700.000 Knöllchen ungültig? Das bedeutet Urteil für Franken

21.1.2020, 14:03 Uhr
Knöllchen wie dieses dürfen laut dem OLG-Urteil nicht von privaten Dienstleistern verteilt werden.

© Bernd Wüstneck, dpa Knöllchen wie dieses dürfen laut dem OLG-Urteil nicht von privaten Dienstleistern verteilt werden.

Ein zusammengefalteter Zettel unter dem Scheibenwischer bedeutet meist nichts Gutes, das wissen Autofahrer. Eines der ungeliebten Knöllchen sorgt nun für Bewegung in der deutschen Verkehrsüberwachungslandschaft. Es geht um 15 Euro - und inzwischen um einiges mehr.

Empfänger des Strafzettels war ein Mann, der 2018 sein Auto in Frankfurt unerlaubt geparkt hatte und mit einem Bußgeld verwarnt wurde. Der Betroffene klagte und scheiterte zunächst vor dem Amtsgericht. Am Frankfurter Oberlandesgericht (OLG) sah man die Sache allerdings anders.

Das Problem: Das Papier mit der Zahlungsaufforderung hatte ein Leiharbeiter zugestellt, der von der Stadt Frankfurt über einen privaten Dienstleister als "Hilfspolizeibeamter" eingesetzt war. Diese Praxis ist laut Erläuterung des OLG auch in anderen hessischen Kommunen gängig - aber nicht rechtens. "Der Einsatz 'privater Dienstleister' zur Verkehrsüberwachung des ruhenden Verkehrs" sei "gesetzeswidrig", die Beweise unterlägen einem Verwertungsverbot. Das Verfahren sei deshalb einzustellen.

Nachdem das Urteil bekannt wurde, dürften auch andere Autofahrer auf die Idee kommen, ihre Strafzettel anzufechten. Ob das Aussicht auf Erfolg hat, wollte eine Sprecherin des Oberlandesgerichtes nicht kommentieren - man könne nur auf den verhandelten Fall Bezug nehmen.

Kommunale Verkehrsüberwachung nicht betroffen

Was bedeutet das für die Metropolregion? Beim Zweckverband Kommunale Verkehrsüberwachung, der für die Bußgelder in Nürnberg, Fürth, Erlangen und Schwabach zuständig ist, gibt man sich gelassen. "Wir arbeiten ausschließlich mit eigenen Mitarbeitern", erklärt Geschäftsführer Markus Hübner. Die seien Angestellte einer Behörde, der Zweckverband ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und damit kein privates Unternehmen.

Auch in Fürth, wo im Unterschied zu den restlichen Städten die Überwachung von Parkverboten nicht durch den Zweckverband selbst ausgeführt wird, gibt es keinen Grund zur Sorge. Hier verteilen städtische Mitarbeiter die Knöllchen, auch sie sind nicht von dem Urteil betroffen. In Treuchtlingen ist die Wach- und Schließgesellschaft für die Parküberwachung engagiert – auch das ist kein Problem, weil die Stadt Regie führt.


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Achim Sing vom Bayerischen Städtetag verweist auf eine Bekanntmachung des Innenministeriums in München, das schon 2006 untersagt hatte, das private Firmen allein Verstöße feststellen und ahnden dürfen. Vielmehr müsse die jeweilige Kommune "Herrin des Verfahrens" sein und eben keine "Hilfspolizisten" dazu ermächtigen.

Der Zweckverband wurde 2010 gegründet, um die bestehenden kommunalen Verkehrsüberwachungen der Städte Erlangen, Nürnberg und Schwabach zusammenzuführen. Auch die Geschwindigkeitsüberwachung wird teilweise darüber ausgeführt. Die Beschäftigten des Zweckverbandes können gegenüber dem Bürger "hoheitliche Aufgaben" wahrnehmen - und sind damit eben auch befugt, Strafzettel auszustellen. Autofahrer in und um Nürnberg sollten sich also besser weiterhin an die Regeln halten.

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