Angekommen: Von Syrien zum Salon in Treuchtlingen

7.10.2020, 06:04 Uhr
Angekommen: Von Syrien zum Salon in Treuchtlingen

© Lidia Piechulek

Mit rotem Backsteinmuster tapezierte Wände, golden gerahmte Spiegel, Sofas und Sessel aus tiefbraunem Leder: Irgendwie ist das Geschäft britisch-chic eingerichtet und soll es auch sein. Aber auf einem großen Flachbildfernseher läuft tagsüber Musik aus der Heimat. Ein echter Stilbruch und doch irgendwie stimmig. Arabische Klänge begleiten Husam Alesmaeil, während er durch den "Kingsman Barber Shop" am Treuchtlinger Wallmüllerplatz läuft, den er seit gut vier Monaten mit einem Mitarbeiter betreibt.

Für ihn ist mit dem eigenen Salon ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen. Und dennoch ist nicht alles perfekt, so wie es jetzt ist: "Ich würde meinen Kunden gern Kaffee und Wasser servieren", erklärt der Syrer. Doch könne mit der Pflicht zur Mund-Nasen-Bedeckung ein richtiges Lounge-Gefühl nicht aufkommen.

Unsichtbar für Alesmaeils Kunden, liegt im Bereich hinter der Verkaufskasse noch immer beinahe die Hälfte der Ladenfläche brach. Doch das soll so nicht bleiben. Hier wird in naher Zukunft eine Friseurmeisterin allen weiblichen Kundinnenn die Haare schneiden, erklärt der gebürtige Syrer. Er selbst hat sein Leben lang fast ausschließlich Männer frisiert. Außer in Donauwörth, wo er bis zuletzt drei Jahre lang in einem Friseursalon angestellt war.

Eine Chance nach dem Krieg

"Deutschland hat mir eine neue Chance gegeben", betont Alesmaeil. Denn im syrischen Hama konnten er und seine Ehefrau nicht mehr bleiben. Dort sei der Krieg voll im Gang gewesen: "Menschen wurden getötet und Städte bombardiert", erzählt er. Das Ehepaar floh also über die türkische Grenze und ließ das Haus leer zurück – wie viele andere in dem Ort. Über den Landweg machten sie sich auf in Richtung Deutschland.

Im Sommer 2015 erreichten sie ihr Ziel und Husam Alesmaeil besuchte schnellstmöglich einen Deutschkurs. Sobald er die Aufenthaltserlaubnis in der Tasche hatte, begann er als Friseur zu arbeiten. Und er verfolgte den Traum, sich irgendwann einmal selbstständig zu machen. Seit ein paar Monaten hat er nun die Verkaufsfläche am Wallmüllerplatz gemietet; der Moment ist gekommen. Alesmaeil räumt ein, dass es für ihn in den vergangenen fünf Jahren sehr glimpflich gelaufen ist.

Seiner geplanten Eröffnung im März kam zwar zunächst die Corona-Pandemie in die Quere. Seit dem 4. Mai darf er nun allerdings seinen Barber Shop betreiben. "Die Treuchtlinger sind froh, dass es so etwas jetzt auch hier gibt", berichtet der 34-Jährige von seinen Erfahrungen.

Der Anfang war schwer

Insbesondere im ersten Monat sei es zwar schleppend angelaufen. Viele Kunden erkundigten sich zu Beginn nach der Bartpflege, die Alesmaeil allerdings aufgrund der geltenden Corona-Bestimmungen zunächst nicht anbieten konnte. Mittlerweile scheint der erste Druck, der aus der neuen Selbstständigkeit resultiert ist, von Husam Alesmaeil abgefallen zu sein.

Einige Kunden seien ihm sogar aus dem Salon in Donauwörth nach Treuchtlingen gefolgt, erzählt er. Weil das Friseurhandwerk seine Leidenschaft ist, freut ihn das ganz besonders. "Ich mag es, so viel mit den Kunden zu sprechen und die Leute schön zu machen", sagt er.

In Kürze erwarten der Syrer und seine Frau ihr erstes Kind – dann ist auch das private Glück komplett. Wenn der Barbier auf sein Leben vor fünf Jahren zurückblickt, bleibt ihm daher nur eines zu sagen: Bisher sei sein Werdegang seit seiner Ankunft in Deutschland "ein großer Erfolg".

Verwandte Themen


0 Kommentare