Corona macht Treuchtlinger Haushalt zur Zitterpartie

7.7.2020, 06:04 Uhr
Corona macht Treuchtlinger Haushalt zur Zitterpartie

© Foto: Patrick Shaw

Besonders düster sieht es bei der Gewerbesteuer aus. Wegen größerer Rückzahlungen befand sich das Konto laut Wenzel schon Ende März gegenüber dem im vergangenen Dezember veranschlagten Ansatz von 3,3 Millionen Euro um gut 130.000 Euro im Minus. Immerhin sahen die erwarteten Vorauszahlungen aber mit 3,6 Millionen Euro "noch ganz gut aus". Nun sind auch sie wegen der Pandemie auf 2,9 Millionen Euro zusammengeschrumpft. 60 Firmen haben dem Kämmerer zufolge ihre Vorauszahlungen komplett ausgesetzt und es sei "gut möglich, dass es bis Jahresende noch mehr werden".

Insgesamt liegt der erwartete Rückgang der Gewerbesteuer laut Wenzels Hochrechnung bei etwa 640.000 Euro oder 22 Prozent und damit leicht über dem vom bayerischen Städtetag errechneten Durchschnitt von 20 Prozent. Bei der Einkommensteuerbeteiligung ist das Minus wegen der Auswirkungen der Kurzarbeit mit 608.000 Euro ähnlich groß. Dazu kommen 140.000 Euro weniger bei der Grunderwerbs- und 21.000 Euro weniger bei der Umsatzsteuer.

Zuzüglich der im Gegenzug um etwa 220.000 Euro höheren staatlichen Zuweisungen bleiben der Stadt damit für 2020 etwa 8,6 Millionen Euro an Steuereinnahmen statt der noch vor einem halben Jahr angesetzten 9,7 Millionen. "Das ist schon eine deutliche Delle", so Wenzel. Denn eigentlich müsste die Kommune davon alle laufenden Kosten decken – einschließlich der hohen Defizite bei Kindertagesstätten und Altmühltherme. "Dafür bräuchten wir eher elf bis zwölf Millionen Euro, und die haben wir in den letzten zehn Jahren nur zweimal zumindest annähernd erreicht", so der Kämmerer.

"Ein Lichtblick" ist für die Stadtkasse das angekündigte staatliche Krisenpaket. Besonders hilft der Kommune die Mehrwertsteuersenkung, die sich auf alle im zweiten Halbjahr fertiggestellten Projekte auswirkt – darunter die Erschließung des Baugebiets Winkel-Süd, die neue Rathaus-Heizung und der Abbruch des städtischen Pflegeheims. Auch Lieferungen werden günstiger, zum Beispiel Streusalz.

Hilfen mit Haken

Außerdem haben Bund und Freistaat den Kommunen im Zuge des "kommunalen Solidarpakts" einen Ausgleich ihrer Gewerbesteuerausfälle zugesagt. Zwölf Milliarden Euro stehen dafür laut Wenzel bundesweit zur Verfügung, wobei Bayern seinen Anteil nochmals verdoppelt. Heruntergebrochen auf die Einwohnerzahl könnte Treuchtlingen davon etwa 2,4 Millionen Euro erhalten. Allerdings sind dem Kämmerer zufolge die Verteilungskriterien noch unklar – er würde sich schon über die Hälfte freuen. Zudem werde die Hilfe auf die Steuerkraft angerechnet, sodass sie in zwei Jahren in Form einer höheren Kreisumlage durchschlägt.

"Nicht verleiten lassen" sollte sich die Stadt nach Wenzels Ansicht von den in Aussicht gestellten Erleichterungen im Haushaltsrecht. Diese könnten es der Kommune einfacher machen, Schulden für laufende Kosten statt für nachhaltige Investitionen aufzunehmen – ein riskanter Pfad, den Treuchtlingen besser nicht beschreiten solle.

"Ein gutes Zeichen" ist es für den Kämmerer, dass die Stadt zum Halbjahr erst 48 Prozent der angesetzten Personalkosten verbraucht hat. 7,8 Millionen Euro stehen für 2020 bereit. Für den Gebäudeunterhalt sind sogar erst 45 Prozent der veranschlagten 2,6 Millionen Euro geflossen. Anders sieht es beim Straßenbau aus: Hier ist der Etat von 379.000 Euro bereits zu vier Fünfteln aufgebraucht. Positiv wirkt sich im Verwaltungshaushalt die einmalige "Schließungsprämie" für das Stadtkrankenhaus in Höhe von 251.000 Euro aus. Und auch der Reisemobilstellplatz macht sich trotz der Corona-Schließung im April und Mai mit 3035 Übernachtungen im Juni sehr gut – angesetzt waren 3200, der Durchschnitt der letzten Jahre liegt bei 2855.

Die größten Investitionen, die die Stadt dieses Jahr bezahlt hat oder noch bezahlen muss, sind der letzte Umbauabschnitt der Therme (3,2 Millionen Euro), das neue Treuchtlinger Feuerwehrhaus (2,1 Millionen), die Kanalbauarbeiten in Auernheim (1,5 Millionen), der Ausbau der Johann-Lindner-Straße (1,2 Millionen) und die Kindergarten-Erweiterung in Wettelsheim (knapp 900.000). Insgesamt summieren sich die Bauprojekte auf rund 12,2 Millionen Euro.

Die Schulden steigen weiter

Finanziert wird dies sowie das Defizit im Verwaltungsetat durch Kredite. So betrug der Schuldenstand der Stadt (ohne Stadtwerke) zum Jahreswechsel knapp 19,1 Millionen Euro. Weitere 8,9 Millionen Euro hat der Stadtrat bereits genehmigt, 4,5 Millionen wurden ausgezahlt. Für rund 975.000 Euro an unerwarteten Mehrkosten im laufenden sowie 422.000 Euro im vergangenen Jahr erteilte der Finanzausschuss der Kämmerei grünes Licht.

Die Folgen von Corona für den Haushalt 2021 sind laut Wenzel noch schlechter abzuschätzen als für den aktuellen. Positiv sei, dass sich die vor wenigen Jahren noch schrumpfende Einwohnerzahl Treuchtlingens bei 12.950 "gefangen" habe. Die Einkommensteuerbeteiligung sieht der Kämmerer nächstes Jahr bei etwa 6,1 Millionen Euro – 400.000 mehr als heuer. "Die große Frage" bleibe indes die Höhe der Gewerbesteuereinnahmen, die er mit 2,5 Millionen Euro eher vorsichtig ansetze.

Insgesamt rechnet Wenzel für 2021 mit einem Budget aus Steuereinnahmen und Zuweisungen abzüglich Umlagen von etwa 9,4 Millionen Euro (plus 800.000 gegenüber 2020). Allein die geplanten Investitionen würden dieses Limit jedoch ausreizen – darunter die weitere Bezuschussung der Therme, der Neubau der Senefelder-Schule und des Treuchtlinger Feuerwehrhauses sowie die Erweiterung der Kindergärten am Burgstall und in Wettelsheim. Denkbare neue Projekte seien das Feuerwehrhaus in Dietfurt, der Umbau des Rathauses in Möhren sowie diverse Straßen- und Kanalbaumaßnahmen.

Die Steuerkraft pro Einwohner sinkt in Treuchtlingen im nächsten Jahr voraussichtlich mit 799 Euro erstmals seit 2018 wieder unter die 800-Euro-Marke. In Städten ähnlicher Größe in Bayern liegt sie durchschnittlich bei 1516 Euro. Die Vorberatungen für den Haushalt 2021 beginnen am 8. Oktober, die Verabschiedung ist für den 10. Dezember geplant.

Der Nachtragshaushalt 2019 und 2020

Weniger Mehrkosten durch mehr Kommunikation?

Insgesamt rund 1,4 Millionen Euro an über- und außerplanmäßigen Ausgaben hat der Finanzausschuss des Treuchtlinger Stadttrats für die Haushaltsjahre 2019 und 2020 einstimmig durchgewunken. Die dicksten Brocken sind dabei für das Jahr 2019 rund 505.000 Euro für die Kindertagesstätten, 237.000 Euro an Gewerbesteuerumlage und 115.000 Euro für das neue Museumskonzept. Kurze Rückfragen gab es im Gremium zu den Mehrkosten für Strom und Wasser im ehemaligen Stadtkrankenhaus (knapp 35.000 Euro trotz Stilllegung), für das Eisenbahn-Jubiläum im vergangenen Jahr (27.000 Euro mehr als geplant) sowie für die Schlossweihnacht (18.400 Euro mehr für Ausweitung und neue Beleuchtung). Ziemlich genau über die Einnahmen gedeckt werden dagegen aktuell die Kosten für die kommunale Verkehrsüberwachung.

"Zufrieden bin ich nicht", kommentierte CSU-Fraktionschef Uwe Linss die Nachträge. Das Geld sei jetzt zwar schon ausgegeben, zum Beispiel bei den Zusatzkosten im Stadtbauhof hätte er aber "gern mehr Kommunikation, denn die vielen kleinen Posten läppern sich".

Im laufenden Jahr schlagen insbesondere die Mehrkosten für die neuen Radwege an der Altmühlbrücke, bei Graben und bei Auernheim (132.000 Euro), die Kanalerschließung für das Schambacher Baugebet (127.000 Euro), das neue Feuerwehrhaus in Gundelsheim (105.000 Euro) und den Ausbau der Johann-Lindner-Straße (95.000 Euro) zu Buche. Der Umbau des Wallmüllerplatzes kostet final nochmals 20.500 Euro mehr als geplant, war aber laut Kämmerer Dominik Wenzel mit insgesamt 2,46 Millionen Euro "fast eine Punktlandung".

In Schambach beklagt Ortssprecher Josef Ferschl dagegen teils "unprofessionelle" Doppel- und Mehrarbeiten, die die Stadt nun zu tragen habe. Ein Gutteil der übrigen Nachträge resultiert Wenzel zufolge aus Verschiebungen nicht abgerechneter Kosten aus dem Jahr 2019. Gleiches werde im Fall der Kindergartenerweiterungen am Burgstall und in Wettelsheim voraussichtlich auch zum Jahreswechsel 2020/21 passieren.

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