"Durch die Krise": Treuchtlinger Gründer bangen um ihre Existenz

1.3.2021, 06:01 Uhr

© Foto: Lidia Piechulek

Die Corona-Beschränkungen und der Lockdown, sie haben Johannes Hollberg viele, viele schlaflose Nächte gekostet. Denn der 30-jährige Gastronom hatte sich seinen Start in die Selbstständigkeit bei weitem nicht so vorgestellt, wie er sich jetzt entwickelt hat.


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Als das "Hollberg" am 28. Februar für gut drei Wochen erstmalig öffnen durfte, da sind er und seine beiden Mitstreiter in der Küche und im Service beinahe überrannt worden. Erst drei Tage vor dem ersten Lockdown riss der Besucherstrom abrupt ab, wohl weil sich die Treuchtlinger ob der rasant steigenden Infektionszahlen immer mehr isolierten.

Seither hat Johannes Hollberg diese Zurückhaltung und Vorsicht bei seinen Gästen immer wieder gespürt: Als er endlich wieder öffnen durfte, als es wieder bergab in den zweiten Lockdown ging, sowie bei jedem Schneefall, der sofort mit einem Einbruch der "To Go"-Gäste einhergegangen ist. Und auch jetzt, wo der Abholdienst längst auch in Treuchtlingen Anhänger gefunden hat, ist der Umsatz nicht annähernd mit dem im Regelbetrieb zu vergleichen.

Fehlende Rücklagen

Johannes Hollbergs Geschichte ist ein Stück weit die alltägliche, die einem die heimischen Gastronomen in diesen unwegsamen Zeiten an jeder Ecke erzählen werden. Sie weißt aber auch darüber hinaus, weil sich all jene, die 2020 ein Unternehmen gegründet haben, in einer besonders prekären Lage befinden. Anders als alteingesessene Betriebe und Großkonzerne hatte der Restaurantbesitzer noch nicht die Möglichkeit, ausreichende Rücklagen zu bilden.


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So wurde das Überleben mit der Soforthilfe, die nur etwa 70 Prozent seiner Kosten abdeckt, schnell zu einer Nervenzerreißprobe. Bei der Beantragung hat es zunächst einige Schwierigkeiten gegeben, weil er noch keine Umsätze aus dem Vorjahr für die Berechnung vorweisen konnte. Als er das Geld schließlich bekam, reichte es dann gerade so aus, um davon die Einkäufe für das Burger-Restaurant zu bezahlen und somit den Betrieb am Laufen zu halten.

Der Betrieb ist am Limit

Weil auch der zweite Lockdown sehr lang gewesen ist, "steht heute alles auf Messers Schneide", wie er es formuliert. Auch wenn er einen Monat im Lockdown finanziell noch stemmen kann, ist Hollberg bei der Aussicht auf einen zweiten schon weniger optimistisch. Dass er bereits eine Servicekraft entlassen musste, belastet ihn sehr. Problematisch ist für den Restaurantbesitzer mittlerweile auch die Tilgung seines Kredits geworden, die erst vor kurzem begonnen hat.

Froh über jede Neueröffnung: Bürgermeisterin Kristina Becker überreichte Barber-Shop-Betreiber Husam Alesmaeil im vergangenen Sommer das Treuchtlinger Stadtwappen als Begrüßungsgeschenk.

Froh über jede Neueröffnung: Bürgermeisterin Kristina Becker überreichte Barber-Shop-Betreiber Husam Alesmaeil im vergangenen Sommer das Treuchtlinger Stadtwappen als Begrüßungsgeschenk. © Marina Stoll, Stadt Treuchtlingen

Von einer Tilgung können Abdullah Alhallak und Husam Alesmaeil, die Besitzer des Kingsman Barbershop hingegen nur träumen. Die beiden haben den Salon, der ebenfalls am Wallmüller Platz gelegen ist, im Mai 2020 eröffnet und dafür einen Kredit aufgenommen. Anstatt diesen abzubezahlen, ist mittlerweile ihr Bankkonto tief in die roten Zahlen gerutscht. Ohne die Kulanz der Bank wäre es längst vorbei, denn staatliche Hilfen bekommen die beiden Friseure bisang nicht. Derzeit fließt gar kein Geld, Kosten im mittleren vierstelligen Bereich fallen aber weiterhin monatlich an.

Friseure dürfen wieder arbeiten

Aus dieser finanziellen Schieflage herauszufinden, wird in den nächsten Wochen und Monaten eine enorme Herausforderung für die Betreiber des Barbershops werden. Im Gegensatz zu Johannes Hollberg haben sie aber bereits einen konkreten Öffnungstermin am heutigen 1. März bekommen und berichten von einem prall gefüllten Terminkalender in den ersten Wochen.


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Selina Schöner ist ebenfalls eine frisch gebackene Selbstständige, hat bei ihrem Vorhaben, Fitnesstrainerin zu werden, aber gerade noch einmal Glück gehabt: Denn die 23-jährige Treuchtlingerin hatte Mitte März zunächst einmal einen sanften Einstieg in ihre Selbstständigkeit gewählt. Dass sie im Hauptberuf einem geregelten Job im Büro nachgehen kann, stellte sich aufgrund der baldigen Schließung der Fitnessstudios für sie als ein Glücksgriff heraus. "Langfristig kann ich mir aber einmal vorstellen, nur noch als Fitnesstrainerin zu arbeiten", erzählt sie. Diesen Schritt jetzt, inmitten der Corona-Pandemie, zu gehen, ist für sie aber ausgeschlossen.