Nahwärme in Treuchtlingen: Diese Erweiterung planen die Stadtwerke

30.1.2021, 06:01 Uhr
Durch die Schließung der Treuchtlinger Gesundheitszentrums verliert das Biomasseheizwerk in der Hahnenkammstraße 2018 seinen größten Kunden.

© TK-Archiv/Patrick Shaw Durch die Schließung der Treuchtlinger Gesundheitszentrums verliert das Biomasseheizwerk in der Hahnenkammstraße 2018 seinen größten Kunden.

Aktuell ist es um das Hackschnitzel-Heizwerk in der Treuchtlinger Hahnenkammstraße eher schlecht bestellt. Der Wärmeabsatz lag zuletzt bei etwa 1,1 Gigawattstunden im Jahr, eigentlich ist die Anlage für rund drei Gigawattstunden ausgelegt. Diesen Wert hat sie allerdings noch nie erreicht, die Auslastung bewegte sich in den vergangenen Jahren maximal um die zweieinhalb Gigawattstunden. Mit der Schließung des benachbarten Stadtkrankenhauses samt Alten- und Pflegeheim sind nun noch binnen kurzer Zeit zwei entscheidende Abnehmer weggebrochen, wodurch der Bedarf um rund die Hälfte einbrach.

Nur 34 Interessenten

Diesen Verlust teilweise zu kompensieren, haben sich die Stadtwerke zum Ziel gesetzt. Basierend auf einer Potenzialermittlung aus dem Energienutzungsplan, der 2017 für Treuchtlingen erstellt wurde, wurden am Patrich insgesamt 96 Haushalte ausgewählt, die künftig Nahwärme beziehen könnten (siehe Grafik unten) – wenn es sich denn rechnet. Zusätzlich stehen die Stadtwerke aktuell mit zwei größeren Kunden im Gespräch, deren Bereitschaft zum Anschluss an das Heizwerk letztlich auch über die Wirtschaftlichkeit einer Erweiterung am Patrich entscheiden wird.

In lila Farbe eingezeichnet ist die zukünftige Trassenführung, die sich die Stadtwerke für eine Erweiterung des Nahwärmenetzes Richtung Patrich aktuell vorstellen kann. In blau sind die Erweiterungstrassen vom Heizwerk über die Hochgerichts- und Waldstraße eingezeichnet.

In lila Farbe eingezeichnet ist die zukünftige Trassenführung, die sich die Stadtwerke für eine Erweiterung des Nahwärmenetzes Richtung Patrich aktuell vorstellen kann. In blau sind die Erweiterungstrassen vom Heizwerk über die Hochgerichts- und Waldstraße eingezeichnet. © Energieagentur Nordbayern

Die Anwohner von Hahnenkammstraße, Steinstraße und Sudetenlandstraße sowie am Schönblick und in Teilen der Schlesierstraße erhielten im Dezember ein entsprechendes Informationsschreiben mit der Bitte um Rückmeldung. Allerdings hat bislang nur rund die Hälfte der Haushalte geantwortet – und die Antwortfrist endet dieses Wochenende.

Stadtwerke-Geschäftsführer Max Filser erklärte nun in der Sitzung des Werk- und Bäderausschusses vom Donnerstag, dass die betreffenden Haushalte aufgrund ihres "grundsätzlich hohen Potenzials" ausgewählt worden seien. Ein Großteil besitze Ölheizungen, die bereits 20 bis 30 Jahre alt sind und spätestens 2026 wegen des dann eintretenden Verbots ohnehin irgendwann ausgetauscht werden müssten. Dass Heizöl ab dem kommenden Jahr mit einer CO2-Abgabe belastet wird, könnte für diese Anwohner ein weiterer Anreiz sein. Bisher hätten allerdings trotz des rechnerisch hohen Potenzials nur 34 Hausbesitzer am Patrich Interesse am Bezug von Nahwärme aus dem Biomasseheizwerk bekundet.

Anschreiben eine Hürde?

Nahwärme in Treuchtlingen: Diese Erweiterung planen die Stadtwerke

© Foto: Patrick Shaw

Eine Hürde könnte hier die Art der Kommunikation gewesen sein. Wie Bürgermeisterin Kristina Becker und Werkleiter Max Filser auf Nachfrage in der Sitzung betonten, hätte man ohne die Pandemie eine Informationsveranstaltung abgehalten, um die Bürger über die Nahwärmenutzung aufzuklären, Zweifel auszuräumen und sie anzuhören. Stadtratsmitglied Marco Meyer (TBL) fragte im Zuge dessen, warum man nicht noch ein paar Monate warten könne, bis eben solche Versammlungen aufgrund gelockerter Corona-Beschränkungen wieder möglich sind. Filser entgegnete, dass "Nachzügler" auch später noch willkommen seien, selbst wenn man sich dann schon in den nächsten Projektschritten befinde.

In den nächsten Monaten wollen die Stadtwerke nun auf Basis der Rückmeldungen die Wirtschaftlichkeit des Anschlusses der Haushalte am Patrich prüfen und dann – sollte die Berechnung positiv ausfallen – mit konkreten Preisangeboten auf die Endverbraucher zugehen. Nach erneuter Rückmeldung der Einwohner soll dann die endgültige Trassierung festgelegt werden. Umgesetzt werden kann das Projekt nach der Planungsphase frühestens 2022.

Nachzügler sind weiterhin willkommen

Bis es konkrete Kostenvorschläge gibt, werden aber noch einige Monate vergehen. Dass im späten Frühjahr eine Informationsveranstaltung für die Anlieger nachgeholt wird, kann sich Filser gut vorstellen. Der Zeitplan werde nun ohnehin ein wenig aufgeweicht werden, da der Werkleiter nun den Vorschlag aufgenommen hat, ein zweites Mal an alle Haushalte zu schreiben, die bislang keine Rückmeldung gegeben haben.

Indessen ist jetzt schon klar, dass dieser "Ausbau light" nur der Anfang einer Verschiebung der Energieversorgung im gesamten Stadtgebiet ist. Auf lange Sicht weist der Energienutzungsplan eine Verbindung der beiden Nahwärmenetze in der Hahnenkammstraße und im Umfeld der Altmühltherme als notwendig aus. Ein Problem ist dabei allerdings die erforderliche Unterquerung der Bahnstrecke, weshalb die Stadt auf Sanierungsmaßnahmen der Bahn wartet.

Perspektivisch ist die Verschmelzung der beiden Netze laut Filser frühestens in fünf Jahren ein Thema. Dass die aktuell geplante Erweiterung am Patrich vergleichsweise klein ausfällt, liege am Budget, dass die Stadtwerke im Jahr 2022 maximal dafür aufbringen können.

Risikofaktor Bezirksklinik

Für Verwirrung sorgte am Rande der Ausschusssitzung eine Frage von Marco Meyer nach dem Grund einer aktuelle Baustelle in der Oettinger Straße unmittelbar an der Abzweigung zum Schlossberg. Zum dortigen Beatmungszentrum Meyer (frühere Realschule) wird derzeit eine Gasleitung verlegt, obwohl über das Krankenhaus ein Anschluss ans Nahwärmenetz besteht.


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Wie Matthias Ehrsfeld, Leiter der Stadtwerke-Sparte Gas/Wasser/Wärme, auf Nachfrage des Treuchtlinger Kuriers erklärte, ist diese dem Trend zur Nahwärme entgegenlaufende Verlegung wirtschaftlichen Gründen geschuldet. Die dortigen Nahwärmerohre müssen im Zuge des Abrisses des Stadtkrankenhauses und des Neubaus der an gleicher Stelle geplanten psychosomatischen Bezirksklinik neu unterlegt werden. Während dieser Zeit könne die Wärmeversorgung des Beatmungszentrums mit Erdgas zuverlässiger abgedeckt werden.

Ob die neuen Nahwärmeleitungen rund um die künftige Bezirksklinik an gleicher Stelle wie bisher verlaufen werden, ist bislang ungewiss. Und auch ganz grundsätzlich ist noch offen, ob die Klinik die Wärme des Biomasseheizwerks in Zukunft wieder abnehmen wird. Der Bezirk hat daran vorerst nur mündlich Interesse bekundet, von politischer Seite gibt es aber zahlreiche Unterstützer.

Info:

Unter Telefon 09142/96 01 59 beantwortet Mathias Ersfeld technischen Fragen zur Nahwärme, über Preisgestaltung informiert Max Filser (Telefon 09142/96 01 30).

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