Zwei Wettelsheimer waren Herren über drei Klöster und 23 Kinder

12.9.2020, 05:57 Uhr
Zwei Wettelsheimer waren Herren über drei Klöster und 23 Kinder

© Foto: Nicolas Armer/dpa

Vor über 450 Jahren wurden in Wettelsheim zwei Brüder geboren, die damals eine steile Karriere hinlegten. Während der eine zum beachteten kirchlichen Würdenträger wurde, zeugte der andere mindestens 23 Kinder, deren Nachkommen bekannte deutsche Dichter und Denker wurden. Die Namen der Brüder: Georg und Johannes Burckhardt. Wer waren diese Männer?

Ihr Vater Heinrich Burckhardt war als Vogt für die Ansbacher Hohenzollern im Amt Wettelsheim tätig, als dort 1538 Johannes und am 5. Januar 1539 Georg geboren wurde. Mit dem Ausbruch des Schmalkaldischen Krieges schickte der Vater die Brüder zu seinem Schwager ins Nürnberger Umland. Nach dem Tod des Vaters 1546 kamen sie nach Ochsenfurt, das als fürstbischöfliche Amtsstadt von Bedeutung war, und wurden dort von Privatlehrern unterrichtet.

Hier trennten sich die Wege der Brüder und ihre Geschichten. Am 25. Dezember 1548 soll der erst zehnjährige Johannes ins Benediktinerkloster nach Münsterschwarzach gekommen sein. Dort stieg der Junge schnell auf, denn im Kloster gab es damals nur sieben Mönche. Bereits im Alter von 13 Jahren erhielt er die niedere Priesterweihe, mit 16 wurde er Diakon, um dann am 30. März 1555, mit 17 Jahren, zum Priester geweiht zu werden.

Bereits mit 25 Jahren zum Abt gewählt

Zwei Wettelsheimer waren Herren über drei Klöster und 23 Kinder

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Nach dem Tod des Abts Wolfgang Zobell wählten die verbliebenen Mönche den gerade einmal 25-jährigen Johannes Burckhardt am 24. Mai 1563 einstimmig zum Abt. Als Johannes IV fing er an, das Kloster zu reformieren. So forderte er etwa die Mönche zum Verzicht auf privaten Besitz auf und förderte das gemeinsame Chorgebet in der heruntergekommenen Klosterkirche. Er ließ die Klosterbibliothek wiederaufbauen und mit neuen Werken ausstatten.

Der knapp 50 Jahre zuvor begonnenen Reformation trat der Abt mit einer Mischung aus Härte und höflichem Interesse gegenüber. Er versuchte einerseits, Klosterdörfer, die das neue Bekenntnis angenommen hatten, zu rekatholisieren. Andererseits empfing er auch benachbarte protestantische Grundherren, wie Forscher anlässlich seines 400. Todestags herausfanden. Erst mit dem Amtsantritt des Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn in Würzburg verschärfte sich die Gegenreformation in der Abtei.

Wiederaufbau in Kloster Banz

In den Jahren von 1565 bis 1568 gab es Auseinandersetzungen zwischen dem Herzog von Sachsen und den Bischöfen von Würzburg und Bamberg um das bekannte Kloster Banz, das dabei von Bewaffneten besetzt wurde. Der Streit gipfelte 1568 im Auszug des gesamten Konvents und des Abts Georg von Henneberg, die geschlossen zum Protestantismus übertraten.

Erst sieben Jahre später wurde Banz auf Wunsch des Würzburger Bischofs erneut besiedelt, diesmal unter Abt Johannes Burckhardt. Dessen Anreise zum umkämpften Kloster soll damals unter dem Schutz von Würzburger Soldaten erfolgt sein.

In Banz begann Burckhardt zunächst mit der Aufstockung des Konvents. Danach nahm er sich die zerstörten Gebäude vor. Im Jahr 1578 lag der Grundriss der neuen Kirche vor, nach ihrer Fertigstellung konnten 1580 die Konventsgebäude in Angriff genommen werden. Kein halbes Jahrhundert später lag das Kloster jedoch während des Dreißigjähriges Kriegs wieder darnieder und musste erneut aufgebaut werden.

Mehrarbeit statt Rücktritt

Ende 1582 bat Johannes Burckhardt um seinen Rücktritt in Banz, was der Bischof jedoch ablehnte. Viel mehr noch – dem gesundheitlich angeschlagenen Wettelsheimer übertrug der Kirchenfürst eine weitere Abtei in Würzburg.

Die vielen Reisen zwischen den Klöstern – von Würzburg nach Münstersteinach sind es 26 Kilometer, von dort nach Kloster Banz 77 Kilometer – sowie Krankheiten machten Johannes Burckhardt zu schaffen. Mit nicht einmal 60 Jahren starb er am 26. Januar 1598 in Banz und wurde in Münsterschwarzach beigesetzt.

Zwei Wettelsheimer waren Herren über drei Klöster und 23 Kinder

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Sein Bruder Georg überlebte ihn um neun Jahre. Am 6. Februar 1607 starb er in der Einöde Wildbad bei Mörnsheim, nur 22 Kilometer von seinem Geburtsort Wettelsheim entfernt. Georg Burckhardts Geschichte ist nicht so detailliert überliefert, dabei war sein Wirken nicht weniger umtriebig. Im Anschluss an sein Studium wurde er Lehrer für Altphilologie an der Lateinschule in Rothenburg ob der Tauber, deren Rektor er von 1575 bis 1578 war.

Von dort ging Georg Burckhardt im Alter von 39 Jahren ins 150 Kilometer entfernte Tübingen. An der Eberhard Karls Universität, einer der ältesten Hochschulen Europas, folgte er dem Ruf auf den Lehrstuhl für Rhetorik und Logik.

In der württembergischen Stadt bezog Burckhardt ein stattliches Haus in der Haaggasse, in dem er von nun an mit seiner großen Familie wohnte. Darüber hinaus fanden dort auch viele Studenten Logis – während Burckhardts knapp 30-jähriger Amtszeit als Professor sollen es insgesamt 265 gewesen sein.

Vorfahr bedeutender Denker

Zwei Wettelsheimer waren Herren über drei Klöster und 23 Kinder

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Seine Familie brauchte allerdings ebenfalls viel Platz. Denn Georg Burckhardt war zweimal verheiratet, aus den beiden Ehren sollen sage und schreibe 23 Kinder hervorgegangen sein. Die erste Ehe schloss er 1560 mit Anna Krebel. Die gebürtige Weißenburgerin folgte ihrem Mann nach Tübingen und starb dort 1591. Zu den Nachkommen aus dieser Ehe zählt der Dichter Eduard Mörike.

1592 vermählte sich Georg Burckhardt in zweiter Ehe mit Sabine Magdalena Firck. Ein Sohn aus dieser Ehe war Andreas Burckhardt, Kanzler des Herzogtums Württemberg.

Die jüngste Tochter Regina (sie lebte von 1599 bis 1669) ist vor allem wegen ihrer bekannten Nachkommen berühmt und gilt als "schwäbische Geistesmutter". Aus ihrer Ehe mit dem Arzt Carl Bardili gingen elf Kinder hervor, zu deren Nachfahren die schwäbischen Dichter Friedrich Hölderlin, Ludwig Uhland und Wilhelm Hauff, die Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Friedrich Wilhelm Joseph Schelling sowie der pietistische Erweckungsprediger Ludwig Hofacker zählten.

Regina Burckhardt eilte jedoch ein zweifelhafter Ruf voraus, da sie 1622 ein uneheliches Kind geboren hatte, das von einem Studenten stammte und im selben Jahr gestorben war. Carl Bardili heiratete sie deshalb heimlich in Pfäffingen, einem nur wenige Kilometer entfernten Dorf, das nicht zu Württemberg gehörte. Später wurde Regina Burckhardt von ihren Zeitgenossen als "seltene und starke Persönlichkeit" gewürdigt.

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