Abgründe: Mord oder kein Mord - Unschuldig in Haft?

16.10.2020, 00:01 Uhr
War es Mord? Für die Ermittler sieht es zunächst danach aus.

War es Mord? Für die Ermittler sieht es zunächst danach aus.

Es ist der 17. Januar 2016. Die Feuerwehr wird zu einem Brand in einem Mehrfamilienhaus an der Fenitzerstraße gerufen. Als die Flammen gelöscht sind, machen die Einsatzkräfte eine grausige Entdeckung: Auf dem Sofa einer Wohnung im Erdgeschoss liegt eine verkohlte Frauenleiche.
Es ist der Körper von Renate H. (Namen der Betroffenen geändert) - und ihr Lebensgefährte, Horst P., der als einer der ersten aus dem brennenden Haus kam, steht gerade volltrunken in Unterhose und Badelatschen auf der Straße und meint: "Ich hätte nie gedacht, dass die Dolln des macht." Er meint: Die 61-Jährige hat den Freitod gewählt, sich mit Benzin übergossen und dann in Brand gesteckt.

Für die Ermittler aber sieht der Fall schnell anders aus. Nicht nur, weil Horst P. bis unters Dach vorbestraft ist, sondern auch, weil die Beamten bereits wussten, dass es in der Beziehung zu Gewalt kam. Womöglich war es gar kein Freitod. Womöglich - so die These der Ermittler damals - hatte Horst P. der Frau an dem Abend ja etwas angetan und dann versucht, die Spuren seiner Tat zu vertuschen, indem er sie tötete. Und in der Tat - die Version der Ermittler erschien plausibel. So plausibel, dass Horst P. in Untersuchungshaft kam, bevor ihm zehn Monate später wegen Mordes der Prozess gemacht wurde.

Den Gerichtssaal aber verließ der 54-Jährige auf freiem Fuß. Trotz einer umfangreichen Beweisaufnahme mit etlichen Zeugen und Gutachtern konnte die Schwurgerichtskammer den Tatabend nicht zweifelsfrei rekonstruieren. Für eine Verurteilung wegen Mordes reichten die Beweise nicht. Und: Warum hätte er auch ein Feuer legen sollen? Hätte er sich damit nicht selbst um seine Existenz gebracht?

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