhrverbot als auch in Nahost gar keinen Markt gibt. Gefragt seien dort nur Schlittenhunde aus der Ukraine – wegen ihrer charakteristischen blauen Augen.

Schon einmal vor Ort, blieb Engelhardt jedoch einige Tage in dem 280-Seelen-Ort Kulusuk auf der südwest-grönländischen Insel Ammassalik und quartierte sich ohne viel Federlesens bei den Inuit sowie bei einem kanadischen Geologen-Team ein. Dabei erfuhr sie unter anderem, dass die Einheimischen dort kaum noch in traditioneller Weise von Wal- und Robbenfleisch leben, sondern per Schiff und Flugzeug längst massenweise westliche Lebensmittel importieren.

Das Problem: „Den Verpackungsmüll lassen sie einfach fallen, wo sie gerade stehen“, so die Beobachtung der Wettelsheimerin. Kaum ein Bachlauf, in dem sie keine Plastiktüten und Bierdosen gefunden habe – ganz zu schweigen von bergeweise Schrott aus der Zeit einer 1991 aufgelösten US-amerikanische Radarstation.

Müll wem Müll gebührt

Kurzerhand wurde Engelhardt deshalb zur Müllsammlerin. Ein längerer Spaziergang – zeitweise begleitet von einem fast handzahmen Schneefuchs, der so etwas wie ihr Maskottchen wurde – reichte, um zwei Tüten mit Unrat zu füllen. Die warf die Aktivistin allerdings nicht einfach in den nächsten Container: Sie nahm den Abfall mit zum Flughafen und gab ihn als ihr Gepäck auf! Ein Kanadier half ihr sogar noch, die Tüten zu tragen.

Zurück in Island, machte sich Engelhardt mit ihrem Müll schnurstracks auf zur Niederlassung der Fluglinie, die die Lebensmittel samt Verpackungen zuvor nach Grönland gebracht hatte, und stellte den verdutzten Mitarbeitern die Tüten demonstrativ auf den Tresen. „Die haben geschaut, als käme ich gerade vom Mond“, erinnert sie sich lachend. „Das sollte jeder Tourist machen“, habe sie eine Mitreisende jedoch bestärkt – wenngleich die meisten ihre Aktion für „funny“ und wohl auch für ein wenig übergeschnappt gehalten hätten.

Wieviel Wirkung ihr symbolischer Protestakt letztlich gezeigt hat, weiß Barbara Engelhardt nicht. Immerhin habe ihr das Fluglinienpersonal aber versprochen, ihre Botschaft an die Firmenleitung weiterzuleiten. Zudem wolle sie nun einen Brief an die dänische Königin Margrethe II. verfassen, die schließlich als Staatsoberhaupt für die „Sauerei“ auf der Insel mitverantwortlich sei. „Einer muss ja anfangen“, meint sie.

Dass die Wettelsheimerin anschließend nach kurzem Zwischenstopp zu Hause gleich wieder in Sachen Huskys in die Ukraine startete, ist eine andere Geschichte...

0 Kommentare