Treuchtlingen vor 55 Jahren: Als die Dampfloks die Stadt verließen

25.3.2020, 05:56 Uhr
Erinnerung an Dampflokzeiten: Seit 1969 steht ein Exemplar der Baureihe 01 als „Denkmalslok“ gegenüber der Treuchtlinger Senefelder-Schule. Am 17. Juli 1969 wurde sie an ihren jetzigen Standort transportiert.

© TK-Archiv Erinnerung an Dampflokzeiten: Seit 1969 steht ein Exemplar der Baureihe 01 als „Denkmalslok“ gegenüber der Treuchtlinger Senefelder-Schule. Am 17. Juli 1969 wurde sie an ihren jetzigen Standort transportiert.

Vergangenes Jahr feierte die Altmühlstadt den 150. Jahrestag des Anschlusses Treuchtlingens ans Eisenbahnnetz. Das Jubiläum eines Ereignisses, das vor 55 Jahren stattfand, ist dagegen wohl nicht so gut in Erinnerung: Am 24. März 1965 verließ die letzte Dampflokomotive der Baureihe 01 das Treuchtlinger Bahnbetriebswerk – gut vier Jahre vor der endgültigen Schließung des einst größten Arbeitgebers des Stadt. Ein Exemplar der Reihe steht heute als "Denkmalslok" gegenüber der Senefelder-Schule.

Der Grund für den Wandel befand sich gut fünfeinhalb Meter über den Gleisen: die Oberleitung. Seit dem 15. März 1965 war die Bahnstrecke Treuchtlingen-Würzburg durchgehend elektrifiziert. Damit konnten die Züge den Knotenpunkt in alle Himmelsrichtungen unter Strom verlassen. Deshalb mussten in Treuchtlingen auch keine Dampflokomotiven mehr umgespannt und gedreht werden, das Bahnbetriebswerk verlor größtenteils seine Funktion und wurde schließlich 1969 aufgelöst.

Veraltet und unwirtschaftlich

Die 1960er Jahre läuteten in ganz Westdeutschland das Ende der Dampfzüge ein. "Unsere Loks gewöhnen sich das Rauchen ab", stand auf einem Plakat von 1968, mit dem die Bundesbahn das Aus für die Züge ankündigte, die sie seit 1835 groß gemacht hatten.

Die "Stahlrösser" hatten gegenüber der neuen Diesel- und Elektrolokomotiven entscheidende Nachteile: Sie waren teuer im Unterhalt, technisch veraltet sowie ziemlich unwirtschaftlich und am Rande ihrer Möglichkeiten. Fast 90 Prozent der verfeuerten Kohle wurden in die Luft geblasen, nur der Rest erzeugte die nötige Energie, um die Räder auf den Schienen zu bewegen. Vom Niedergang blieben auch die Schnellzugloks der Baureihe 01 nicht verschont, die von 1926 bis 1938 gebaut wurden. Nachdem sie Treuchtlingen verlassen hatten, kamen die meisten ins oberfränkische Hof, wo sie noch bis Juni 1973 im Einsatz waren. In der DDR fuhren die Loks sogar noch bis in die 1980er Jahre und wurden dann von sowjetischen Diesellokomotiven abgelöst.

Dampfloks verboten!

Die Abneigung gegenüber den Dampfloks ging bei der westdeutschen Bundesbahn so weit, dass nach Oktober 1977, als der letzte "Dampfer" im norddeutschen Emden abgestellt wurde, keine davon mehr auf Gleisen unterwegs sein durfte. Das "Dampflokverbot" sorgte für einige Schlagzeilen. Die Bahn wollte sich als fortschrittliches Unternehmen präsentieren, außerdem wurde die Maßnahme mit fehlenden Stellen zur Wasserentnahme sowie fehlenden Brandschutzstreifen begründet. Erst zum 150. Bahnjubiläum im Jahr 1985 waren wieder Dampfloks unterwegs. Man hatte das Potenzial – und auch die Einnahmequelle – von historischen Zugfahrten erkannt.

Gleichwohl sind es bis heute meist Vereine, die die Tradition weiterführen, etwa das Bayerische Eisenbahnmuseum in Nördlingen. Dort steht mit den Loks der Nummern 01 066 und 01 180 sogar zwei Exemplaren, die noch fahrbereit sind.

Im Treuchtlinger Bahnbetriebswerk waren diese beiden Loks allerdings nie stationiert – ebenso wenig wie die Denkmalslok. Die Dampflok mit der Nummer 01 220 aus dem Jahr 1937 steht seit Juli 1969 in der Grünanlage zwischen Schloss und Senefelder-Schule. Bevor sie an ihren "Altersruhesitz" fand, wurde sie allerdings im Bahnbetriebswerk nochmals saniert. Zwei weitere Überholungen folgten 1989 und 2015.

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