Treuchtlingens Schüler lernen mit Abstand fürs Abi

30.4.2020, 06:04 Uhr
Treuchtlingens Schüler lernen mit Abstand fürs Abi

© Stefan Burzler, Senefelder-Schule

An der "Sene" herrscht seit Montag wieder Alltag für die "Q12" des Gymnasiums, die drei zehnten Klassen des Realschulzugs sowie den M-Zweig und die Neuntklässler der Mittelschule, die im Sommer den "Quali" machen. Dasselbe gilt für gut 50 Lehrer – etwa ein Drittel des Kollegiums der kooperativen Gesamtschule. Allerdings wurden die Klassen halbiert, höchstens 15 Teenager haben gemeinsam Unterricht. Auch die Pausen hat die Schule gestaffelt, sodass kaum einmal zwei Klassen gemeinsam außerhalb der Zimmer unterwegs sind. Sogar auf die Toilette geht es nur getrennt nach Schulart.

"Ab und zu müssen wir schon einen Schüler ermahnen, aber da gibt es kaum Diskussionen", erzählt Realschuldirektor Stefan Burzler. "Wir vermitteln den Schülern, dass es jetzt an ihnen liegt." Maskenpflicht gilt lediglich in den Pausen und auf dem Weg vom/zum Bus, der in den meisten Fällen immer noch sehr spärlich besetzt ist. "Im Unterricht wäre das eher schwierig und wir machen das nur, wenn sich ein Lehrer das explizit wünscht", erläutert Burzler.

Und wie gelingt den Schülern nach einer so langen Hängepartie der Neustart? "Es ist schon so, dass wir das Wissen erst einmal wieder reaktivieren und den Stoff aufarbeiten müssen", ist sich der Realschulleiter bewusst. Das brauche etwas Vorlaufzeit. "Die älteren Schüler sind da selbstständiger, am Gymnasium geht es deshalb etwas besser", so Burzler. "Von Null auf Hundert durchstarten können wir aber nicht."

Neue Konzepte gefragt

Treuchtlingens Schüler lernen mit Abstand fürs Abi

© Patrick Shaw

Längst noch nicht so weit ist es mit der Rückkehr zur Normalität an der Grundschule. Erst ab dem 11. Mai sollen dort zumindest die Viertklässler wieder wie gewohnt unterrichtet werden. Bis dahin wird weiter zuhause mit den Eltern sowie "virtuell" über das Internet gelernt.

Diese "neue Welt" hat in den vergangenen Wochen einen Strauß alternativer Unterrichtskonzepte hervorgebracht. "Die effektivste Variante sind Lehrer-E-Mails", erklärt Treuchtlingens Grundschulleiter Herbert Brumm. Dabei erhalten die Eltern die Aufgaben für ihre Kinder digital und senden die Ergebnisse auch auf diesem Weg an die Lehrer zurück.

"Bei 95 Prozent der Schüler klappt das. Aber es gibt auch Familien, die keinen PC und Drucker, sondern nur ein Smartphone haben – oder nicht einmal das", weiß Brumm. An sie verschicken die Lehrer das Unterrichtsmaterial per Post. Die Eltern legen die fertigen Hausarbeiten dann am Schuleingang in eigens eingerichtete Fächer. "Allein dafür haben wir für 400 Euro Briefmarken gekauft", sagt der Schulleiter. "Viele Lehrer fahren das Material auch persönlich aus."

Die dritte Säule des "Homeschooling" ist die Internetplattform "Padlet". Dort erstellen die Lehrer Wochenpläne, laden eigene oder frei verfügbare Erklärvideos hoch und nehmen per Videobotschaft Kontakt zu Schülern und Eltern auf.

Das Internet schafft Struktur

"Das ist eine Herausforderung für unsere Lehrer", räumt Brumm ein. Wie gut das Lernen von zuhause klappt, hänge stark von den Bedingungen in der Familie ab. "Die Eltern sind da massiv logistisch gefordert, besonders wenn einer auch noch im Homeoffice ist. Das Schlimmste ist aber, wenn die Kinder in eine Strukturlosigkeit reinlaufen."

Die "Kür" der Heimbeschulung ist an der Grundschule schließlich die "Jahrgangs-Cloud". Auf der passwortgeschützten Plattform finden Eltern Zusatzmaterial, mit dem sie ihre Kinder freiwillig weiter fördern können. Darüber hinaus steht die Schulleitung per WhatsApp-Gruppe in Verbindung mit dem Elternbeirat, um Rückmeldung zu erhalten, wenn das System irgendwo "hakt". Auch die Schulseelsorge steht bei Konflikten als Vermittler zur Verfügung.

Haben die vielen Neuerungen im Zuge der Krise aber vielleicht auch ihr Gutes – etwa beim Vorantreiben der Digitalisierung? Brumm sieht das zwiespältig: "Jeder Lehrer muss entscheiden, was für seine Klasse am besten passt. Die persönliche Beziehung bleibt am wichtigsten, aber die Cloud werden wir zum Beispiel beibehalten. Dort können die Schüler dann nachschauen, wenn sie etwas nicht verstanden haben." Wie gut die Treuchtlinger Schule digital schon aufgestellt ist, zeige auch die Zugriffszahl auf das Leseprogramm "Onilo": "Da sind wir bei rund 17 000 Schulen mit Lizenzen unter den Top 30."

Immer mehr "Notbetreuung"

Für die Zeit nach dem 11. Mai sieht Brumm als größte Herausforderung, "die Kinder wieder reinzuholen". Vor allem den Jüngeren fehle seit Wochen der Kontakt zu Gleichaltrigen. Zudem wachse der Abstand zwischen denen, die daheim unterstützt werden, und denen, deren Eltern überfordert sind. Im Zuge der langsam wieder anlaufenden Wirtschaft steige überdies die Zahl der Kinder in der "Notbetreuung". 25 sind es ab nächster Woche.

Gefreut hat sich der Schulleiter indes über die Reaktionen auf seine jüngste Videobotschaft, in der er die Schulgemeinschaft zum Zusammenhalt aufruft: "Mir ist sehr langweilig, weil die Schule geschlossen ist", schreibt ein Schüler da. "Ich vermisse den Unterricht!"

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