Er ist Treuchtlingens Mr. Schultennis

5.5.2021, 12:59 Uhr
Mit seinen 1,89 Meter ist Herbert Tschepa vor allem am Netz gefürchtet. Auch ohne Riesenschläger.

© Michael Matejka, NNZ Mit seinen 1,89 Meter ist Herbert Tschepa vor allem am Netz gefürchtet. Auch ohne Riesenschläger.

Plopp. Plopp. Plopp. Das vertraute Geräusch ist zurück am Brühl. Der dumpfe Laut, wenn die Saiten des Schlägers auf den Filzball treffen. Unterbrochen wird es nur vom Rattern des kleinen Holztürchens, wenn jemand auf das Geländes des Tennis-Clubs im Ersten-Sport-Verein Treuchtlingen tritt.

Seit 2007 läuft das Projekt

An diesem frühen Mittwochnachmittag sind das vor allem Kinder. Einige im Grundschulalter, aber auch viele Teenager. Sie alle haben einen Tennisschläger in der Hand. Wie damals, als Steffi Graf und Boris Becker einen Boom ausgelöst haben. Über 30 Jahre ist das her, die meisten Tennisvereine können davon jedoch nicht mehr zehren. Viele haben längst aufgegeben.


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Am Brühl aber wird aufgeschlagen, und wie. Vor der Pandemie sind hier jeden Nachmittag alle sechs Plätze belegt. Dank Herbert Tschepa, Treuchlingens Mr. Schultennis. Und dank einem Projekt.

Seit 2007 betreut Tschepa das vom Bayerischen Kultusministerium und dem Landessportverband ins Leben gerufene Modell "Sport-nach-1". Dabei arbeiten Schulen mit Vereinen zusammen. Das Ziel: Nach dem Stillsitzen im Unterricht sollen sich die Schüler bewegen.

70 verschiedene Sportarten können Jungen und Mädchen so betreiben, 300 Schulen machen bayernweit mit. Im Altmühltal wird Tennis gespielt. 100 Schulkinder werden hier jedes Jahr betreut, in 25 Sportgruppen. Organisiert von einem, der nicht nur die Kinder, sondern auch viele der Vereinsmitglieder überragt: Herbert Tschepa.

Riese ist ein Gründungsmitglied

1,89 Meter ist er groß. Seine Leistung für den Verein ist noch größer: Ohne die vielen Schüler, die durch seinen Einsatz jedes Jahr auf das Sportgelände kommen, wäre der Tennisclub vielleicht schon Geschichte.

Auch diese beginnt mit Herbert Tschepa. Er ist 1964 eines der Gründungsmitglieder des Vereins. Noch bevor er jemals einen Schläger in der Hand gehabt hat, bauen er und seine Mitstreiter einen Tennisplatz. "Und dann kam immer wieder einer dazu, alles in Eigenregie."

Er ist Treuchtlingens Mr. Schultennis

© Ingrid Heger, NNZ

Mit den roten Sandplätzen kommen die Mitglieder. Tennis wird immer beliebter, der "weiße Sport" wird jetzt von allen gespielt. "Die Nachfrage war riesig", erinnert sich Günter Grzega, früher ESV-Vorstand und bis heute Bezirks-Oberschiedsrichter. "Wir konnten irgendwann sogar keine Mitglieder mehr aufnehmen." Für Grzega, Tschepa und viele andere wird der Tennnisclub zu einer zweiten Familie.

In der ist Herbert Tschepa schon früh beliebt. "Wegen seiner Größe wollten immer alle mit ihm im Doppel zusammenspielen", sagt Grzega. Meistens bildet er selbst mit seinem Freund ein Duo. Bis heute, auch beim Schulprojekt hilft Günter Grzega, "wir sind das beste Doppel", sagt Tschepa. "Aber ohne ihn", antwortet Grzega mit Blick auf den Langen, "gäbe es das alles nicht".

Für alles findet er eine Lösung

Denn Tschepa macht mit viel Einsatz alles möglich. Mit jeder Familie, die am Schulprogramm teilnimmt, steht er in Kontakt, mit vielen telefoniert, einige besucht er. Eine gerissene Saite, ein zu kleiner Schläger oder die beste Freundin, mit der die Tochter unbedingt in eine Gruppe will: Für jedes Problem findet er eine Lösung. Und für seinen Verein so jede Menge neuer Mitglieder.

Seit Jahren geht das so, etliche Schüler sind angetan vom professionellen Training, dass die Übungsleiter des Tennisclubs im ESV bieten. Bevor Tschepa das Schulprojekt startet, gingen die Mitgliederzahlen der Abteilung altersbedingt zurück. Ein Jahr vor Sport-nach-1 war gar die Rede davon, zwei der Plätze aufzugeben.

Mit dem Programm kommt die Wende. Während sich andere Vereine auflösen, blüht Treuchtingens Tennis auf. Dank zahlreicher junger Mitglieder. "Nicht nur unsere Junioren, die in der U8 anfangen, sondern auch die Herren- und Damenteams bestehen zu 75 Prozent aus Teilnehmern des Projekts", sagt Grzega.

Das macht Herbert Tschepa glücklich. Er weiß, was sein Sport den Kindern geben kann. "Tennis ist eine optimale Mischung aus Gesundheitssport, sozialen Kontakten und viel Bewegung an der frischen Luft", sagt er. Als eine der ersten Schülerinnen, die er in den Verein gebracht hat, sich zur Übungsleiterin ausbilden lässt, um selbst den Nachwuchs zu trainieren, macht ihn das stolz.

Nach Corona: Kinder freuen sich

"Eine der sinnvollsten Aufgaben unserer Gesellschaft ist die Förderung unserer Kinder und Jugendlichen als Hoffnungsträger unser aller Zukunft", sagt Tschepa. Er lebt diese Worte. Als vor einer Woche feststeht, dass die Schüler, viele davon mit Migrationshintergrund, wieder in die Anlage am Brühl zurückkehren dürfen, klingelt sein Telefon pausenlos, Dutzende Mails erreichen ihn. Viele haben Fragen, manche "wollen nur sagen, dass ihre Kinder Luftsprünge machen, weil sie wieder kommen dürfen".

Herbert Tschepa hört sie alle an, ruft zurück, organisiert das Training. Dabei helfen ihm sein kaufmännisches Wissen und eine Bierruhe. Buchstäblich. 40 Jahre hat Tschepa für Brauereien gearbeitet, die meiste Zeit davon in Treuchtlingen. Bei Schäffbräu erlebt er die Umstellung zum Mineralwasser-Geschäft. "Aber als es kein Bier mehr gab, ist er gegangen", sagt Günter Grzega und lacht.

Mit Tennis gegen den Krebs

Mr. Schultennis hat stattdessen eine andere Quelle gefunden. Seit bald 15 Jahren lebt sein Verein davon. Und auch er. Herbert Tschepa hat den Krebs besiegt, einen Schlaganfall überlebt. "Tennis hat mir dabei geholfen." So wie er dem Tennis in Treuchtlingen.

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