Treuchtlinger Hackschnitzel-Heizwerk: Schöne Pläne „nur Fassade“?

27.11.2010, 08:55 Uhr
Treuchtlinger Hackschnitzel-Heizwerk: Schöne Pläne „nur Fassade“?

© Patrick Shaw

Weder Architektin Sonja Schröter noch Bürgermeister Werner Baum oder Stadtwerke-Leiter Andreas Eder konnten ihnen die Differenz zur ursprünglichen Kostenplanung nennen.

„Es ist unglaublich: Da bauen wir ein Heizwerk und wissen nicht einmal, was es kostet“, machte Kerth im Anschluss an die öffentliche Sitzung seiner Empörung Luft. „Wir können doch nicht einfach ins Blaue investieren.“ Sein Parteifreund und Ausschussmitglied Albert Lechner hatte für die Planungsdefizite nur ein frustriertes Kopfschütteln übrig.

Abgesehen von den Wissenslücken der Verantwortlichen richtete sich der Unmut der Ausschussmitglieder aller Fraktionen allerdings weniger gegen den Stadtwerke- und den Rathauschef (Eder hatte das Gremium nach eigenen Angaben bereits am 16. September über zu erwartende Mehrkosten informiert), als vielmehr gegen das Abensberger Ingenieurbüro Gammel. So kam unter anderem erst jetzt ans Licht, dass die Planer bei der Ausschreibung die Abdeckung für den Hackschnitzelbunker übersehen hatten.

Knapp 40.000 Euro muss die Betreibergesellschaft „Holzenergie Treuchtlingen“ der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Franken-Süd dafür jetzt zusätzlich berappen. Ein Schiebedeckel wäre zwar mit 35.000 Euro etwas günstiger als der nun vorgesehene Faltdeckel gewesen, laut FBG aber auch unfallträchtiger und schwieriger zu handhaben. Der Werkausschuss billigte deshalb einstimmig die teurere Variante und vergab den Einbau an die Schweizer Firma Hinden Alubau als alleinigen Anbieter.

„Unzureichende Planung“

„Es sind aber noch mehr Dinge vergessen worden“, bekräftigte selbst Bürgermeister Baum seine Kritik an den Ingenieuren. So fehlte laut Stadtwerke-Chef Eder in der Planung zum Beispiel komplett die Installation der Hausübergabestation. Das Büro Gammel habe die Anlage lediglich „ab Bordsteinkante“ berücksichtigt. Mindestens zwei weitere Kostenmehrungen stünden noch zur Disposition.

Hauptgrund für das Chaos sei „die unzureichende Planung“, erklärte Andreas Eder gestern auf Nachfrage unserer Zeitung. Die Bauarbeiten seien viel zu spät ausgeschrieben worden. Selbst die Aufteilung der für das Gebäude ursprünglich (im Januar) angepeilten 230.000 Euro auf einzelne Gewerke sei erst auf massiven Druck der Stadtwerke im August erfolgt. Dabei habe sich herausgestellt, dass „für einzelne Gewerke nichts mehr übrig blieb“ – beispielsweise für die Schlosserarbeiten, die am Ende statt der grob kalkulierten 5.000 Euro rund 23.000 Euro kosteten.

Und auch durch den Zeitdruck, der aus der späten Ausschreibung resultierte, sind nach Eders Worten deutliche Mehrkosten aufgelaufen. Diese summieren sich mittlerweile allein für das Gebäude (ohne Technik) auf rund 120.000 Euro. Der Großteil wird am Stadtsäckel hängenbleiben und sich damit laut CSU-Fraktionschef Kerth vermutlich auf den Wärmepreis für die Abnehmer wie Kindergarten, Grundschule und Gesundheitszentrum auswirken. Für das mit rund 400.000 Euro veranschlagte Nahwärmenetz liegen dagegen nach Auskunft Eders „noch keine belastbaren Zahlen“ vor.

„Nach der Vorpräsentation hatten wir etwas anderes erwartet“, schloss sich im Werkausschuss das Stadtoberhaupt der Kritik an den Planern an. Immerhin hatte das Büro Gammel damals einige deutlich größere Referenzprojekte angeführt, während Architektin Sonja Schröter nun einräumte, dass die Firma kaum Erfahrung mit dem Bau größerer Heizwerke habe. „Das nächste Mal werden wir sicher ein anderes Büro beauftragen. Das sage ich hier ganz deutlich“, stellte Baum klar. „Allerdings können wir jetzt auch nicht mehr zurück“, räumte Andreas Eder gestern ein. „Jetzt heißt es: Zähne zusammenbeißen und durch.“

Weniger kontrovers, aber vertrackt im Detail gestaltete sich die Entscheidungsfindung für die künftige Fassaden-Optik des Heizwerk-Gebäudes. Hier gab es zunächst ein Missverständnis zwischen Stadt und Planungsbüro, das nach der Ablehnung des anfangs angedachten Fachwerk-Imitats durch den Ausschuss nun diverse Boden-Deckel-Verschalungen aus Brettern und Deckleisten anbieten wollte. Schnell wurde jedoch klar, dass die Ratsmitglieder eine Lattenschalung mit offenen Zwischenräumen ähnlich der Fassade des aufgestockten Burgturms bevorzugen.

Auch über Ausrichtung, Abstand und Format der Latten wurde sich das Gremium nach einigem Hin und Her einig. So soll die bis zu acht Meter hohe Schalung analog zu den stehenden Fensterbändern senkrecht angebracht werden und aus sechs Zentimeter breiten Latten mit zwei Zentimetern Zwischenraum bestehen. Eine von FW-Sprecher Klaus Fackler ins Spiel gebrachte Quergliederung soll es nicht geben – aus finanziellen Gründen und wegen der ruhigeren Optik.

Holz in allen Varianten

Fast so viele Meinungen wie Ausschussmitglieder gab es allerdings hinsichtlich der zu verwendenden Holzarten. Architektin Sonja Schröter und Uwe Linss (CSU) machten sich für einen Wechsel zwischen Eiche, Lärche und Kiefer/Fichte stark, sodass sich in der Fassade des Heizwerks die Holzsorten widerspiegeln würden, die künftig im Inneren verheizt werden. Dies sei „herrlich bodenständig“ und ein Alleinstellungsmerkmal, betonte Schröter. Und es habe den Vorteil, dass beschädigte Latten ohne auffällige Farbabweichungen zur ohnehin „lebendigen“ Fläche einzeln ausgetauscht werden könnten.

Gerade die unterschiedliche Alterung des Holzes bereitete jedoch Albert Lechner Bauchschmerzen. Er sprach sich für eine einheitliche Lattung aus einheimischer Lärche aus. Auch in der Frage, ob diese naturbelassen oder zwecks einer gleichmäßigen Verwitterung chemisch imprägniert werden sollte, schieden sich die Geister.

Als dritte Variante bot Holzbauer Hans König schließlich sogenanntes „Thermoholz“ an, das extrem haltbar sei, aber mehr als das Doppelte der für die einfache Boden-Deckel-Fassade aus Kiefer/Fichte veranschlagten 10.000 Euro koste. Der Preis für Lattungen aus einer beziehungsweise drei nicht thermisch behandelten Holzarten bewege sich dagegen zwischen 15.000 und 17.000 Euro.
Letztlich folgte der Ausschuss dem Vorschlag des Rathauschefs, sich nochmals vier Varianten anbieten zu lassen: die von Architektin Schröter favorisierte Lattung aus gemischten Holzarten, eine Lattung aus unbehandelter und eine aus imprägnierter Lärche sowie die Verwendung von Thermoholz. Anhand der Kosten sollen dann entweder der Stadtrat oder die Fraktionsvorsitzenden „auf dem kurzen Dienstweg“ darüber entscheiden. Schröter warnte allerdings davor, mit dem Beschluss allzu lange zu warten, da derzeit noch das Baugerüst stehe und Verzögerungen weitere Kosten verursachen würden.