Deutsche Bahn erneuert ihr Zugmaterial

21.11.2017, 15:00 Uhr
Deutsche Bahn erneuert ihr Zugmaterial

© Benjamin Huck

Mittlerweile kurz vor der Betriebsaufnahme steht der Triebzug Twindexx Vario Baureihe 445 von Bombardier, der künftig zwischen Nürnberg, Treuchtlingen, Ingolstadt und München sowie Augsburg fahren wird. Die neuen Doppelstockwagen sind teilweise schon heute auf der Strecke unterwegs. Künftig wird die Lok wegfallen, weil der Zug dann zwei Triebwagen bekommt.

Nachdem mit deutlicher Verzögerung nun auch die ersten Triebwagen vom Eisenbahnbundesamt zugelassen wurden, läuft aktuell die Auslieferung und die Ausbildung von Lokführern und Werkstattpersonal auf Hochtouren, vereinzelt konnten bereits erste Züge im Fahrgasteinsatz beobachtet werden. Zusammen mit den Skoda-Zügen wird der Twindexx Vario in einer neu gebauten Werkstatt in München-Pasing stationiert.

Testlauf für den Schnellzug

Mit Eröffnung der Neubaustrecke von Nürnberg nach Ingolstadt nahm 2006 auch Deutschlands schnellster Nahverkehrszug, der München-Nürnberg-Express, seinen Betrieb auf. Der große Erfolg des Zuges ist bis heute allerdings auch sein Problem, denn die eingesetzten rot lackierten ehemaligen Intercity-Wagen bieten zu wenig Sitzplätze. Aufgrund der Bahnsteiglänge können aber auch nicht einfach mehr Waggons angekuppelt werden.

Deutsche Bahn erneuert ihr Zugmaterial

© Andreas Dollinger

Als die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG), eine Tochterfirma des Bayerischen Verkehrsministeriums, 2012 den München-Nürnberg-Express für den Zeitraum von Dezember 2016 bis 2028 neu ausschrieb und dabei mindestens 20 Prozent mehr Sitzplätze forderte, war schnell klar, dass dies nur mit einem Doppelstockzug realisiert werden kann. Die Deutsche Bahn setzte sich daher parallel mit der Industrie zusammen um einen neuen Zug zu entwickeln.

Die meisten Hersteller zeigten allerdings nur wenig Interesse dieses doch anspruchsvolle Fahrzeug in einer derart überschaubaren Stückzahl zu bauen. Vor allem die große Druckbelastung aufgrund möglicher Begegnungen mit 300 Kilometer pro Stunde schnellen ICE in Tunneln stellte die Ingenieure vor Herausforderungen, vorhandene Standardlösungen schieden von vornherein aus. Am Ende war einzig die tschechische Traditionsfirma Skoda bereit, sich zu einem wirtschaftlichen Preis auf das Projekt einzulassen. Nachdem 2013 die BEG der DB Regio Oberbayern schließlich den Auftrag erteilte, den München-Nürnberg-Express weiterhin zu betreiben, bestellte die DB sechs Loks der Baureihe 102 und insgesamt 36 Doppelstockwagen für 110 Millionen Euro bei Skoda.

Züge kommen verspätet

Schnell war jedoch absehbar, dass Skoda es nicht schaffen wird, die Züge bis Dezember 2016 auszuliefern – man hinkte dem Zeitplan immer weiter hinterher. Seit Juni absolvieren sie nun aber zumindest Versuchsfahrten auf Gleisen im gesamten Bundesgebiet und im tschechischen Versuchszent­rum Velim, Ende September war man auch mehrfach im Raum Treuchtlingen unterwegs.

Mehrmals täglich wurde bei „grüner Welle“ zwischen Roth und Donauwörth gependelt und insbesondere das allgemeine Fahrverhalten erprobt. Während die Waggons eine komplette Neuentwicklung sind, ist die Lok keine Unbekannte, denn sie basiert auf dem Skoda Typ 109E, der bereits vor einigen Jahren für einige Wochen um Treuchtlingen erprobt wurde.

Damals produzierte Skoda 20 Exemplare einer Mehrsystem-Lok (für 15.000 Volt in Deutschland und Österreich sowie 25.000 Volt in Tschechien) für den durchgehenden grenzüberschreitenden Verkehr mit Eurocities auf der Strecke Hamburg – Prag – Wien. Dazu kam es allerdings nie, denn obwohl das Eisenbahnbundesamt der Lok eine Betriebszulassung erteilte, schränkt die Deutsche Bahn bis heute den Einsatz auf deutschen Gleisen derart ein, dass ein Einsatz vor Schnellzügen keinen Sinn macht.

Die Tschechische Bahn hat daher mittlerweile alternative Loks bei Siemens bestellt. Man darf daher durchaus gespannt sein, ob die DB den Einsatz der eigenen Loks in ähnlicher Weise einschränken wird. Noch rechnet man mit einer Betriebsaufnahme Mitte bis Ende 2018.

Waggons aus Japan

Ebenfalls zu Versuchsfahrten auf Treuchtlinger Gleisen war zudem ein Elektrotriebzug des Typs AT200 unterwegs. Kein anderer Zug dürfte jemals eine weitere Anreise gehabt haben, denn gebaut wurde er von Hitachi in Japan für die schottische Eisenbahn. Da die Deutsche Bahn mit der Inbetriebsetzung und Zulassung beauftragt wurde, es aber relativ schwer und bürokratisch ist, Genehmigungen für Testfahrten in Großbritannien zu erhalten, entschied man sich, den Zug soweit möglich in Deutschland zu erproben.

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