Haushaltsdebatte: Wo Treuchtlingen den Gürtel enger schnallt

9.11.2020, 06:04 Uhr
Haushaltsdebatte: Wo Treuchtlingen den Gürtel enger schnallt

© TK-Archiv, Patrick Shaw

In den Vergangenen Jahren waren Haushaltssitzungen im Treuchtlinger Stadtrat stets Ort kontroverser Debatten. Regelmäßig musste sich die regierende SPD/ JGB-Fraktion für Projekte rechtfertigen, die sie trotz der klammen Kasse verwirklicht sehen wollte, regelmäßig mahnten CSU und TBL einen rigideren Sparkurs an. Nach der Kommunalwahl im Frühjahr sind die Verhältnisse jetzt umgekehrt. Und so mancher "Schwarzer" fragte sich vor der zweiten Vorberatung wohl, wie er zugleich der bisherigen Linie treu bleiben, aber auch das nun von CSU-Bürgermeisterin Kristina Becker und ihrem Team verantwortete Zahlenwerk gutheißen solle.

Denn merklich gebessert haben sich die Zahlen seither nicht – unabhängig davon, ob dies an der Corona-Krise, tatsächlichen oder vermeintlichen "Altlasten" aus den Vorjahren, oder einfach an der strukturellen Schwäche der Altmühlstadt liegt, die weder "Schwarz" noch "Rot" politisch wettmachen können. Die Debatte über mögliche Einsparungen hielt sich dennoch sehr in Grenzen.


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Schon in der ersten Haushaltssitzung des Finanzausschusses hatte Kämmerer Dominik Wenzel davor gewarnt, dass die netto rund 9,3 Millionen Euro an Einnahmen für die allgemeine Finanzwirtschaft (also den laufenden Betrieb der Stadt samt Straßen, Schulen etc.) zu wenig seien. "Mit elf oder zwölf Millionen wären wir besser dran", so Wenzel damals.

Seither hat sich die Situation leicht verbessert. So habe das Spitzengespräch zum Finanzausgleich zwar ergeben, dass die Schlüsselzuweisungen für finanzschwächere Gemeinden um etwa drei Prozent sinken. Da Wenzel aber im ersten Etatentwurf Corona-bedingt von fünf Prozent weniger ausgegangen war, bleiben nun wohl rund 200.000 Euro mehr im Säckel. Auch die Tarifverhandlungen verliefen aus kommunaler Sicht positiv: Die Gehälter der Stadtbediensteten steigen nächstes Jahr um 1,4 Prozent und 2022 um 1,8 Prozent. Angesetzt hatte der Kämmerer je zwei Prozent, was einer Differenz von zirka 60.000 Euro entspricht.

Investitionen abgespeckt

Nochmals abgespeckt haben Wenzel und sei Team die Investitionen. 10,2 Millionen Euro stehen nun im für 2021 geplanten Vermögenshaushalt (Gesamtvolumen: 15,3 Millionen), 1,2 Millionen weniger als in der ersten Version und 700.000 weniger als heuer. Die größte Brocken bleiben der Kanalbau in Auernheim mit 2,9 Millionen, das Treuchtlinger Feuerwehrhaus mit 2,5 Millionen, die Fortsetzung des Neubaus der Senefelder-Schule mit 1,6 Millionen, der Ausbau der Industriestraße mit einer Million und die Erweiterung des Burgstall-Kindergartens mit 500.000 Euro. Hinzu kommen 1,6 Millionen Euro Schuldentilgung und 3,5 Millionen Euro Zuschuss für die Altmühltherme.

Haushaltsdebatte: Wo Treuchtlingen den Gürtel enger schnallt

© nn-Infografik, Quelle: Stadt Treuchtlingen

Etliche kleinere Ausgaben will die Kämmerei dagegen auf die nächsten Jahre verschieben, darunter den Bau des Radwegs östlich von Auernheim (340.000 Euro), den Straßen-/Kanalbau in Neufriedenheim (550.000 Euro) sowie den DSL-Ausbau der Weiler (300.000 Euro). Der Kanalbau östlich der Waldhauserhalle (755.000 Euro) und in Gundelsheim (160.000 Euro) sowie die Fortschreibung des Tourismuskonzepts (57.000 Euro) lassen sich noch mit Haushaltsresten aus diesem Jahr finanzieren.

Für die Schulden (Stand zum Jahresende ohne Stadtwerke/Therme: 25,6 Millionen Euro) bedeutet dies dennoch, dass die Stadt 2021 mit voraussichtlich 9,4 Millionen rund 800.000 Euro mehr an Krediten aufnehmen wird als zu Jahresbeginn geplant. Der vom Kämmerer für 2022 erhoffte Schwenk in "ruhigere Gewässer" mit einem Rückgang der jährlichen Neuverschuldung auf unter vier Millionen Euro lässt damit mindestens noch ein Jahr länger auf sich warten.

Falscher Ort für Fehlbetrag?

Altbürgermeister Wolfgang Herrmann (CSU) kritisierte im Ausschuss zum wiederholten Mal, dass die Kämmerei die "Kapitalverstärkungsmittel" für die Altmühltherme im Vermögens- und nicht im Verwaltungshaushalt führt. Dies sei sein "Lieblingsthema", gehe es hier doch irreführenderweise um nicht um Investitionen, sondern um einen Fehlbetrag. Das Problem: Im Verwaltungshaushalt wäre das Defizit ohne die Aufnahme von Schulden nicht darstellbar, und das darf die Stadt laut Wenzel in diesem Fall ohnehin nicht. Bis dato sei es der Kämmerei "stets gelungen, das irgendwie anders zu finanzieren".

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© TK-Archiv, Benjamin Huck

Außerdem zeigte sich Herrmann verärgert darüber, dass die Stadt jährlich 7600 Euro für Reinigung und Wartung der Toilettenanlage am Bahnhof ausgibt, obwohl diese nicht den Bürgern diene, sondern nur Reisenden und Kunden des Kiosks. Den WC-Eintritt auf einen Euro zu erhöhen, hält Wenzel indes für zu happig.

Streichbar wäre dem Altbürgermeister zufolge auch das Budget fürs Treuchtlinger Volksfest. Er glaube, "dass das Fest auch 2021 nicht stattfinden wird – Stichwort Impfstoff".

Planung auch ohne Parkhaus?

SPD-Fraktionschefin Kerstin Zischler machte darauf aufmerksam, dass das vom Nürnberger Verkehrsverbund angekündigte Gutachten zu einem möglichen Parkhaus am Bahnhof wegen der Pandemie wohl nicht so bald vorliegen werde. Deshalb plädiere sie für ein eigenes Budget für ein "Parkraummanagement". Dem schloss sich Hubert Stanka (UFW) an. Zwar hätte sich auch schon der bei der jüngsten Stadtrats-Klausur beschlossene Arbeitskreis zur Verkehrsplanung zusammentun sollen, aber der Lockdown sei dazwischengekommen. "Wir wollen dem nicht vorgreifen, aber ein Platzhalter für Planungskosten wäre sinnvoll", so Stanka.


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In Sachen Bahnhofs-Parkhaus will Rathauschefin Becker indes noch warten. "Ich möchte das mit Beteiligung der Bürger machen, und alle partizipativen Formen sind derzeit nicht möglich." Der Stadtrat solle die Zeit für Vorberatungen nutzen.

Unterhalt und Ausstattung der Spielplätze sprach Matthias Strauß (CSU) an. Für ersteren stehen 25 000 Euro im Etat, für Neuanschaffungen 10.000. Angesichts von immerhin 36 Spielplätzen im Gemeindegebiet sei das viel zu wenig. Bürgermeisterin Becker bat um Geduld, damit die Stadt Stück für Stück Mittel aus dem Regionalbudget beantragen könne.

Staatsstraße vor Radweg ausbauen?

Ebenfalls zu wenig sind Strauß die 15.000 Euro für den Zukauf neuer Baugrundstücke. Im Zuge des neuen Flächennutzungsplans solle sich auch die Stadt einige Flächen sichern. Dem hielt Wenzel entgegen, dass die Kämmerei vom Stadtrat "gehalten ist, den Haushalt möglichst knapp zu halten". Grundstückskäufe könne man später immer noch als überplanmäßige Ausgaben genehmigen.

Zustimmung signalisierte Strauß zur Verschiebung des Radwegebaus östlich von Auernheim. Auch der Ortsausschuss finde es "unsinnig, einen zweieinhalb Meter breiten Weg neben dieser engen Staatsstraße zu bauen", ergänzte Rathauschefin Becker. Die Nachbarbürgermeister hätten ebenfalls darum gebeten, "dass wir kein Geld für einen Radweg ausgeben, wenn eigentlich die Straße verbreitert werden müsste". Die Stadt sei "bestrebt, mit dem Bauamt eine größere Lösung auszumachen".

Ganz zum Schluss griff CSU-Fraktionssprecher Uwe Linss dann doch nochmals das leidige Thema des Thermalbad-Defizits auf – allerdings optimistisch: Ob der erwartete Fehlbetrag von 3,5 Millionen Euro für 2021 angesichts der vor dem Lockdown recht guten Besucherzahlen nicht zu hoch angesetzt sei, wollte er wissen. Das bestätigte Kämmerer Wenzel. Für eine Anpassung der Prognose sei jedoch "das Timing eher schlecht". Denn das dickste Geschäft mache das Bad im Januar – "und wer weiß, was dann hier los ist", so Wenzel.

Bis 12. November haben die Stadtratsfraktionen nun Zeit, den Haushaltsentwurf intern zu diskutieren und Anträge einzureichen. Am 19. November fasst der Finanzausschuss dann die Einzelbeschlüsse, bevor der Stadtrat den Etat am 10. Dezember verabschieden soll.

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