Sonderausstellung im Treuchtlinger Volkskundemuseum

25.10.2014, 07:59 Uhr
Ein Kraftakt war der Einzug der Sonderausstellung in das Volkskundemuseum für dessen Leiterin Dr. Marlit Bauch (links an einer der Vitrinen) und ihr Team.

© Patrick Shaw Ein Kraftakt war der Einzug der Sonderausstellung in das Volkskundemuseum für dessen Leiterin Dr. Marlit Bauch (links an einer der Vitrinen) und ihr Team.

Laut Stefanie Berg-Hobohm vom Landesamt für Denkmalpflege widerlegen die Funde in Graben zugleich den Mythos von den „drei verlorenen Jahrhunderten“ – der frühmittelalterlichen Zeit zwischen dem siebten und zehnten Jahrhundert, deren Existent Chronologie-Kritiker in den 1990er Jahren angezweifelt hatten. „Es gab das Jahr 793 und es gab Karl den Großen“, so Berg-Hobohm. Der Karlsgraben sei somit „nicht nur ein Bodendenkmal, sondern ein Denkmal mit historischer Geschichte und Bedeutung“.


Kurator Dominik Kimmel, der mit der Bahn von Mainz denselben Weg nach Treuchtlingen gekommen war, wie einst Karl der Große per Schiff, beleuchtete bei der Ausstellungseröffnung die Bedeutung der Altmühlstadt als alter Verkehrsknoten. Den Karlsgraben bezeichnete er als „Jahrtausendprojekt“, das schließlich nach 1200 Jahren mit dem Main-Donau-Kanal Realität geworden sei. Die Ausstellung „Großbaustelle 793“ zeige „viel, das wir wissen, aber auch vieles, das wir noch nicht wissen“. Der letzte Raum stelle diese offenen Fragen und lade die Besucher ein, weitere hinzuzufügen.


Irgendwann dauerhaft vor Ort?


Dass „die Ausstellung nach Treuchtlingen gehört“, war für den Kurator nach eigenen Worten bereits vor der Intervention der örtlichen Politik klar. Hier oder in Graben wird sie laut Projektleiter Lukas Werther langfris­tig auch ihre feste Heimat finden – wenngleich wohl nicht mit den extrem empfindlichen Original-Fundstücken, sondern mit Repliken.


Auffällig an der Ausstellung ist, dass sie relativ wenig historische Objekte enthält, darunter insbesondere zwei der alten Spundwand-Bohlen aus den Grabungen in Graben, die zur Konservierung in einem Wasserbad liegen. Stattdessen nehmen zahlreiche Schautafeln, Modelle und Videoinstallationen die Besucher „mit auf Expedition mit den Wissenschaftlern“, so Kimmel. Im ersten Raum stellen diese sich und die Ausgangssituation vor. Anschließend geht es – modernen Bauschildern folgend – „in den Kanal“ mit der Darstellung der damaligen Handelswege und der heutigen Forschungsmethoden. Der dritte Raum widmet sich der „Großbaustelle“ selbst. Am Schluss steht Kaiser Karl mit seiner Vision von einem geeinten, zentral verwalteten Europa.


Auch ein Buch zur Ausstellung gibt es, das Prof. Christoph Zielhofer vorstellte. Noch eine Stunde zuvor stand er nach eigenen Worten „im Wasser des Karlsgrabens, um einen weiteren, sechs Meter langen Bohrkern aus dem Grund zu holen“.


Für den Kraftakt, die Exponate und Forschungsergbnisse (fast) an ihrem Fundort zu zeigen, dankte Bürgermeis­ter Werner Baum dem Wissenschaftler-Team um Prof. Peter Ettel, Lukas Werther und Prof. Christoph Zielhofer, den Kuratoren Peter Bibinger und Dominik Kimmel sowie Denkmalpflegerin Stefanie Berg-Hobohm. Sein Dank galt aber auch den Eigentümern der Ausgrabungs-Grundstücke rund um Graben, den Luftbild-Archäologen sowie dem Team des Volkskundemuseums um Dr. Marlit Bauch. Letzteres habe seine liebe Not gehabt, die für ein großes Museum wie das Römisch-Germanische Zentralmuseum in Mainz und die Säulenhalle des Landesamts für Denkmalpflege konzipierte Ausstellung in den beengten Räumen des Volkskundemuseums unterzubringen.


„Offenbar können auch Großbaustellen Geschichte werden“, scherzte nicht zuletzt die stellvertretende Bezirkstagspräsidentin Christa Naaß mit Blick auf den Berliner Flughafen. Sie erinnerte sich zugleich an die Begeis­terung, mit der sie bereits als Schülerin von den Geschichten und Legenden rund um den Karlsgraben  gehört habe. Ihrem Grußwort schlossen sich der Landtagsabgeordnete Manuel Westphal und Landrats-Stellvertreter Robert Westphal an und wünschten dem Museum zahlreiche Besucher.

Geöffnet hat die Ausstellung „Großbaustelle 793“ bis Sonntag, 23. November, täglich außer freitags von 9 bis 18 Uhr. Führungen gibt es montags bis donnerstags um 17 sowie an den Wochenenden um 15 und 17 Uhr. Gruppen und Schulklassen können auch Termine außerhalb der Öffnungszeiten buchen (Telefon 09142/9600-60 oder -64).

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