Treuchtlinger Polizei baut um: Warum aus der Zelle ein Klo wurde

22.10.2020, 06:04 Uhr
Treuchtlinger Polizei baut um: Warum aus der Zelle ein Klo wurde

© Patrick Shaw

Wenn ein Gehbehinderter Anzeige erstatten oder ein Rollstuhlfahrer Absprachen für eine Veranstaltung treffen wollte, aber auch, wenn ein Mensch mit eingeschränkter Mobilität vielleicht einmal verhaftet wurde, gab es bei der Treuchtlinger Polizeiinspektion bisher eine im Wortsinn unüberwindliche Hürde: die Eingangstreppe. An ihr führte kein Weg vorbei, ebenso wenig wie durch die zu schmalen Türen des 100 Jahre alten Gebäudes in der Elkan-Naumburg-Straße. Und auch die Toiletten mussten sich behinderte und nichtbehinderte Besucher teilen – sowohl praktisch als auch hygienisch ein Problem.

Treuchtlinger Polizei baut um: Warum aus der Zelle ein Klo wurde

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Mit viel Aufwand hat der Freistaat Bayern dies nun geändert. Dafür gab es von der Stadt das in Kooperation mit der Rummelsberger Diakonie vor sechs Jahren ins Leben gerufene Siegel "Treuchtlingen barrierefrei".

Mit dem Zertifikat ist die Polizeiwache einer von bereits 16 privaten und öffentlichen Orten in der Altmühlstadt, die diesbezüglich vorbildlich ausgestattet sind. Daran änderte auch der klassische "Vorführeffekt" nichts, dem folgend der neue Rollstuhl-Aufzug am Eingang beim Besuch von Bürgermeisterin Kristina Becker erst einmal prompt den Dienst verweigerte.

Für Aufzug angebaut

Für den Lift hat die altehrwürdige Polizeiinspektion einen modernen Anbau aus Holz und Stahl sowie einen Behindertenparkplatz direkt neben der Zugangstreppe erhalten. Per Fernsteuerung können Gehbehinderte den Aufzug nutzen – und gelangen danach auch samt Rollstuhl problemlos durch die verbreiterten Zugangs- und Zwischentüren am Empfang. Letztere auszutauschen war laut Polizeichef Dieter Meyer ziemlich aufwendig, sind die Türen doch schusssicher und deshalb äußerst massiv und schwer.

Treuchtlinger Polizei baut um: Warum aus der Zelle ein Klo wurde

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Drinnen in der Wache musste für die Barrierefreiheit zudem einer der beiden Hafträume weichen. Aus ihm wurde das neue Behinderten-WC. Ob die Zelle nicht künftig fehlt?

"Bis vor etwa zehn Jahren hatten wir zwischen 100 und 120 Insassen pro Jahr, inzwischen sind es nur noch 30 bis 40", erklärt Meyer. Das liege in erster Linie daran, dass in den Zellen früher oft Volltrunkene ausgenüchtert wurden. "Da Alkoholismus aber mittlerweile als Erkrankung zählt, kommen diese Leute jetzt ins Krankenhaus." Das sei besser – sowohl für die Betroffenen als auch für die diensthabenden Polizisten, die nicht mehr ständig auf der Hut sein müssen, dass kein Betrunkener in der Zelle an seinem Erbrochenen erstickt. Und es habe nun eben den Einbau der Behindertentoilette ermöglicht.

Weitere Träger des Zertifikats "Treuchtlingen barrierefrei" sind (in der Reihenfolge der Verleihung) das Brillengeschäft "Ansichtssache", die Stadt-Apotheke, die Zahnarztpraxis Dr. Haubner, das Kurmittelzentrum Altmühlvital, das Optik-Studio Feldhäuser, die Neue Apotheke, die Praxis Dres. Auktor und Zapf (vormals Dr. Kreß), die Sparda-Bank, die Sparkasse, die Praxis Dres. Löwer, die Stadthalle, die Raiffeisenbank, das Handarbeitsgeschäft "Allerhand", das Hör- und Tinnituszentrum "Auric" sowie die Praxis Dres. Löw.

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